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freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani

Titel: freeBook Kein Espresso fuer Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio Paglieri
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meinen, es sei einfach zu sagen, ob ein Angreifer im Moment der Ballabgabe auf einer Linie mit
     dem Verteidiger war oder zehn Zentimeter weiter? Aber genau dazu braucht man das Froschauge, man muß gleichzeitig den Ballspielenden
     und den Angreifer sehen, und man muß sofort ein inneres Bild speichern, auf dem die Aufnahmen beider Augen vereint sind. Wenn
     Sie das einmal gelernt haben, dann unterlaufen Ihnen keine Fehler mehr.«
    »Und das Ohr des Dionysos?«
    »Manchmal kommt der Paß aus einer Entfernung von sechzig Metern, und da spielt kein Auge mehr mit. Dazu brauchen Sie das Ohr
     des Dionysos, Sie müssen das Auftreffen des Fußes auf dem Ball hören und den Angreifer fixieren. Aber aufgepaßt, das ist nicht
     so einfach.«
    »Nein?«
    »Nein, denn der Schall breitet sich langsamer aus als das Licht. Wir hören den Schuß einen Moment nach dem eigentlichen Ereignis.
     Und diese Zeitdifferenz müssen Sie mit einkalkulieren. Die Zeitlupe wird später den Vergleich nur über das Bild herstellen,
     wird gleichzeitig die Ballabgabe und die Bewegung des Angreifers zeigen, und das zählt, nicht der Schall. Viele meiner Kollegen
     lassen sich zu Fehlern verleiten, weil sie den Schuß hören, aber die Zeitdifferenz nicht mit einkalkulieren.«
    |46| Selten hatte Marco Luciani jemanden getroffen, der so von sich eingenommen war.
    »Schön, Herr Adelchi, ich denke, das ist alles …«, sagte er, während er vom Stuhl aufstand. Der andere baute sich ebenfalls
     zu seiner vollen, nicht gerade beeindruckenden Größe auf. »Wenn Tullio tatsächlich ermordet wurde, dann können Sie voll auf
     mich zählen. Was auch immer Sie brauchen, ich stehe zu Ihrer Verfügung.«
    Der Kommissar nickte, sagte ihm, er solle sich seine Durchwahl notieren und anrufen, sobald ihm irgend etwas Besonderes einfiele.
     Der Linienrichter holte sein silbernes ultraflaches Handy aus der Tasche und fügte seinem Telefonbuch den Anschluß des Kommissariats
     und Giampieris Handynummer hinzu.
     
    Punkt zehn stellte sich Paolo Cavallo, der andere Linienrichter, im Büro ein. Er war dreiundvierzig Jahre alt und stammte
     aus Verona.
    »Nehmen Sie Platz, Herr Cavallo.«
    Der Linienrichter trat schüchtern heran. Trotz der hohen Temperaturen behielt er den Mantel an, und auf dem Stuhl schob er
     einen kleinen Buckel. Den Kommissar betrachtete er von unten herauf. Obwohl er nichts in Händen hielt, waren seine Finger
     in ständiger Bewegung, wie Regenwürmer in einem Eimer.
    Marco Luciani wollte eine gelöste Gesprächsatmosphäre erzeugen. Es war wichtig, irgendwie Cavallos Vertrauen zu gewinnen.
    »Ich werde Sie nicht lange behelligen, Herr Cavallo. Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen … Halten Sie das, um Himmels
     willen, nicht für ein Verhör. Sie haben Ihre Aussage betreffs der Vorgänge am Sonntag bereits zu Protokoll gegeben. Das hier
     ist ein informelles Gespräch, nichts weiter. Nichts wird aufgezeichnet. Wissen Sie, was den Fußball |47| angeht, sind Sie im Gegensatz zu mir ein absoluter Experte, und ich möchte nur, daß Sie mir ein paar Zusammenhänge erklären
     …«
    Cavallo nickte und schien sich ein wenig zu entspannen.
    »Also, Sie müßten mir einmal grob das Prozedere beschreiben …, wie das üblicherweise abläuft, wenn Sie alle, also die beiden
     Linienrichter und der Schiedsrichter, in einer Stadt ankommen. Ich nehme an, daß Sie am Abend vorher eintreffen, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und werden Sie von irgend jemandem abgeholt?«
    »Sicher, vom Schiedsrichterbetreuer. Das ist in der Regel ein Offizieller der gastgebenden Mannschaft.«
    »Und wohnen Sie alle im selben Hotel?«
    »Ja. Jeder hat sein eigenes Zimmer.«
    »Und gehen Sie dann zusammen essen, Sie, der Schiedsrichter und der andere Linienrichter?«
    »Nun, das kommt darauf an. Manchmal schon. Aber in der Regel esse ich lieber auf dem Zimmer und gehe zeitig schlafen.«
    »Haben Sie das auch am Samstag abend so gehalten?«
    »Ja, ich habe etwas im Hotel bestellt. Ferretti und Adelchi sind, glaube ich, ausgegangen.«
    Der Kommissar war erstaunt, daß er die beiden mit Nachnamen nannte. Ihr Verhältnis schien nicht das allerbeste zu sein.
    »Gab es irgendwelche Probleme zwischen Ihnen?« warf er ein, wobei er den Linienrichter genau beobachtete.
    »Nein, nein, absolut nicht. Wie ich schon sagte, ich ziehe es nun einmal vor, zeitig schlafen zu gehen. Keine Probleme, wirklich
     nicht.«
    Er hatte zu hastig geantwortet, außerdem hatte er sich verkrampft und den

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