Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
Gesichtsausdruck muss Bände gesprochen haben, denn er drehte sich wieder um und meinte: „Denkst du, das ist zu viel des Guten?“
Dann versuchte er es mit: „Cum stains on my pillow?“ [etwa “Sperma-Flecken auf meinem Kissen“]
Worauf ich meinte: „Nächster Versuch!“
Er kicherte: „Oh Mann! Das ist
echt
zu viel des Guten!“
Ich sehe uns noch heute, wie wir dort in den Sesseln in der ersten Klasse im vorderen Teil der Maschine herumhingen. Er dachte ein paar Minuten nach, ehe ihm dann die Zeile einfiel, die heute ein weiterer Klassiker ist: „Guilt stains on my pillow!“ [etwa: „Schuld befleckt mein Kissen“]
Ungefähr eine Stunde lang fielen Freddie weitere Phrasen ein, die nicht unbedingt hintereinander passten, aber alle in etwa dasselbe Thema hatten. So kam es, dass wir in Montreux aus dem Flugzeug stiegen mit etlichen Seiten voller unzusammenhängender Textzeilen für einen noch namenlosen Song. Freddie nutzte oft die Gelegenheit, ein paar Zeilen zu Papier zu bringen, die ihm gerade in den Sinn gekommen waren. In meinem Block ist noch eine Seite, auf die er geschrieben hat: „Please feel free, Strain all my love from me.“ [etwa: „Nur zu, entreiße mir all meine Liebe.“]
So weit ich weiß, wurde dieser Zweizeiler klugerweise für spätere Verwendung ad acta gelegt.
Als wir schließlich vom Flughafen aus im Studio ankamen, setze er sich einfach ans Klavier und begann zu spielen. Er ließ seine Finger über die Tasten gleiten, bis eine Melodie herauskam, mit der er zufrieden war. Für den Fall, dass da ein spontanes kleines Meisterwerk entstand, lief das Band immer mit. Mitunter spielte er nur ein paar Akkorde und baute sie dann weiter aus. Der Rhythmus ergab sich aus dem Gefühl und der Stimmung des Songtextes, Taktart und Tempo aus dem Versmaß der wichtigsten Zeilen. Jeder Song bekam zunächst einen Arbeitstitel und erst ganz am Schluss wurde der endgültige Titel festgelegt. Jeder konnte seine Vorschläge mit einbringen, und nur die besten kamen in die engere Wahl.
Sobald Freddie sich über die Melodie im Klaren war, machte er sich an das, was für ihn „der schwierige Teil“ des Stückes war: den Text in eine nachvollziehbare Form zu kriegen, die einen Sinn ergab. Wenn ich nicht mitbekommen hatte, was an diesem Tag im Studio passiert war, kam Freddie oftmals um fünf Uhr früh nach Hause und meinte zu mir: „Komm. Hör dir das mal an!“
Dann las er mir den Text vor und sagte eventuell: „Da sind einfach noch drei Wörter, die nicht ganz passen.“
Dann brachten wir unter Umständen einige Stunden damit zu, andere Wörter zu finden, die sich auch reimten und inhaltlich denen ähnelten, mit denen er nicht zufrieden war. Und wenn ich „einige Stunden“ sage, dann meine ich genau das! Mindestens. Bis wir zufrieden waren und ins Bett gingen, war es oft schon längst wieder hell.
Was als Idee begann, erwies sich am Ende unter Umständen als Ausgangspunkt für eine andere, bessere Idee. Er war absolut pragmatisch. Nichts war ihm heilig. Alles durfte verwendet werden.
Wie ich bereits vorher erwähnt habe, war er ein ziemlicher Perfektionist. Er verbrachte Stunden damit, sicherzugehen, dass man den Song wirklich nicht noch besser strukturieren konnte — dass es wirklich keine bessere Melodie gab, um das Gefühl zu vermitteln, dass er zum Ausdruck bringen wollte. Seine Musik war in erster Linie immer für ihn selbst gedacht. Sie gab ihm Gelegenheit, seine Gefühle umzusetzen und ganz er selbst zu sein. Als Musiker war er in der Lage, andere von den Ergebnissen seines Ausdrucksvermögens profitieren zu lassen. Natürlich legte er Wert darauf, was die Fans dachten, aber er ließ nichts nach Außen durchdringen, mit dem er nicht selbst hundertprozentig zufrieden war. Auch wenn er sich durchaus darüber im Klaren war, dass es viele verschiedene Arten gab, seine Gedanken musikalisch umzusetzen, und das Endergebnis nicht jedermanns Sache sein musste, suchte er doch immer nach seiner eigenen Perfektion und nicht nach der von anderen. Und letzten Endes war es schließlich seine Musik.
Wenn er die Melodie erst einmal im Kopf fertig hatte, hielt er sie auf Band fest, nahm sie mit Hilfe des Klaviers auf, so dass alle anderen sie sich anhören konnten. Danach fingen die übrigen Bandmitglieder damit an, unter Freddies Leitung ihren jeweiligen Beitrag zum Song auf weiteren Spuren festzuhalten. Das begann mit Roger, der das einspielte,
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