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Freakshow

Freakshow

Titel: Freakshow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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großzügige Spende wäre ich bereit, auch die Anzeige gegen Sie zurückzuziehen«, meinte Frau Spirititolu.
    Ich dachte einen Moment lang nach, sah ihr dann gerade in die Augen und sagte: »Quittung.«
     
    »Ausstehende Miete«, erklärte ich und blätterte Scheine auf die Schreibunterlage vor Hausverwalter Becker. Der blickte pikiert. »So einfach, wie Sie sich das vorstellen, geht das nicht«, meinte er. »Wir mussten Sie herausklagen, schon vergessen?«
    »Ich will es Ihnen noch mal verzeihen«, sagte ich und legte noch einen Schein drauf.
    »Und wir haben das Apartment gerade erst von Grund auf renovieren lassen.«
    »Wurde auch Zeit«, sagte ich und blätterte Scheine. »Miete für die kommenden drei Monate.« Becker zögerte.
    »Plus Kaution«, seufzte ich und blätterte.
     
    »Ich weiß, das kommt ein bisschen plötzlich«, sagte ich ins Telefon und sah mich dabei um. Alles frisch gestrichen, selbst der Balkon. Schön weiß. Fein. Jetzt musste ich nur noch die Tante bei der Spedition überreden. »Doch ich zahle die Einstellungskosten bar bei Anlieferung meiner Sachen. Und sagen Sie dem Fahrer, ich lege was drauf, wenn’s heute noch funktioniert.« Moltke von der Versicherung hatte Wort gehalten. Meinen Toyota hatte ich vor der als Requisite genutzten Scheune wiedergefunden, meine Klamotten auf dem Rücksitz, allerdings minus des Briefumschlags mit Heckenpennes’ Geld. Na, er würde es verschmerzen können.
    Ein Griff ins Handschuhfach, und kurz darauf quietschte das Scheunentor in seinen Angeln. Drinnen, hinter ein paar Kulissen, unter ein paar Pferdedecken, ein blaues Auto mit Bootsheck, hohen, schmalen Reifen und einem Kühler in Hufeisenform. Manchmal ist alles so einfach.
     
    »Hier«, sagte ich zu Scuzzi und hielt ihm die Wohnungsschlüssel hin. Yoginda war inzwischen von Commissaire Leblanc abgeholt worden und unterwegs in ein Dasein mit Papieren. »Ich habe meine alte Hütte wieder. Du kannst drin wohnen, solange es dir gefällt.«
    »Tja«, sagte Scuzzi wenig begeistert, betrachtete die Schlüssel, ohne sie zu nehmen, und zog sich den Krawattenknoten der Uniform stramm. »Also, ich hatte irgendwie gehofft - ich meine, eigentlich bin ich von uns beiden ja der Nachtmensch, und du hast ja schon einen Job als Detektiv. Du siehst selbst, dass sich das kaum miteinander verbinden lässt, allein schon zeitlich. Und auch Simone, ich meine, Frau Doktor Marx wäre damit einverst…«
    »Du«, unterbrach ich ihn, baff wie schon ewig nicht mehr. »Du, als Nachtwächter.«
    »Objektschützer«, korrigierte er mich streng.
     
    Zwei Polizeiwagen kamen die Ringstraße herunter und stoppten, gerade als ich in den Toyota steigen wollte. Hauptkommissar Menden knallte die Tür des ersten Streifenwagens ins Schloss und stürmte auf mich zu, als ob er mich niederschlagen wollte. Seine eh schon zu käsiger Blässe neigende Haut war nahe an Weiß. »Sechs Tote!«, herrschte er mich an. Ein mir unbekannter Bulle kletterte aus dem zweiten Wagen und musterte mich wie eine Kuriosität. »Sechs Tote«, wiederholte Menden. »Und jeder einzelne lässt sich völlig mühelos mit Ihrem Namen in Verbindung bringen.«
    »Sechs?«, fragte ich, momentan überfordert. Der zweite Bulle trat heran und stellte sich vor. »Lukas«, sagte er. »Wir haben telefoniert. Also«, begann er, zog einen Notizblock hervor, las vom Blatt ab. »Heute Morgen gegen acht Uhr dreißig Feueralarm in der Wilhelmstraße in Marxloh. Eine ehemalige Heißmangel, komplett ausgebrannt, ohne jeden Zweifel Brandstiftung.« Er sah mich abwartend an. »Und?«, fragte ich.
    »Drinnen ein verkohlter Toter«, fuhr er fort, und ich musste mir auf die Zunge beißen, um nicht >nur einer?< zu fragen. »Mit durchschnittener Kehle plus insgesamt fünf Kugeln im Leib. Und dazu noch ein mit Draht gefesselter Ertrunkener im gefluteten Badezimmer.«
    Ausgebrannt und geflutet. Na dann viel Glück bei der Spurensicherung, dachte ich und seufzte unwillkürlich. Honka wusste wirklich, was er tat. Und Peelaert war tot. Ich seufzte noch mal. Tot. Alles andere war scheißegal. Beide Bullen sahen mich jetzt bohrend an. »Sie werden sich erinnern«, wandte ich mich an Lukas, »dass Sie mir unter Strafandrohung verboten haben, mich der Wilhelmstraße zu nähern. Daran habe ich mich selbstverständlich gehalten.« Menden schnaubte, dass die Krähen aus dem Galgenbaum aufstiegen.
    Peelaert war tot. Tiefe Zufriedenheit überschwemmte mich. Tot, ertrunken, hatte es nicht über sich gebracht,

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