Frauen lügen
ich noch nie mit jemandem so gut zusammengearbeitet wie mit dir. Wir sind auf Dauer bestimmt ein gutes Team.«
»Danke. Schade nur, dass unsere geschätzte Kollegin Silja das nicht auch so sehen wird.«
»Komm, reg dich jetzt nicht auf. Ich verstehe ja, dass du gekränkt bist. Erst rettest du ihr quasi das Leben und dann will sie dich noch nicht mal treffen. Aber das ändert sich schon noch. Silja ist völlig durch den Wind. Wenn wir nur ein wenig später gekommen wären, wäre sie wahrscheinlich verblutet.«
»Oder diese Irre hätte sie sich noch einmal vorgenommen.«
»Oder das.«
Beide Männer wechseln einen Blick, in dem vor allem Sorge um die Kollegin steht. Bastian reibt sich noch einmal mit den Händen übers Gesicht. Sven ordnet mit nervösen Fingern seine Locken. Das Schweigen ist wie zufällig eingetreten, aber jetzt dehnt es sich. Sven beginnt, Aktenstapel auf seinem Schreibtisch sinnlos von einer Ecke in die nächste zu schieben. Bastian starrt die Kaffeemaschine an, als habe sie ihn persönlich beleidigt. Immer noch sagt keiner ein Wort.
Schließlich steht Bastian auf.
»Eine Pizza und ein Bier wären jetzt gut. Kommst du mit? Ich lade dich ein.«
»Klar. Ein Essen mit meinem Vorgesetzten, da werde ich doch nicht nein sagen.«
»Noch einmal das Wort
Vorgesetzter
und ich verdonnere dich zu drei Wochen Schreibtischarbeit.«
Sven grinst. »Das würde ich mir an deiner Stelle noch mal genau überlegen. Sonst könnte ich glatt vergessen, dir von der Einliegerwohnung zu erzählen, die im Haus meiner Eltern frei wird.«
»Und die wohnen wo?«
»Nicht weit von hier. Ein Stück südlich vom Bahnhof. In der Vögelei.«
»Hä?«
»So nennen alte Sylter das Viertel. Die Straßen haben Vogelnamen, Meisenstieg und so, und früher gab’s da auch die eine oder andere Bar mit Hinterzimmer. Ist bis heute nicht die nobelste Gegend, eher ein bisschen bieder, Reihenhäuser, kleine Angestellte, du weißt schon. Aber die Wohnung ist schön, und der Vormieter hat sich nicht totgezahlt.«
»Hört sich gut an. Auch wenn mir die Gemeinschaftsduschen vom Campingplatz fehlen werden.«
»Sicher. Aber da habe ich eine echt gute Nachricht für dich. Die alten Leutchen brauchen nämlich jemanden für die Gartenarbeit.«
»Rosenschneiden, Rasenmähen?«
»Genau. Hat der alte Mieter auch gemacht. Du kannst dich dann anschließend gleich unter den Sprenger stellen. Da kann dir dann auch jeder beim Duschen zusehen.«
»Nicht dein Ernst.«
»Was?«
»Das mit der Gartenarbeit.«
»Doch. Leider. Einen kleinen Haken hat eben jedes Glück.«
Sven Winterberg, Silja Blanck
und Bastian Kreuzer ermitteln weiter:
Vorab Ihre exklusive Leseprobe aus dem dritten Sylt-Krimi:
Eva Ehley
Männerschweigen
Freitag, 17 . Juni, 0.15 Uhr,
Lister Landstraße
So und nicht anders stelle ich mir das Paradies vor. Die Nacht ist lau, ich kann ohne Verdeck fahren, und hätte ich mehr Haare auf dem Kopf, würde der Fahrtwind sie verwehen. Der Klassiksender im Autoradio hat ein ausführliches Mozart-Feature angekündigt, und der Musikredakteur scheint die gleichen Vorlieben zu haben wie ich. Die Landstraße vor mir ist fast leer, vielleicht sollte man häufiger nach Mitternacht unterwegs sein. Nur könnte ich das Marleen auf Dauer kaum erklären, sie ist ein eifersüchtiges Mädchen.
Ach, Marleen, wenn du wüsstest!
Ich frage mich langsam, wer überhaupt um Mitternacht von List nach Westerland fährt. Ein Fischhändler vielleicht, der es vorzieht, die Nacht in einer Westerländer Bar zu verbringen, anstatt mit seiner Angetrauten zu Hause vor dem Fernseher einzuschlafen? Morgen früh wird er verkatert ein aus dem Ruder gelaufenes Geschäftsessen vorschützen.
Ob Hubert Mönchinger auch manchmal um diese Zeit unterwegs ist? Schwer zu sagen. Wahrscheinlich nicht, er hätte es mir doch sonst erzählt. Er erzählt mir alles, wovon er glaubt, dass es wichtig ist. Und diese eine freie Nacht, die er seiner Gattin pro Woche gönnt, hält er für ungeheuer wichtig. Er schämt sich furchtbar, wenn er darüber redet, aber er tut es trotzdem immer wieder. Tapfer. Wahrscheinlich lügt er nie, denn Hubert Mönchinger will vor sich selbst als Ehrenmann dastehen, wenigstens das.
Wenn ihn seine Frau schon für einen Versager hält.
Der arme Kerl, er spricht fast nur von ihr. Er scheint nur durch sie zu existieren, als habe sie ihn am Tag ihrer Eheschließung aufgesogen, mit ihren Tentakeln erfasst und eingekreist. Unschädlich gemacht. Dabei
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