Frauen fragen Feuerstein
enthält, und ich lese sogar das Vorwort des Pschyrembel, obwohl da nichts drinsteht, außer dass das jetzt schon die 260. Auflage ist und die Medizin in den letzten 110 Jahren moderner wurde — aber das muss ja schließlich auch mal gesagt werden, Und ob Sie’s glauben oder nicht, selbst der Große Brockhaus hat ein Vorwort, das aber mit einer einzigen Seite gegenüber den noch folgenden 18 000, auf 24 Bände verteilt, viel zu knapp bemessen ist.
In diesem Sinne will ich mit gutem Beispiel vorangehen und ein Vorwort präsentieren, das mit dem nachfolgenden Buch absolut nichts zu tun hat, auch thematisch völlig danebenliegt, aber wenigstens ein bisschen was über mich aussagt: meine Beziehung zu Gott. Und weil es gar keine gibt, wird die Sache kurz.
»Stimmt, er hat Recht«, war stets meine Reaktion nach der Lektüre beinahe jedes beliebigen Philosophen, vielleicht mit Ausnahme von Platon, dem präfaschistischen Reglementierer , weil mir Aristoteles, der Realist und Tatsachenschaffer , viel näher liegt, zumal er dort, wo die Beweise fehlten, trotzdem behauptete, er habe Recht — mein Mann. Aber wohin gerät man mit der Summe der Erkenntnisse, dass jeder Recht hat? Mathematisch gesehen, ins Unrecht. Und philosophisch gedacht, ins Zweifeln.
Ähnlich ergeht es mir mit den Religionen. Ich bin katholisch geboren und war damit schon als Kind ständig zum Sammeln von Sünden gezwungen, um glaubwürdig beichten zu können — erst nach meiner Abtrünnigkeit hat der Sündenzwang etwas nachgelassen. Trotzdem verehre ich die Kirche für die Kraft ihrer Gedanken und deren Ausstrahlung in die Kunst, und ich respektiere mit aufrichtiger Bewunderung alle Formen des Christentums. Aber da sind auch noch Allah, der Vorbestimmer , Jahwe, der Zornige, und Brahman, der Ewige, die mich genauso ehrfürchtig erschauern lassen, und auf jeder Reise kommt Neues dazu, die Mystik der Sufi, die Tabus des Animismus, die Mythen des Ahnenkults. Und immer wieder Buddha, der besonders attraktiv ist, weil er einem so gut wie nichts abverlangt und trotzdem alles deutet und erleichtert, Könnte ich mich zu einem bekennen, ohne den andern zu schmähen? Reicht es nicht, die Religionen als Denkmodelle aus der Distanz zu verehren, ähnlich wie die ägyptischen Pyramiden, die ich auch lieber aus der Ferne bewundere, als sie in meinem Vorgarten aufzustellen?
Unter allen philosophischen Definitionen der Göttlichkeit sind mir daher die des Negativismus am nächsten, von den Neuplatonikern bis Wittgenstein, oder, wenn Sie es präziser haben wollen, von Philon (25 v. Chr.) bis Pheuerstein (1937 n. Chr.): Gott ist alles, was man nicht beschreiben kann, und was man beschreiben kann, kann er nicht sein, sonst wäre er nicht Gott.
Es gibt von ihm »keinen Begriff, keine Wissenschaft, und es heißt darum von ihm, dass er jenseits des Seins ist«, sagte Plotin , und tausend Jahre später, nachdem auch in den Tiefen der Mystik nur Versenkung, aber keine Lösung zu finden war, schließt Nikolaus von Cues die Epoche der Scholastiker mit der Erkenntnis, dass Gott nicht bloß nicht gewusst wird, sondern auch grundsätzlich gar nicht gewusst werden kann. Da muss der Glaube einsetzen. Aber da mir dieser fehlt und mein Respekt vor den Weisen aller Zeiten nicht zulässt, in der Vielfalt der Angebote den für mich gültigen »wahren« Glauben zu erkennen, fehlt mir auch Gott.
Mein Gott ist daher nicht tot, sondern gar nicht erst vorhanden. Und mein Lebenssinn ist ebenso unbegreiflich wie der Schnittpunkt der Unendlichkeit mit dem Nichts. »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen«, lautet der Kernsatz Im Tractatus des Ludwig Wittgenstein. Weshalb ich jetzt aufhöre. Aber nur mit dem Vorwort, wie Sie gleich feststellen werden, wenn Sie umblättern. Und von jenen, die wie ich nur das Vorwort lesen, verabschiede ich mich jetzt schon mit herzlichen Grüßen
Überfrauen, Showtreppen und der Tod
(Auszüge aus einem Interview Paul Sahners 2 in der Bunten )
Wem verdanken Sie, dass Sie so komisch sind ?
Meiner Mutter. Es war eine zerstörerische Beziehung. Sie hat mich nicht geliebt und ich habe sie nicht beachtet. Oder dies jedenfalls versucht. Ich hatte lange gedacht, dass alle Mütter so sind, Ich war mal ganz erschrocken, als ich gesehen habe, wie ein Junge, mit dem ich zur Schule ging, von seiner Mutter mit einem Kuss verabschiedet wurde, Das fand ich eher unappetitlich, bei uns gab’s so was nicht.
Ihre Mutter hat Sie nie geküsst,
Weitere Kostenlose Bücher