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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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Wirtschaften, wie sie Feuchtwanger seiner Heldin nachsagt, sind in Wirklichkeit nicht
     zu erkennen. Margarete Maultaschs Regierungskunst bestand nur in Besitzstandswahrung, wie bei der Mehrzahl ihrer fürstlichen
     Genossen auch.
    »Erbin zwischen den Mächten« nennt sie Wilhelm Baum, der 1994 eine Biografie der Margarete Maultasch vorgelegt hat. Die Grafschaft
     Tirol, in der sie 1318 zur Welt kam, war ein reiches Land mit bedeutenden Bodenschätzen und einer hoch entwickelten Wirtschaft,
     sie nahm ungefähr das Gebiet des heutigen österreichischen Bundeslandes Tirol sowie des inzwischen zu Italien gehörenden Südtirols
     ein. Auch das Herzogtum Kärnten gehörte zum Besitz der Tiroler Grafen, weswegen sie sich auch Herzöge nennen konnten. Aber
     nicht allein der Reichtum des Landes machte es zum begehrten Objekt seiner Nachbarn, sondern auch seine strategische Position:
     Über die Pässe Tirols liefen wichtige Nord-Süd-Verbindungen, Deutschlands Herrscher mit ihren Interessen in Italien waren
     stets daran interessiert, Tirol unter ihrer Aufsicht zu halten, besser noch es in eigenen Besitz zu bekommen. In der Zeit
     der Margarete Maultasch |88| wurden die Landesherren wechselnd von drei verschiedenen Dynastien gestellt, den Luxemburgern, mit einer Hausmacht in Böhmen
     und am Rhein, den Wittelsbachern, die in Bayern und Brandenburg saßen, und den Habsburgern, die ihre Basis in Österreich und
     der Schweiz hatten. Eingezwängt in dieses Mächtedreieck mussten die Herren Tirols sehen, wie sie ihre Herrschaft aufrechterhielten.
    Unter solchen Umständen kam es besonders darauf an, dass männliche Erben die Linie weiterführten. Margaretes Vater Heinrich
     hatte jedoch keine. Aus seiner Ehe mit Adelheid von Braunschweig († 1320) gab es nur zwei Töchter. Adelheid, geboren 1317,
     kam wegen körperlicher und geistiger Behinderung für eine Verheiratung nicht in Frage. Es blieb also nur die jüngere Tochter
     Margarete. Für sie wurde eine Eheschließung mit dem Luxemburger Johann Heinrich von Böhmen arrangiert. Zuvor ließ sich Heinrich
     vom Wittelsbacher Kaiser Ludwig dem Bayern garantieren, dass in Tirol die weibliche Erbfolge gestattet sein solle. Die Hochzeit
     wurde am 18. September 1330 in Innsbruck gefeiert. Eine Kinderehe, der Bräutigam war acht Jahre alt, die Braut zwölf. Der
     kleine Johann Heinrich war schon drei Jahre zuvor nach Tirol gebracht worden, damit er Land und Leute kennen lernte, aber
     eine Vorbereitung auf sein Dasein als Ehemann konnte man das nicht nennen. So scheiterte die Verbindung auch. Margarete als
     die Reifere konnte für ihren »Mann« nur wenig Sympathie aufbringen, und mit zunehmendem Alter wurde das auch nicht besser.
     Denen, die den Bund beschlossen hatten, war egal, was sich daraus entwickelte. Der Vater des Bräutigams, König Johann von
     Böhmen, kreuzte durch Europa und mischte sich überall ein, schließlich kam er als Parteigänger der Franzosen in der Schlacht
     von Crécy 1346 ums Leben, in einem Krieg, den die Franzosen mit den Engländern führten und der ihn eigentlich gar nichts anging.
     Margaretes Vater Heinrich führte ein Leben in großem Stil, er verprasste die Einkünfte seines Landes und hinterließ, als er
     1335 starb, einen Haufen Schulden.
    Auch außenpolitisch verdüsterte sich der Himmel. Noch im Jahr von Margaretes Hochzeit, 1330, hatten die beiden anderen an
     Tirol interessierten Mächte, die Wittelsbacher und Habsburger, einen Geheimvertrag geschlossen: Für den Fall von Heinrichs
     Tod sollte Kärnten als Reichslehen an die Habsburger gehen und Tirol geteilt werden: der Norden an die Wittelsbacher, der
     Süden an Habsburg. Die Erbin Margarete und ihr Luxemburger Ehemann wurden darin nicht bedacht. Die fünf Jahre zuvor gewährte
     weibliche Erbfolge war damit vom Tisch gewischt. Von dem Vertrag hatte niemand in Tirol gewusst. Als er bekannt wurde, ging
     Margarete mit Energie daran, ihre Rechte zu reklamieren. Sie schrieb Briefe an ihren Schwiegervater, alarmierte ihren Schwager
     Karl von Böhmen (den späteren Kaiser Karl IV.) und schickte eine Gesandtschaft nach Österreich, um die Habsburger von einer
     Inbesitznahme ihrer Neuerwerbungen abzuhalten. Das hatte wenig Erfolg. Mit einem Einmarsch in Kärnten versuchten |89| diese vollendete Tatsachen zu schaffen. Da geschah das Erstaunliche: Bürger und Bauern leisteten Widerstand, auch der Tiroler
     Adel stellte sich hinter Margarete als Landesherrin. Die Invasion scheiterte, es

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