Freddie Mercury : Ein intimer Einblick von dem Mann, der ihn am besten kannte. (German Edition)
kein anderer Künstler und keine andere Band dorthin.
Anfangs war ich erstaunt, dass selbst an diesem Punkt ihrer Karriere nur selten alle vier Mitglieder der Band gleichzeitig im Studio waren. Und wenn das der Fall war, dann oft nur deswegen, weil ein Band-Meeting stattfand. Im Scherz hieß es bei uns immer, dass Queen wohl die einzige Band wären, die tausend Pfund dafür zahlte, ein Band-Meeting abzuhalten — vielleicht das teuerste der Welt? Sie hatten zwar wunderbare gemeinsame Räume in ihrem Bürogebäude, aber die Chance, sie alle um einen Konferenztisch herum zu versammeln, war weitaus geringer als die, sie gleichzeitig im Studio zu erwischen.
Von diesen Bandtreffen abgesehen, war Jim Beach ein eher seltener Gast, obwohl er in Montreux lebte und arbeitete. Dafür stand Paul Prenter als persönlicher Manager der Band die ganze Zeit über zur Verfügung. Ich war ebenfalls da, ebenso wie Freddies aktueller Beau und die Freundinnen der übrigen Bandmitglieder sowie das übliche Gefolge. Mitunter trieben sich bis zu einem Dutzend Leute dort herum. Für die kreativen Sessions gab es keine Standard-Besetzung. Es war nicht etwa so, dass nur Freddie und Roger oder dann Freddie und Brian dort gewesen wären. Die tägliche Anwesenheitsliste ergab sich zu einem großen Teil daraus, welche Aktivitäten am Vorabend auf dem Programm gestanden hatten. Der Produzent/Mixer und der Tontechniker mussten immer pünktlich um zwei hinterm Mischpult stehen. Ihre Anwesenheit — während sie auf ihre Schützlinge warteten — war die einzige verlässliche Größe. Bei
Hot Space
war Reinhold Mack als Produzent und Mixer zuständig. Mack, wie jeder ihn nannte, wohnte in München und arbeitete regelmäßig mit Georgio Moroder in dessen Münchener Musicland Studios.
Bei Queen begann der Aufnahmetag für gewöhnlich um zwei Uhr nachmittags. Wie lange er sich jedoch hinziehen würde, blieb offen. Anders ausgedrückt konnte er die ganze Nacht über dauern, bis in die frühen Morgenstunden, was auch des Öfteren der Fall war. Je nachdem, wie kreativ sie gerade waren, hatte eine Arbeitswoche auch oft genug ganze sieben Tage. Bei den Aufnahmen fühlten sich Queen ganz in ihrem Element, während sie sich ihre Kompositionen mühsam erarbeiten mussten. Aus diesem Grund gibt es auch entgegen anderer Vermutungen kein großes Kontingent von unveröffentlichten Stücken, die in irgendwelchen Studio-Kellern schlummern.
Da die Kompositionen viel Arbeit mit sich brachten und die Aufnahmen oft zeitaufwendig waren, konnte man nie sagen, wie lange die Zeit im Studio sich hinziehen würde. So dauerte zum Beispiel die erste der beiden Sessions für
Under Pressure
24 Stunden und die zweite, die einige Wochen später sechstausend Kilometer weit entfernt im Power Station Studio in New York stattfand und bei der Freddie und Bowie den Song fertigstellten, noch einmal 18 Stunden.
Under Pressure
entstand absolut spontan. Bowie lebte damals in Montreux, und als er hörte, dass Queen in der Stadt waren, stattete er ihnen im Studio einen Besuch ab. Roger und Bowie verstanden sich ohnehin prächtig, obwohl der Text und die Idee für den Titel sich aus der Zusammenarbeit zwischen Freddie und David ergaben.
Aus der spontanen Jamsession wurde bald besagter 24-Stunden-Marathon. Ich war überglücklich, als Freddie in New York dann meinen Vorschlag aufgriff, ein Glissando zwischen zwei Oktaven einzubauen. Genau das hatte ich in einem anderen aktuellen Disco-Stück gehört, wo es sich ganz hervorragend machte.
Aber nicht alle Songs nahmen so schnell Gestalt an wie
Under Presure.
Im Allgemeinen — auch wenn es bei Freddie und Queen wie bei allen anderen Bands auch Ausnahmen gab — entstand ein typischer Freddie-Song in etwa wie folgt. Als Beispiel nehme ich den kreativen Prozess, aus dem das seltsam autobiografische
Life Is Real
hervorging und der zehntausend Kilometer über dem Atlantik seinen Anfang nahm.
Wir waren auf dem Weg in die Schweiz und flogen gerade von New York in Richtung London ohne uns irgendetwas zu denken, als Freddie sich plötzlich umdrehte und meinte: „Wo hast du Stift und Papier? Mir ist gerade eine Textidee gekommen.“ Ich musste immer was zum Schreiben bei mir haben — ganz egal, wo wir waren — genau für solche Fälle.
„Lass hören“, meinte ich.
„Cunt stains on my pillow“ [etwa “Fotzen-Flecken auf meinem Kissen“], flüsterte er mit einem anzüglichen Lächeln. Ich schätze, mein
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