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Freddy - Fremde Orte - Blick

Freddy - Fremde Orte - Blick

Titel: Freddy - Fremde Orte - Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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zurück.
    Mit lautem, metallischem Knallen schlug die Kirchentür zu, und der Riegel fiel herab. Sonja rannte sofort darauf zu und versuchte das Portal zu öffnen, doch der Riegel klemmte wie festgerostet und ließ sich nicht bewegen.

5
    Sonja rannte zum Nebeneingang hinüber, doch auch dieser war fest verschlossen. Was für ein dämlicher Witz war das denn?
    „Die Türen sind zu!“, rief sie, und mit Ausnahme von Miriam, die weiterhin den Pfarrer bequatschte, als ginge es um Leben und Tod, wandten sich alle ihr zu. Niemand lachte. Keiner hielt es für einen Scherz ihrerseits. Onkel Werner und Miriams Vater kamen gemeinsam angerannt und rüttelten an beiden Türen, dass es in der Kirche polterte. Den Riegel vor dem Hauptportal bekamen sie nicht einmal mit vereinter Kraft auf. Der Lärm war wie ein Startschuss für Sonja, die durch den Mittelgang nach vorne rannte und von Pfarrer Schindel die Schlüssel verlangte.
    Der machte ein Gesicht wie der sprichwörtliche begossene Pudel. „Ich habe keine Schlüssel bei mir. Sie liegen im Nebenraum, bei euren Taschen.“ Dass der Raum nur von außen zu erreichen war, wussten sie alle.
    „Jemand hat uns einen Streich gespielt“, zischte Sonja.
    „It all comes from her. Alle … kommt … von … sie“, meldete sich Julies merkwürdiger Onkel zu Wort. Dabei zeigte er auf Sonja. Auf wen auch sonst? Er hatte sich unbemerkt aus den Schatten gelöst und sich zur der Gruppe gesellt. Seine Stirn war voller Falten, seine Augen eher ernst als anklagend.
    „Tut mir leid, der Mann ist vollkommen durch den Wind“, sagte Sonja mit gehobenen Schultern. „Wenn er mir unterstellt, ich hätte die Türen selbst verriegelt, während ihr kurz mal nicht hingeschaut habt, hat er wirklich zu viel Fantasie …“
    „Natürlich, Sonnenschein!“, pflichtete ihr Onkel Werner bei und legte den Arm um sie. „Aber mysteriös ist die Sache schon.“
    „Ich glaube, es gibt eine Ungläubige hier.“
    Sonja drehte sich um. Wenn sie die Stimme nicht so zweifelsfrei erkannt hätte, hätte sie die Aussage niemals mit Miriam verbunden. Miriams starrte sie kampfeslustig an. Ihre Blicke brannten. Sonja hatte diesen Blick schon oft gesehen, allerdings war er selten auf sie gerichtet gewesen.
    „Schatz, bitte …“ Einer der zaghaften und sinnlosen Versuche von Miriams Mutter, mit hilflosen Bitten irgendetwas Gutes zu bewirken.
    Sonja presste Freddy enger an sich. „Ich bin hergekommen, um mich konfirmieren zu lassen“, erklärte sie. „Falls meine Frömmigkeit nicht tief genug ist, musst du sehr entschuldigen!“
    Miriam verzog das Gesicht. „Und wenn du so fromm bist, warum lässt du dann deine kranke Mutter jahrelang in der Klinik allein, hm?“
    Pfarrer Schindel hob beschwichtigend die Hände. „Kinder, ihr sollt nicht streiten.“
    Aber Miriam war nicht bereit, an dieser Stelle aufzuhören. Ihr entschlossener Blick bewies, dass sie erst am Anfang war. Offenbar hatte sich in ihr über lange Zeit hinweg etwas aufgestaut, das sie nun loswerden wollte. Musste. „Ja, du bist fromm!“, rief Miriam so laut, dass das Gemäuer kurze, hektische Echos zurückwarf. „Du bist gläubig. Du bist treu ergeben. Aber nicht dem Gott der Christen.“
    „Was?“ Sonja schüttelte den Kopf. Das schlimme war, dass sie durchaus ahnte, worauf Miriam hinauswollte. Aber dass sie es an diesem Ort, in diesem Moment, in dieser Form tun würde, überraschte sie.
    „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“
    „Okay, das erste Gebot. Ich habe im Unterricht aufgepasst. Und?“
    „Dein Gott ist aus Plüsch!“
    Jeder der Anwesenden reagierte anders auf diesen Satz. Miriams Vater lachte dunkel auf, ihre Mutter wurde noch kleiner, als hätte ihr jemand auf den Kopf geschlagen, Onkel Werner machte ein ratloses Gesicht, Sonjas Mutter setzte sich auf, hob den Kopf und fixierte einen Punkt über dem Altar, Pfarrer Schindel zog eine unglückliche Miene und schien Miriams Ausspruch zu bedauern.
    Julies Onkel dagegen nickte langsam. „She is completely right. There are two gods in this church. You will all agree that two gods are one to many.“
    „Ich bin von Verrückten umgeben“, wisperte Sonja und verdrehte die Augen. Der Schweiß brach ihr aus, sie wich von der Menschengruppe zurück.
    Miriams Vater trat zu seiner Tochter und ergriff ihre Schultern. Er tat es offenbar halb mitleidig, halb tadelnd. „Miri“, brummte er. „Was redest du denn, mein Engel?“ Dann wandte er sich an

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