Frauen, die Geschichte machten
gab sogar, als Karl aus Böhmen eintraf, den
Versuch, die Habsburger ganz aus Kärnten hinauszuwerfen. Sagenhafte Überlieferungen stellen dabei Margarete Maultasch im Harnisch
an die Spitze der Tiroler Truppen bei der Belagerung der Schlüsselfestung Hochosterwitz – was Erfindung sein dürfte. Es zeigt
aber, welchen Eindruck Margaretes Tatkraft hinterließ.
Kaiser Ludwig IV. der Bayer musste zurückstecken, die Aufteilung Tirols fand nicht statt. Kärnten allerdings blieb den Habsburgern.
Margarete sollte es nicht wieder erringen. Gleichwohl nannte sie sich bis ans Lebensende Herzogin, um klarzumachen, dass sie
den Anspruch auf Kärnten keineswegs aufgegeben hatte.
Mit ihrer Ehe ging es bergab. Johann Heinrich drängte seine Frau mehr und mehr aus den Regierungsgeschäften und versuchte,
was Margarete ihm an Intelligenz und Reife zweifellos voraushatte, durch Gewalttätigkeit und Demütigungen zu kompensieren.
Die Gräfin trug keine Bedenken, die missliche Beschaffenheit ihres Ehelebens in die Öffentlichkeit zu bringen: Nach zehn Jahren
immer noch keine Kinder; schuld sei der Mann mit seiner Impotenz, er habe die Ehe überhaupt noch nicht vollzogen. Der Adel
Tirols trat Margarete zur Seite, allerdings nicht aus Mitleid; ihm gefiel nicht, dass der Landesherr sich auf Vertrauensleute
aus seiner böhmischen Heimat stützte, die den einheimischen Granden als Kontrolleure auf die Finger sahen. Margarete wählte
sich einen neuen Mann, Ludwig von Brandenburg, den Sohn Ludwigs. Das Haus Wittelsbach schien ihr in der damaligen Situation
der beste Garant für den Fortbestand ihrer Herrschaft in Tirol zu sein, und der Brandenburger Markgraf, 25-jährig, soeben
verwitwet, fand sich auf Drängen seines Vaters bereit, eine neue Ehe einzugehen.
Indes war es für Margarete nicht ganz einfach, den legitimen Gatten loszuwerden. Eine Verschwörung, die sie gemeinsam mit
einigen Adligen im Frühjahr 1340 anzettelte, als Johann Heinrich zu Verhandlungen in Polen und Ungarn unterwegs war, wurde
verraten. Der Tiroler Landesherr kehrte rasch zurück und warf, unterstützt von seinem Bruder Karl, den Aufstand nieder. Die
Rädelsführer verloren ihren Besitz, Margarete wurde im Schloss Tirol bei Meran, dem Stammschloss der Tiroler Grafen, in eine
Art Hausarrest gelegt. Böhmische Wachmannschaften hielten die Feste besetzt. Anderthalb Jahre später unternahmen die Verschwörer
einen zweiten Versuch, bei dem die Geheimhaltung besser klappte. Am Allerseelentag, dem 2. November 1341, brach Johann Heinrich
morgens von Schloss Tirol zu seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd, auf. Bei seiner Rückkehr am Abend war das Burgtor versperrt.
Seine böhmische Wache trieb sich draußen herum, sie war von einem starken Tiroler |90| Aufgebot verjagt worden. Von drinnen rief eine Stimme – vielleicht sogar die seiner Gattin –, er möge sich anderswo Quartier
suchen. Die gleiche demütigende Abfuhr erlebte Johann Heinrich in den anderen Burgen, die er danach aufsuchte. Schließlich
gab er auf und verließ das Land. Beim Patriarchen von Aquileja, dessen geistlicher Besitz im Südosten an Tirol grenzte, fand
er endlich Aufnahme. Derweil übernahm seine Gattin in Tirol die Regierungsgeschäfte.
Der Eheskandal von Allerseelen 1341 war sogleich Tagesgespräch im Reich. Selbst aus dem fernen Lübeck ist ein Kommentar erhalten.
In der so genannten Detmar-Chronik heißt es, Margarete habe sich von ihrem Mann getrennt, »umme dat he des nachtes nicht mochte
hoven mit er uppe deme bedde«. Das mittelniederdeutsche »hoven« ist ein beschönigender Begriff für »beischlafen«. Ungeniert
vertiefte man sich in die Einzelheiten des gräflichen Ehelebens, die Rede war von Quälereien und Misshandlungen, die der impotente
Johann Heinrich an seiner Frau verübt haben sollte, um seine sexuellen Schwierigkeiten zu überspielen. Die unterstellte Behinderung
war aber vermutlich nur eine
impotentia coeundi
, d. h. psychisch bedingte Unfähigkeit. Das Mittelalter unterschied diese säuberlich von der
impotentia generandi
, der Zeugungsunfähigkeit, und dass wenigstens letztere bei ihm nicht vorlag, stellte der verjagte Ehemann in einer späteren
Ehe mit einer anderen Frau unter Beweis.
Die Luxemburger Dynastie, deren Mitglied in Tirol so schmählich mitgespielt worden war, begann eine Kampagne gegen die »Hure«
Margarete. Auch das Papsttum, damals noch im Exil in Avignon, griff ein. Benedikt II. wies den
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