Frederikes Hoellenfahrt
ich helfen?«
»Wie denn, Herr Ehrlicher, wie denn? Sie können nur stören. Sie sind in Pension.«
Diesen Satz überhörte Ehrlicher. Er war sicher nicht bösartig gemeint. Michalk stand unter Druck und blickte ihn ablehnend an, traute sich aber nicht, ihn wegzuschicken. Zu lang war er sein Kollege gewesen.
»Michalk, ich kenne Frederike, und ich kenne den Kain. Warum sollte mich Kollegin Schabowski sonst hierher bestellen?« Ehrlicher log mit voller Absicht.
Michalk blickte noch immer zweifelnd, lenkte jedoch ein. »Die Gangster haben noch keine Forderungen gestellt.«
»Aber sie werden es tun. Sie können nicht anders.«
»Ja.« Michalk verschluckte sich fast.
Ein Mann schob sich zwischen sie. Die Streifen seiner Uniform und der Helm reflektierten unangenehm das Scheinwerferlicht. Solch eine Stimme gab sonst die Befehle. »Wo sollen wir den Kran stationieren? Und welchen Platz schlagen Sie für die Wasserwerfer vor?«
Michalk entschuldigte sich bei Ehrlicher mit einem Kopfnicken und trat mit dem Feuerwehrmann zur Seite. Sie begannen ein Gespräch, das länger dauern würde. Andere Kollegen prüften die Fassaden auf ihre Verwendung. Die Maße der zu installierenden Technik wurden geschätzt. Im Kleinbus hielt einer das Headset an seinen Mund und drückte immerzu die Wahlwiederholung. Eine Verbindung stellte er nicht her. Die im Waschsalon schwiegen.
Ehrlicher hat solche Großeinsätze immer gehasst. Es war seine Überzeugung, dass man auch in Extremsituationen vor allem mit den Menschen reden musste. Das konnte manchen Einsatz von Technik und Kräften verhindern. Seine Erfahrungen hatten Ehrlicher gelehrt, dass man auch mit gefährlichsten Tätern sprechen, sie bei Gefühl und Charakter packen konnte. Mit diesem Aufgebot an schwerem Geschütz schüchterte Michalk die Täter nur ein. Sie würden sich im Waschsalon verschanzen wie in einer Burg.
Michalk beratschlagte nun mit allen leitenden Kräften das weitere Vorgehen. »Die Scharfschützen sollen Sicht auf Eingang und Kellertür haben. Dasselbe gilt für die Rückfront des Hauses.« Michalk gab seine Befehle, als würde er seine Truppen in den Irak-Krieg führen. Der war überzeugt, dass er das Richtige tat. Ehrlicher hatte Zweifel.
»Sie hier! Kollege Ehrlicher!« Ihre Stimme kippte fast über. Alle wendeten die Köpfe. Der Auftritt war gelungen, die Chefin der Mordkommission I Agnes R. Schabowski war jetzt vor Ort. Michalk zog sich an den Ärmeln seines Jacketts und fuhr in seinen Ausführungen fort. Auch die anderen Kollegen waren hektisch beschäftigt. Ehrlicher stand Agnes Schabowski gegenüber wie ein Trottel, der in den Gips der Spurensicherung gelatscht war.
»Sie sind beide da drin. Wir müssen sie retten!«
»Herr Ehrlicher«, seine Nachfolgerin sagte zu ihm Herr und nicht Hauptkommissar, »wir werden alles tun, was in unseren Möglichkeiten steht. Alles.« Damit legte sie ihm ihre Hand auf die Schulter. Ihm liefen Schauer über den Rücken. Ehrlicher wusste, Agnes Schabowski war falsch, noch einmal würde sie ihn nicht um den Finger wickeln. Mit Scham erinnerte er sich seiner Verhaftung durch diese ehrgeizige Kommissarin vor einigen Monaten und an ihren Plan, so seine Undercover-Aktion in einem Altenheim zu tarnen. Was für ein Quatsch! Genauso falsch wie jetzt dieses Gehabe. Ehrlicher versuchte, seine Schulter ihrer Hand zu entziehen. Sie blieb darauf liegen.
»Ich tue alles, damit die beiden da rauskommen.« Ehrlicher hörte sich elend an, er konnte nicht anders. Ihre Hand drückte sanft seine Schulter.
»Herr Ehrlicher, Sie tun hier gar nichts. Sie fahren nach Hause und legen sich hin. Ich werde Sie zu gegebener Zeit informieren. Versprochen. Ich habe es ja auch schon getan. Aber hier können Sie uns nicht helfen. Bitte, Herr Kollege, fahren Sie heim.« Und damit hob Agnes Schabowski den Kopf und blickte in die Runde. Dann trat sie zu Michalk und riss ihn aus seinem Gespräch. »Lagebesprechung. Sofort! Alle Verantwortlichen!« Darauf ging sie entschlossenen Schrittes zum Kleinbus und schlug dort auf der Sitzbank die Beine übereinander. Ihre Fingernägel hämmerten auf den Tisch.
Michalk pfiff mit zwei Fingern zwischen den Lippen. Die Gruppenleiter hatten verstanden und machten sich auf den Weg zum Bus. Agnes Schabowski lächelte ihnen entgegen: »Was wissen wir?«
Ehrlicher stand außen vor, die Tür hatten sie offen gelassen. Michalk begann seine Ausführungen. »Der Notruf der Polizei wurde 22 Uhr 15 alarmiert. Man hatte im Café
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