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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Schüsse gehört. Es war verschlossen …«
    »Tote?«
    »Nach Aussagen der Zeugen bislang keine.«
    »Das heißt, wir wissen es nicht«, stellte Agnes Schabowski sachlich fest.
    Ehrlicher wurde heiß. Keiner wusste, ob Frederike und Kain bereits erschossen im Waschsalon lagen.
    Agnes Schabowski fuhr fort: »Haben wir Kontakt zu den Geiselnehmern?«
    »Leider ist der immer gescheitert.«
    »Auf welchen Wegen haben Sie es versucht?« Offensichtlich reagierte der Angesprochene nicht. Die Einsatzleiterin verschärfte den Ton: »Megafon? Lautsprecherwagen? Rundfunk? Handy? Möglichkeiten gibt es viele. Alle probiert?«
    »Der Alarm ist keine Stunde her. Wir wissen nicht, wie viele es sind, wer zu den Geiseln gehört …«
    Ehrlicher wusste, wer zu den Geiseln gehörte: Frederike und Kain.
    Ein Nachzügler schlich sich zum Bus: »Tschuldigung. Wir mussten erst den Bodenschlüssel vom Hausmeister besorgen.«
    »Schließen Sie die Tür, Michalk! Wir sind hier nicht auf dem Jahrmarkt.« Die Sitzung wurde geschlossen. Ehrlicher konnte den Ausführungen im Bus nicht mehr folgen. Aber ein Wort hakte sich fest. Handy. Ehrlicher hatte die Nummern von Frederike und Kain. Sein Handy! Er würde mit den Kidnappern reden.

23:45
     
    Der Wecker schrillte. Er suchte den Knopf und griff in Haare. Als er die Augen öffnete, sah er Wasser auf sich zulaufen, das sehr streng roch. Er lag nicht in seinem Bett neben Eva. Er lag auf dem Boden, und er wusste nicht, warum er da lag. Er sah neben sich Beine und Hände und Ärsche und die Augen Isabells. Sie blickten ihn an und schlossen sich wieder. Er sah ihre Tränen. Seine Hand befand sich in ihren Haaren. Es war nicht der Wecker, der schrillte, es war das Telefon. Die Wasserlache vor ihm wurde größer, der Geruch unangenehmer. Was war passiert?
    »Fünf. Fünf Millionen, das hört sich gut an.«
    Die Stimme war ihm unbekannt. Noch niemals gehört. Eindeutig, es war der Waschsalon, in dem er lag. Er sah die Theke. Und dahinter Frederikes Schatten? Er sah das Parkett, über das er täglich Kilometer lief. Er sah die Fotografien an der Wand. Eine hing zerfetzt, und das Glas war zersplittert. Das Telefon schrillte. Keiner nahm ab.
    »Stell dir mal vor: fünf Millionen!«
    »Schnauze!«, schrie es aus der anderen Richtung.
    »Fünf Millionen! Fünf Millionen, überleg dir das mal!«
    Absurder Dialog. Absurde Situation. Kain verstand die Welt nicht.
    »Ich muss auf Toilette!«, flehte eine hohe Stimme. Hoffentlich war das nicht auch die Erklärung für den nassen Boden vor ihm.
    »Eine Fünf mit sechs Nullen!« Für den Sprecher eine offenbar famose Idee.
    Das Schrillen des Telefons schnitt ihm durch alle Gedanken.
    »Heb ab und leg auf!« Der Schatten Frederikes tat es, dann war er raus aus Kains Blickfeld. Isabell schaute mit angstgeweiteten Augen zu ihm. Kain nahm seine Hand aus ihrer Frisur. Isabells Augen wurden noch größer. Das Wasser kam näher. Es hatte seine Hand fast erreicht. Er brauchte ein Tuch, sonst wurde er feucht, sonst wurden sie alle hier feucht auf dem Boden. Verdammt noch einmal, das konnte doch keinem egal sein! Kain erhob sich.
    »Hinlegen!«
    Kain fiel auf die Knie zurück und schaute sich um. Eine Maske. Der Mund ein Zerrbild von Pornostars mit Silikonlippen. Die Zunge leckte über die Lippen. Der Kopf eine Melone in schwarzem Latex. Die Augen eisblau. Sie zwinkerten nicht. In der rechten Hand eine Pistole, die auf ihn zielte. In der linken ein Cocktailglas. Eine Figur wie aus einem Comic. Aber das war kein Comic. Das war das Leben.
    Kain rutschte auf seinen Platz neben Isabell auf den Boden zurück. Sein Arm stoppte das Wasser. Es war weiter gelaufen. Es roch, und es war Urin.
    Seine Erinnerung kam blitzartig zurück. Er sah sich vor den Pissoirs stehen. Er hatte die Kacheln gewischt, Urinsteine und Seife gewechselt. Wie lang war das her? Er war die Treppe nach oben gegangen, und im Waschsalon zerbrach Glas durch einen Schuss. Frederike war Opfer eines bewaffneten Raubüberfalles, hatte er gedacht. Er hatte sich in Kampfstellung mit aller Vorsicht genähert und war dem Typen an die Kehle gegangen. Er hatte das Latex gespürt. Eine Pistole rutschte unter die Theke. Er hatte den Mann voll im Griff. Er war der Sieger und … Aus.
    Der Typ mit Maske war offensichtlich nicht allein hier. Die waren mindestens zu zweit. Die anderen hatte Kain nicht gesehen, jemand hatte ihn niedergestreckt. Kains Einsatz war vergeblich gewesen, jetzt lag er neben Isabell auf dem Boden. Er sah

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