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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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»Ich weiß nicht, ob ich es schon mal erwähnt habe, aber ich habe meine Schwierigkeiten mit dem Konzept >Zufall<. Vor allem, wenn er in Häufung auftritt. Deshalb noch mal von vorn: Was genau hatten Sie nachts um zwei im Uhlenhorst zu suchen?«
    Eine Frage, die ich unmöglich wahrheitsgemäß beantworten konnte. Deshalb versuchte ich es wider besseres Wissen erst mal mit Ausflüchten. »Hören Sie, es ist mein gutes Recht, mich wann auch immer …«
    »Antworten Sie.«
    »Ich konnte nicht schlafen und wollte der Hitze in der Stadt entgehen.«
    »Gekleidet in einen schwarzen Overall, an den Füßen nachträglich geschwärzte Sneaker.«
    War ihm natürlich nicht entgangen, meine Aufmachung.
    Verdammt.
    »Alle meine anderen Sachen sind momentan in der Wäsche.«
    Menden griff in seine Manteltasche und legte kommentarlos einen zu einer kleinen Rolle gewickelten Sägedraht auf den Tisch.
    »Nur eines der Werkzeuge eines professionellen Detektivs«, behauptete ich eilig.
    Menden nickte mit geradezu väterlichem Verständnis. »In welcher Beziehung stehen Sie zu dem von Ihnen ach so zufällig Geretteten?«, fragte er dann.
    »Erinnern Sie sich an das Rehabilitierungs-Experiment, das ich vor ein paar Jahren im Auftrag Ihrer Behörde begleitet habe?«
    Mendens Blick nahm einen leicht glasigen Ausdruck an. »Ob ich mich erinnere?«, fragte er tonlos und holte tief Luft. »Ob ich mich erinnere?« Der Löffel in seiner Tasse klirrte leicht, und der Bedienung hinter der Theke fiel irgendetwas aus der Hand und schepperte zu Boden. »Wissen Sie«, senkte Menden die Stimme wieder auf ein angemessenes Niveau, wenn auch ohne ihr den tiefen Groll zu nehmen, »ich hatte mal Ambitionen. Ambitionen, ich. Ha!« Beinahe hätte er mit der Faust auf den Tisch geschlagen, bekam sich nur mühsam gebremst. »Doch seit dieser fehlgeleiteten, dieser schwachsinnigen Entscheidung, ausgerechnet Sie mit solch einer Mission zu betrauen, seither also kann ich mich tagtäglich aufs Neue daran erfreuen, überhaupt noch einen Job zu haben.«
    »Also, der Mann, den ich vorhin im Wald gefunden habe, ist zufällig einer der Behinderten, die damals an dieser Bergtour teilgenommen haben.« Ich ging bewusst nicht auf Mendens Lamento ein. So was feuert die Leute nur unnötig an. Letzten Endes hatte ich das Projekt weder erbrütet noch mich dafür unter Vertrag genommen. »Und ich habe keine Ahnung, wie er in diese Situation gekommen ist. Vielleicht sollten wir ihn das ganz einfach mal selber fragen.«
    »Darum kümmert sich bereits Kommissar Hufschmidt.« Ich hatte gerade die Tasse gehoben und hustete nun einen halben Schluck lauen Tees durch die Gegend. »Hufschmidt«, wiederholte ich dann, wie man >Durchfall< sagt. Also von der Sprechweise her neutral, bei einem gleichzeitig unüberhörbaren Mangel an Affinität. Hufschmidt, muss man wissen, hat den feinen Unterschied zwischen >Befragung< und >Verhör< nie so richtig begriffen. Täter, Zeugen, Opfer sind für ihn allesamt einund dasselbe: verstockte Verdächtige, die man am besten durch Anbrüllen zur Räson bringt. »Na«, sagte ich leichthin, »dann kann ja nichts mehr schiefgehen.« Menden hob den Kopf.
     
    »Nun mach schon den Mund auf«, brüllte Huf Schmidt. »Du wirst doch deinen eigenen Namen kennen. Wie soll ich wohl sonst eine Anzeige aufnehmen? Also raus damit.«
    Vermutlich mangels anderer, auch nur ansatzweise passender Klamotten hatten sie Alfred in einen mintgrünen Frottee-Pyjama gesteckt, der aller Dehnbarkeit zum Trotz bei jedem seiner Atemzüge hörbar in den Nähten knirschte.
    »Du solltest ihm mit Schlägen drohen«, sagte ich. Hufschmidt fuhr zu mir herum, dass seine Hamsterbacken schlackerten. »Oder mit Folter.«
    Alfred war mit seinem Stuhl bis in die letzte Ecke des Krankenzimmers zurückgewichen und hockte nun da wie ein verängstigtes Kind von weit über zwei Metern Länge, hundertzehn Kilo Gewicht und einem Kinn wie ein Backstein. Tausende von roten Pusteln bedeckten seine Haut.
    »Du hast mir gerade noch gefehlt«, grollte Hufschmidt mich an.
    »Wie immer«, sagte ich. »Und ich vermute mal, dass mein Freund Alfred schon seit Stunden in irgendeiner Behinderten-Institution vermisst wird.« Alfred gab einen Seufzer der Erleichterung von sich. Er versteht alles, nur mit dem Erwidern hapert es bei ihm. Und mit der Motorik und ein paar anderen Kleinigkeiten.
    »Dein Freund«, echote Hufschmidt und hob die Brauen. »Hätte ich mir irgendwie denken können.« Und er gluckste ein

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