FreeBook Das Geheimnis von Mikosma - Geblendet
blieb die Wand weiß.
»Das ist eine richtig traurige Geschichte mit einem gruseligen Ende«, wagte Luca die Stille zu durchbrechen. »Es verwundert mich immer wieder, dass auf diesem Planeten auch das Böse beheimatet ist.«
Leandra hatte sich kraftlos auf den Steinboden sinken lassen und vergrub die Hände in ihren dichten Locken. Sie musste nachdenken.
»Warum steht diese Geschichte hier auf diesen Mauern? Wer verbirgt sich hinter den so wundersamen Kindern?«, überlegte sie laut.
Henry ging in dem Gang langsam auf und ab und knabberte an seinen Fingernägeln.
»Klingt es sehr abwegig, wenn ich behaupte, dass diese Kinder die Magier Terratus, Alphata, Relaxus, Delikata, Medikatus und Horros verkörpern? Es hat geheißen, eines der Mädchen war sehr klug. Ich denke, ihr stimmt mir zu, dass es Alphata sein könnte«, sprach Henry allmählich.
»Und alle sechs wohnen in Schlössern«, fügte Luca hinzu. Leandra war aufgestanden und lehnte sich mit ihrem Rücken gegen die Mauer.
»Dann muss das traurige Kind Horros sein. Anders ergibt diese Geschichte keinen Sinn. Er hütet das Geheimnis in seinem Schloss. Seine Eltern verschwanden spurlos und statt ihrer wurden ihm diese schrecklichen Terronen vorgesetzt. Das erklärt auch die strenge Bewachung mit den Panteoparden«, vollendete Leandra Henrys Gedanken.
»Aber wohin sind sie denn gegangen? Kein Elternteil verlässt freiwillig sein Kind!«, schrie Luca entsetzt. »Warum ist das alles passiert?«
Leandra und Henry wussten keine Antwort.
»Es gibt also noch einen Geheimgang, der in das Innere des Schlosses führt«, sagte Henry schließlich, »und der lotst uns wieder zu dem Labyrinth.«
Leandra erschrak bei dem Gedanken, sich erneut dieser Gefahr aussetzen zu müssen.
»Ihr vergesst«, merkte Luca an, »dass wir dort auch nicht weiterkommen würden. Uns fehlt die geheime Karte, die Horros von seinem Schloss angefertigt hat. Ohne die finden wir uns niemals in diesem großen Gefängnis zurecht. Abgesehen davon, dass es viel zu gefährlich wäre, dort blind hinein zu spazieren.«
Henry stimmte ihm durch ein kurzes Nicken zu. Leandra blies die Luft aus ihren Backen und raufte sich die Haare. Das konnte doch nicht sein, dass sie jetzt, kurz vor dem Ziel, aufgeben mussten! Plötzlich spürte sie einen Stich in ihrer Hosentasche, der sie aufschreien ließ. Mit entsetzten Augen starrte Luca sie an und machte sich bereit, die Flucht zu ergreifen. Henry legte seinen Finger auf den Mund und befahl Leandra mit strengem Blick, still zu sein. Leandra zog die Schultern ein und blickte sich vorsichtig nach allen Seiten um. Dieses Mal konnte sie wirklich nichts dafür! Anscheinend hatte niemand den Schrei gehört, denn die Stille wurde nur durch ihr erregtes Atmen durchbrochen. Leandra griff in ihre Hosentasche und suchte nach dem Ding, das sie so schmerzlich ins Bein gestochen hatte. Zum Vorschein kam der eiserne Schlüssel, den sie am Losstand unter den spöttischen Blicken der Kinder als Preis entgegennehmen musste.
»Was willst du mit diesem unnützen Ding?«, fragte Luca genervt.
»Ob du es glauben willst oder nicht, dieser Schlüssel will mir etwas sagen«, erklärte Leandra nachdenklich und drehte ihn in ihren Händen herum. »Nicht umsonst haben sich unsere Wege gekreuzt. Wenn ich nur wüsste, in welches Schloss er passt.«
Henry griff danach und hielt ihn gegen das schwache Licht einer Fackel.
»Es ist ein alter Schlüssel. Das erkenne ich an den Ornamenten. Die Zähne sind sehr zackig und winzig. Es muss ein kleines Schloss sein, in das er passt.«
»Alte Gegenstände gibt es hier in Mengen«, spottete Luca und deutete auf eine alte hölzerne Truhe, die am Ende des Korridors aufgestellt war.
Leandra riss die Augen auf und klopfte Luca anerkennend auf die Schulter.
»Luca, du hast Recht. Eine antike Truhe ist der Besitzer dieses Schlüssels und ich weiß, wo wir sie finden werden.«
Sie deutete den beiden Jungen an, ihr zu folgen und sie schlichen den langen Korridor zurück. Seltsamerweise schrieben nun die unsichtbaren Hände wieder zahlreiche Buchstaben an die weißen Wände, so als wären sie aus einem tiefen Schlaf erwacht. Abrupt blieb Leandra stehen.
»Hier müsste es sein«, murmelte sie und streckte ihren rechten Zeigefinger aus.
Dann klopfte sie damit, wie sie es bei Alphata beobachtet hatte, drei Mal gegen die kahle Mauer und allmählich formte sich aus dem Gemäuer die alte, hölzerne Zimmertüre heraus, die den Kindern Eintritt in Alphatas
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