Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
waren die Besuche bei seinem Arzt Doktor Gordon Atkinson am Shepherd Market eher soziale als medizinische Anlässe gewesen.
In den letzten ein oder zwei Jahren entwickelten sich jedoch ein paar — zumindest für mich — ziemlich überraschende Beziehungen zu den verschiedenen Ärzten und Krankenschwestern, welche Freddie betreuten. Zu denen, die am häufigsten kamen, gehörte Graham Moyle – das Bindeglied zwischen Freddie, seinem Hausarzt Gordon Atkinson und dem Krankenhaus. Graham war der zuständige Arzt im Chelsea and Westminster Hospital. Die beiden kamen sehr gut miteinander aus – schließlich waren sie beide Fachleute auf ihrem Gebiet.
Es war kaum zu glauben, dass er sich diesen relativ fremden Menschen gegenüber so entspannt und unverkrampft geben konnte, aber logischerweise hatte er keinerlei Geheimnisse vor ihnen und hätte auch gar keine haben können. Er wusste, dass es sinnlos war, seine gewohnte Fassade aufrechterhalten zu wollen. Sie wussten, worauf sein Leben hinauslaufen würde. Das Einzige, was keiner aus dem Team sagen konnte, war, wann genau …
Selbst uns gegenüber benahm sich Freddie immer auf eine Art, die andeutete, dass alles in Ordnung und eigentlich genau wie immer wäre. Bei den Ärzten und Krankenschwestern konnte er es sich erlauben, alle Vorsichtsmaßnahmen fallen zu lassen. Schließlich war ihm klar, dass sie sein Leben in der Hand hatten. In ihrer Nähe war es, als wäre ihm eine große Last von den Schultern genommen, und er musste sich nicht länger verstellen. Tatsächlich freute er sich auf ihre Besuche.
Verschiedene Fachleute kamen regelmäßig bei ihm vorbei – ein Onkologe, ein Dermatologe und der fachärztliche Berater, der für seinen Fall zuständig war: Brian Gazzard. Ein besonderes Verhältnis hatte Freddie auch zu der Schwester vom Chelsea and Westminster Hospital, die vorbeikam, um ihm seine Bluttransfusionen zu geben. Wie ich später noch näher erläutern werde, hatte man Joe und mir beigebracht, wie man ihm sämtliche anderen Medikamente verabreichen musste. Die Bluttransfusionen jedoch musste wegen des hohen Risikos, das diese Behandlung birgt, eine ausgebildete Krankenschwester übernehmen. Inzwischen weiß ich natürlich um die nötigen Vorsichtsmaßnahmen und die potenziellen Risiken einer unsachgemäßen Anwendung. Die Sache kann zu schnell gehen, oder zu langsam …
Ich denke, für viele Leute mag es sinnvoll sein zu wissen, was für ein mühsamer Vorgang diese Transfusionen tatsächlich waren. Während des eigentlichen Prozesses muss der Patient sorgfältig auf eventuelle Reaktionen überwacht werden. Die üblichen Werte — Temperatur, Puls und Blutdruck — werden in regelmäßigen Abständen gemessen: die erste Viertelstunde über alle fünf Minuten, dann die erste Stunde über alle Viertelstunde und schließlich bis zum Ende der Transfusion alle halbe Stunde, wobei man für gewöhnlich vier Stunden für eine Dosis Blut rechnet. Trotz ausgiebiger Tests auf die Kompatibilität des Blutes besteht immer die Möglichkeit, dass irgendetwas nicht ganz in Ordnung ist und der Patient in einen anaphylaktischen Schockzustand gerät. Freddie bekam meistens drei Dosen Blut verabreicht, man kann sich also leicht ausrechnen, dass seine Behandlungen dabei zwölf Stunden dauerten. Sein geschwächter Zustand, der der eigentliche Grund für die Transfusionen war, verschlimmerte sich anfänglich noch durch all die Tests, die er über sich ergehen lassen musste, während die einzelnen Dosen Blut verabreicht wurden, und durch die er nie länger als ein paar Minuten am Stück eindösen konnte.
Zu der Zeit, als diese Besuche stattfanden, war über AIDS noch nicht allzu viel bekannt. Aber dennoch konnte Freddie den medizinischen Hilfskräften immerhin Fragen stellen und bekam auch einige Antworten, was er von Freunden und Verwandten natürlich nicht erwarten konnte. Wenn man sehr, sehr krank ist, dann ist es nur verständlich, wenn die Krankheit einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Sie wird wohl oder übel zum wichtigsten Lebensinhalt, und wenn man niemanden hat, der einem all die drängenden Fragen beantworten kann, dann freut man sich mehr und mehr darauf, jemanden um sich zu haben, der einem helfen und mit dem sich tatsächlich austauschen kann. Joe brachte eine Menge Zeit damit zu, mehr über die Krankheit in Erfahrung zu bringen – natürlich auch aus ganz persönlichen Gründen. So blieb Freddie immer auf dem Laufenden, was die
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