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Frederikes Hoellenfahrt

Frederikes Hoellenfahrt

Titel: Frederikes Hoellenfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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nur an ihnen. Kain hatte Hoffnung. Die Wasserkästen drückten auf die Schnitte, die die Fesseln hinterlassen hatten.
    »Los jetzt!«, wurde ihm Befehl gegeben. Auch Kain bemühte sich, auf keine von den Geiseln zu treten. Manche von ihnen blickten mit einer Mischung aus Dank und Ungläubigkeit zu ihm herauf. Für sie war vermutlich alles vorbei. Für Kain ging es weiter. Er versuchte, ihnen zuzulächeln. Alles wird gut. Er glaubte nicht dran.
    An der Tür befahlen die Lippen: »Halt!«
    Frederike zögerte, als sie über die Blutlachen schritt. Es war Brunos Blut, oder es war das von Isabell. Isabell war tot. Lebte Bruno?
    Catwoman zwang Kain zum Stehen. Frederike wurde vorwärts gestoßen. Sie blickte sich um. Die Straße war hell erleuchtet. »Los, hinten rein!« Sie öffnete die Autotür und wurde vom Kleinen auf die Sitze gezwungen. Vor dem Einsteigen warf Frederike einen Blick zurück, als würde sie ihren Waschsalon zum letzten Mal sehen. Tränen liefen ihr die Wangen hinab, sie überwand sich und rutschte auf die Rückbank des Autos. Der Kleine folgte ihr mit vorgehaltener Pistole nach. Dann schlug die Tür zu.
    »Nimm die vordere Tür!«
    Kain zeigte auf die Kästen, die an seinen Armen zerrten. Er stellte sie ab, öffnete die Autotür wieder und gab sie den beiden auf den hinteren Sitzen.
    »Hier ist kein Platz!«
    Kain kümmerte sich nicht darum. Die Kästen verschwanden trotz des Protestes. Kain kroch auf den Beifahrersitz, auf dem der Geldkoffer lag. Er reichte den Koffer wortlos nach hinten. Der Kleine legte ihn auf die Ablage hinter der Rückbank. Die Lippen gingen noch einmal in den Waschsalon zurück. Kain hörte ihn rufen: »Keine Bewegung! Wir haben euch alle im Blick!« Dann kam er wieder heraus und schloss die Tür des Cafés endgültig zu.
    »Nicht, dass die rausrennen, und wir sind noch gar nicht weg.« Der Kerl ließ den Schlüssel in einen Gully fallen und quetschte sich neben Kain auf den Beifahrersitz, saß fast auf seinem Schoß. »Rück rüber!«
    Damit hatte Kain nicht gerechnet, aber mit ihm als Fahrer hatten sie vielleicht bessere Chancen auf eine Flucht. Er kroch über Gangschaltung und Ablage. Er drehte sich kurz um und sah Frederike eingeklemmt neben dem Kasten, der zweite stand auf ihrem Schoß. Kain flüsterte ihr schnell zu: »Auch das geht vorbei.« Sie schloss ihre Augen und glaubte seinem Spruch nicht, spielte mit dem Verschluss der Wodkaflasche.
    Als Kain endlich auf dem Fahrersitz saß, schoben ihm die Lippen sofort wieder die Pistole an die Schläfe. »Du fährst, wie ich sage. Vollgas! Raus aus der Stadt.«
    »Richtung Dresden. Mein Vater ist Richtung Dresden gefahren«, sagte der Kleine. Und Kain richtete den Rückspiegel so ein, dass er den Verkehr hinter ihnen und Frederike im Blickfeld hatte. Der Kleine sprach weiter: »Und immer die Autobahn Richtung Süden dann weiter. Prag. Budapest. Belgrad. Dann sind wir bald da.«
    »Und wenn uns dein Bruder nicht helfen kann?« Die dicken Lippen neben Kain waren noch immer im Zweifel.
    »Hast du einen anderen Vorschlag? Hier können wir jedenfalls nicht bleiben. Ausgeschlossen.« Der Kleine machte sich Hoffnung. »Und außerdem sind dort Wälder. Uns kennt dort keiner. Da können wir untertauchen. Wird uns keiner suchen.«
    »Die werden euch gnadenlos hetzen. Sie lassen euch keinen Moment aus den Augen.« Kain musste ihnen die Gefahren deutlich machen. Vielleicht ließen sie von ihrem Vorhaben ab. Flucht in den Kosovo. Zumindest der Kleine musste dort Familie haben. Südosteuropäer. Kain hatte die Vorurteile im Kopf: Mafia. Drogen. Gewalt. Er bekam sie nicht los. »Und was ist mit uns?«
    Die Lippen lachten. »Ihr seid unsere Lebensversicherung. Ohne euch knallen sie uns einfach ab. Bleibt nur die Flucht.« Er schaute über die Lehne zu seinem Kumpan. »Alles okay?« Wahrscheinlich nickte der Kleine. Frederike rollten die Tränen, sah Kain im Spiegel. Er konnte nicht trösten.
    »Na, dann kann’s ja losgehn!« Der Kleine sprach wie befreit. Als würden sie in den Urlaub fahren. Zu Kain gewandt sagte er: »Gang rein und ab!«
    Die Straße war frei. Kains Beine zitterten. Die Hände schmerzten. Er fuhr langsam, zögernd, hoffte, dass das SEK den Wagen jetzt stürmen würde. Er überlegte, wie er den Lippen die Waffe entriss, das würde nicht schwer sein, auch der Überraschungsmoment lag auf seiner Seite. Nur Frederike könnte nicht reagieren. Die saß eingeklemmt und war ganz apathisch. Ihr liefen die Tränen. Kein Zweifel, der

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