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freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman

Titel: freeBooks Thor - Die Asgard-Saga Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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geglitten, in dem alles um ihn herum etwas sonderbar Leichtes und Unwirkliches bekam.
    Er hätte es vorgezogen, länger in dieser dämpfenden Halbwelt zu bleiben, denn die Wirklichkeit, in die er schließlich ebenso lautlos zurückglitt, wie er sie verlassen hatte, hatte nichts von ihrem Schrecken eingebüßt.
    Er erinnerte sich kaum, dass sie in den kümmerlichen Windschutz der Felsen zurückgekehrt waren, doch er fand sich gegen einen eisverkrusteten Felsen gelehnt wieder. Seine Seite pochte, und als er an sich hinabsah, gewahrte er einen klaffenden Schnitt in seinem Mantel, der mit gefrorenem Blut verkrustet war, das wie Tausende rosafarbener Diamantsplitter glitzerte. Es tat entsetzlich weh. Selbst das Atmen bereitete ihm Schmerzen.
    Müde fuhr er sich mit den Händen durch das Gesicht, fühlte auch dort verkrustetes Blut und erinnerte sich erst dann an die Schramme, die ihm der Krieger verpasst hatte. Als er die Hände herunternahm, begegnete er Sverigs Blick.
    »Warum hast du das getan?«, fragte er.
    »Was?«
    »Mir das Leben gerettet«, antwortete Sverig. »Niemand hätte es gemerkt, wenn du mich einfach fallen gelassen hättest. Also: Warum hast du es getan?«
    »Damit du etwas hast, wofür du mich hassen kannst«, antwortete Thor.
    Sverigs Augen blitzten auch prompt von genau diesem Gefühl erfüllt auf, aber Thor hatte nicht vor, dieses fruchtlose Gespräch fortzusetzen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen stand er auf, sah sich um, gewahrte Bjorn und die anderen vielleicht zehn Schritte entfernt, wo sie sich in den Schutz einer Gruppe halb mannshoher Felsen geduckt hatten. Jemand hatte sich um den Verwundeten gekümmert, dessen rechter Arm jetzt in einer improvisierten Schlinge hing. Um die Stirn und die Schläfen des Mannes zog sich ein frischer Verband, der auch sein linkes Auge bedeckte und ihn vermutlich mehr behinderte, als er ihm half.
    Erst als er fast heran war, sah Thor, dass sie auch den Toten hergebracht hatten; vielleicht zwei Tote, denn Arnulf lag mit geschlossenen Augen neben dem Jarl, und Bjorn hielt seine Hand wie die eines kranken Kindes. Dann erkannte er den Ausdruck auf Bjorns Gesicht und verbesserte sich in Gedanken: eines kranken Freundes.
    »Thor …« Bjorn hob müde die freie Hand und deutete auf den Boden neben sich, dann, nachdem Thor der Einladung gefolgt war, in die Richtung, aus der er gekommen war. Sverig war ihm nicht gefolgt, aber er konnte seine bohrenden Blicke spüren. »Danke, dass du ihn gerettet hast.«
    Thor blickte fragend, und Bjorn versuchte, die Lippen zu einem wehleidigen Lächeln zu verziehen. »Ich nehme nicht an, dass er sich bedankt hat, also tue ich es.«
    Thor reagierte nur mit einer Geste, deren Bedeutung Bjorn sich aussuchen konnte.
    »Er wird eine Weile brauchen, um seinen Stolz zu überwinden«, fuhr Bjorn fort, »aber er weiß sehr wohl, dass er ohne dich jetzt tot wäre. Wir alle wären jetzt tot ohne dich.«
    »Ohne mich wärt ihr vielleicht gar nicht hergekommen«, antwortete Thor. Er deutete auf den Jäger. »Wie geht es ihm?«
    »Er stirbt.« Ein Schatten huschte über Bjorns Gesicht, aber seine Stimme blieb fest. »Er ist ein starker Mann und kämpft noch, aber er stirbt. Die Verletzung ist zu schwer.«
    »Das tut mir leid«, antwortete Thor, was durchaus ehrlich gemeint war. »War er … ist er dein Freund?«
    »Mein Bruder«, antwortete Bjorn. Er lachte, leise und bitter. »Mein älterer Bruder. Dennoch war er immer der Sanftmütigere von uns beiden. Er hat mir oft genug vorhergesagt, dass er mich eines Tages zu Grabe tragen wird, weil ich durch das Schwert sterbe, das ich seiner Meinung nach viel zu sehr liebe. Jetzt sieht es so aus, als hätte er es nicht genug geliebt.«
    Thor wusste nicht, was er sagen sollte. Niemand hätte eine Chance gegen diesen Riesen gehabt, vermutlich nicht einmal er, aber Bjorn das zu sagen wäre kein Trost gewesen.
    Arnulf öffnete die Augen und gab einen gedämpften Klagelaut von sich, aber sein Blick ging geradewegs durch ihn hindurch. Blut lief aus seinen Mundwinkeln, und Bjorn wischte es mit den Fingern weg, bevor es an seinem Kinn hinablaufen konnte.
    »Du hast recht«, sagte er. »Dein Bruder ist ein sehr starker Mann.«
    »Und er leidet«, sagte Bjorn. »Ich sollte ihn von seiner Qual erlösen. Aber das kann ich nicht.«
    »Weil er dein Bruder ist?« Das verstand er gut. »Soll ich es für dich tun?«
    Bjorn schien einen Moment lang über seinen Vorschlag nachzudenken, schüttelte dann aber den Kopf und

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