Frauen sind auch nur Männer (German Edition)
Akademiker.
An dieser Stelle gebietet es mir der Anstand, zu gestehen, dass auch ich meinen Doktortitel durch Amtsmissbrauch eigentlich nicht mehr im Perso führen dürfte. Ich bin Doktor phil., darf also nur Literaturinfarkte diagnostizieren und Sprachdiarrhö. Griechisch geschrieben und gesprochen.
Vor fünfundzwanzig Jahren aber, als ich noch jung und unerkannt im Taxi durch Hamburg fahren konnte, wurde ich an einem Freitag stationär in eine Klinik aufgenommen. Zu einer Untersuchung. Ersparen Sie mir und sich die Details! Alles verlief wie erwartet, der behandelnde Arzt aber behielt mich zur Sicherheit über Nacht im Krankenhaus. Da mir nichts fehlte, durfte ich am Sonnabendmorgen schon um sechs Uhr die Heimfahrt antreten.
Die Stationsschwester bestellte ein Taxi, für Dr. K. Der Fahrer kam und fragte mich, ob ich eine anstrengende Nacht gehabt hätte. »Geht so! Danke!«, sagte ich und saß in der Falle. Sonnabendmorgen um sechs werden keine Patienten entlassen, und so hielt er mich für einen diensthabenden Doktor am Ende einer Nacht. »Eine Frage«, fing er an. Er habe so Rückenschmerzen wegen des vielen Fahrens. Ob ich was dagegen wüsste. Ich sagte, Wärme wäre gut. Oder auch Kälte. Je nachdem. Bewegung! Viel Bewegung. Auf härterer oder weicherer Matratze schlafen. Auch je nachdem. Einen Facharzt konsultieren. Einen Orthopäden statt eines Orthographen. Er dankte mir überschwänglich, und ich habe ihn glücklicherweise nie wiedergetroffen. Ich hoffe, es geht ihm gut. Ohne »Ich hab Rücken«, die Schlämmer-Krankheit der Deutschen.
Einmal, Jahre später, habe ich als Professor, als Not am Mann war, auf einem Pazifikflug eine Blinddarmoperation mit Plastikbesteck (Messer, Gabel, Löffel und Rémy Martin) auf einem Aufklapptischchen erfolgreich ausgeführt. Ich soll im Schlaf »Tupfer!« und »Zange!« gerufen haben, während des Fluges herrschten Turbulenzen.
6 . August 2011
Wenn Sarkasmus missverstanden wird
Shakespeare, Heiner Geißler und der totale Krieg um Stuttgart 21 – auch ein Geduldsfaden kann irgendwann einmal reißen
Heiner Geißler hat bei der unendlichen Geschichte des Protests gegen Stuttgart 21 endlich auch einmal seine Geduld verloren. Sein Geduldsfaden ist dem mit schier übermenschlicher Zuhörfähigkeit Gewappneten bei einem Rundfunkinterview gerissen. Er warf den stur bleibenden Bahnhofsbau-Gegnern vor, was sie jetzt machten, sei der »totale Krieg«. Prompt war die Empörung groß und brachte das Fass zum Überlaufen. Wenn Begriffe aus der Nazizeit fallen, versteht der Volkszorn der PC (Political Correctness) keinen Spaß. Und reagiert wie der inzwischen sprichwörtliche Pawlow’sche Hund: Erst mal geifern und losspeicheln. Goebbels! Hitler! Nazi! Unerhört!
War das nicht der berüchtigte Aufruf von Goebbels in der makabren Sportpalast-Rede nach Stalingrad 1943 ? In der Hitlers Propagandaminister die Deutschen zur Fortsetzung eines längst sinnlosen, längst verlorenen Kriegs aufrief? Reine Hetzrhetorik, die Millionen Tote und zu Ruinen gebombte Städte zur Folge hatte.
Darf man das zitieren? Noch dazu polemisch? Natürlich wird nach Geißlers Vergleich nicht Dresden wieder in Asche versinken, keine Armee sinnlos im Krieg um unterirdische Gleisanlagen den Heldentod sterben. Der Vergleich ist eine rhetorisch sarkastische Übertreibung, die den in Geißlers Augen uneinsichtigen Stuttgart- 21 -Gegnern zurufen wollte: Seid doch nicht so verbohrt wie Goebbels und die ihm frenetisch zujubelnden Endsieg-Fanatiker. Es ist, als ob man den Vergleich bemüht, dass jemand vom »Saulus« zum »Paulus« wurde, wenn er als Grüner wie Joschka Fischer den Kosovokrieg auf einmal befürwortete. Ein absichtlich übertriebener Vergleich, der Gesinnungswechsel von Saulus nach Damaskus führte immerhin zur Gründung einer Weltreligion. Aber bei Nazi-Vergleichen verstehen wir Deutschen weder Spaß noch Ironie. So riskierte eine junge Sportreporterin Kopf und Kragen, als sie einen deutschen Fußballsieg als »inneren Reichsparteitag« empfand. Geschmacksgrenzwertig, aber doch nicht nazistisch. Oder der Angestellte, der entlassen wurde, weil er einem Vorgesetzten auf dessen Anweisung, die wie ein Befehl klang, »Jawohl, mein Führer!« antwortete. Nazi-Gesinnung? Der Satz stammt aus Wilders Berlin-Satire »Eins, zwei, drei«. Die Ehefrau des Coca-Cola-Chefs, den James Cagney spielt, wirft ihn ihrem Ehetyrannen an den Kopf.
In Wahrheit ist die künstliche Aufregung, die nach Geißlers
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