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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Sie mit den Kollegen zusammen, die einschlägige Erfahrungen haben. Ich kann mich erinnern, drei Gangster haben es einmal bis in die Ukraine geschafft … Vielleicht können die Kollegen von damals uns unterstützen …« Miersch ahnte, dass internationale Verwicklungen auf sie zukamen. In Deutschland war ein Untertauchen schwer möglich. Der Polizeidirektor überlegte, was er an der Stelle der Täter als Ziel wählen würde. Kriegsgebiete fielen ihm ein. In den Wirren konnte man entkommen. Er wäre gen Osten gefahren. Russische Wälder, Taiga und Tiger.
    Eine Kollegin trat auf ihn zu. »Petersen, Yvonne Petersen.« Sie klang wie Bond, James Bond, und stellte sich als Seelsorgerin vor. »Können wir in den Waschsalon ?« Sie deutete mit der Hand auf das verschlossene Café, aus dem kein Licht drang. »Die Gangster sind weg. Die Menschen da drin brauchen Beistand, brauchen unsere Hilfe nach diesen schrecklichen Stunden.«
    Diese Petersen trat zu selbstsicher auf. Er war der Leiter, er war Polizeidirektor Konstantin Miersch! »Zuerst müssen Leute von der Sicherheit rein, Frau Petersen, Yvonne Petersen.« Sie reagierte nicht auf seine ironische Spitze. »Vielleicht gibt es Fallen, die die Täter gelegt haben.« Daraufhin nickte Frau Yvonne Petersen und stand wie ein Offizier der Heilsarmee: Gerade. Stramm. Befehle erwartend.
    Miersch gab die Instruktionen. Die Kollegen gingen voran, er folgte mit einigem Abstand. Sie öffneten mit einem Dietrich das Schloss der Eingangstür, verschwanden und gaben nach Sekunden Entwarnung. Konstantin Miersch befahl der Seelsorgerin Petersen vorerst zu warten.
    Im Waschsalon brannten nur Kerzen. Das gleißende Licht von der Straße wurde von den Jalousien fast absorbiert. Zwischen den Tischen und Stühlen kauerten ängstlich die Menschen.
    »Sie sind in Sicherheit. Ich heiße Konstantin Miersch. Ich bin Ihr Polizeidirektor.« Mein Gott, er redete wie ein Reiseleiter, der eine neue Gruppe empfängt.
    Langsam regten sich die Geiseln, und ein müdes Lächeln stahl sich in ihre Gesichter. Sie konnten noch nicht ganz glauben, dass es endlich vorbei war.
    »Kann einer mal Licht machen?« Das war Yvonne Petersen, die sich sofort auf eine mollige Frau stürzte. »Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
    Dankbar nahm die dicke Frau ihre Hilfe an. »Hoffentlich ist meinem Kind nichts passiert.« Miersch sah genauer hin, die Frau war schwanger.
    »Ein Arzt wartet. Er wird Sie sofort untersuchen.« Und damit nahm Yvonne Petersen die werdende Mutter in ihren Arm.
    Ein schmaler Bursche kam auf Miersch zu. »Danke. Ich danke Ihnen.« Er reichte ihm seine Hand. Sie war erstaunlich kraftvoll, als hätte sich all seine Wut darin gestaut. »Die Wirtin und der Kellner sind noch in ihrer Gewalt.«
    »Wir wissen.« Konstantin Miersch hielt noch immer die Hand des Mannes. Er ließ ihn nicht los. Miersch war es unangenehm. Er rief weitere Kollegen herein. Sie kamen mit ernsten Gesichtern. »Befragen, so schnell wie nur möglich. Sie müssen die Täter beschreiben. Alle Details. Wir müssen wissen, wer unter den Masken steckt. Wer die Kidnapper sind.«
    Yvonne Petersen hob ihre Hand wie zur Abwehr. »Die Gesundheit der Geiseln geht vor. Wir lassen sofort von uns hören, wenn sie bereit sind zu reden. Sie brauchen Erholung nach diesem Schrecken.« Die Seelsorgerin reichte ihm ihre Hand und sagte: »Bis später.« Dann wandte sie sich wieder der schwangeren Frau zu.
    Miersch fühlte sich deplatziert. Menschen kamen und gingen. Helfer reichten Decken und Tee und führten die befreiten Geiseln nacheinander und sehr behutsam ins Suppengrün gegenüber. Miersch übergab den Waschsalon den Kriminaltechnikern.
    »Das kannste keinem erzählen. Keine dreihundert Meter weg ein Mord, und nun das. Die Nacht wird in Leipzigs Kriminalgeschichte eingehen.« Walter kam in Hast, und es war ihm nicht anzusehen, ob er scherzte oder in Wut war.
    »Leipzigs Nacht der langen Messer«, meinte ein anderer Techniker zynisch.
    »Tun Sie Ihre Arbeit!« Miersch verließ den Waschsalon und lief zum Tisch des Krisenstabs im Suppengrün quer über die Straße.
    Sie waren mehr geworden. Stühle standen in zwei Reihen rund um den Tisch. Die Kellnerin zapfte Cola und Sprite. Die Kaffeekannen wurden ständig gewechselt. Die Tischdecke zeigte Flecke. »Guten Morgen«, sagte Miersch in die Runde.
    »Könnte besser nicht sein«, versuchte Kommissar Kowalski, der alte Hase, vergeblich die Stimmung zu heben. Die Lage blieb ernst, auch wenn die Mehrzahl der

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