Freiheit für Cyador
Stroh gepolsterten Sack mit Branntwein, Wein und Lebensmitteln auf den Wallach zu binden; sorgfältig schnürt er das Bündel hinter dem Sattel fest.
Mit einem Nicken und einem kurzen Winken verabschiedet er sich und macht sich auf den Weg zurück in die Kaserne. Lorn denkt während des Rittes über all das nach, was er noch tun muss. Seine Gedanken wandern von einem Problem zum nächsten und so erscheint ihm der Rückweg viel kürzer.
In der Kaserne angekommen, schließt er die Zimmertür hinter sich und stellt drei Flaschen Wein und eine Flasche Branntwein auf den kleinen Schreibtisch. Er beschließt, den Branntwein gleich zu öffnen, und gießt sich einen Fingerbreit davon in einen Humpen.
Vorsichtig riecht er daran. Von Melonen ist kaum etwas zu riechen, aber das Getränk verströmt einen volleren und wärmeren Geruch als alles, was Lorn bisher getrunken hat. Er versucht einen kleinen Schluck und muss lächeln. Wenn das Haus Ryalor diese Angelegenheit zu handhaben weiß, dann wird der Branntwein viele Goldstücke einbringen. Wenn …
Aber das ganze Leben besteht schließlich aus ständigem Wenn und Aber.
Lorn bückt sich und öffnet den ersten Korb. Obenauf liegt eine Garnitur Unterwäsche, darunter eine leichte Lanzenkämpfertunika aus Schimmertuch für den Sommer. Dann kommt noch eine Garnitur Unterwäsche zum Vorschein und darin findet Lorn ein gefaltetes und gesiegeltes Stück Papier. Er lächelt und legt die Kleider beiseite, um die Worte zu lesen, die Ryalth mit ihrer kühn geschwungenen Handschrift niedergeschrieben hat.
Mein lieber Hauptmann,
wie versprochen schicke ich dir ein paar Sachen, die dir in den kommenden Jahreszeiten vielleicht hilfreich sein können.
Über Shevelts Tod kursieren seit deiner Abreise viele Gerüchte. Der Dyjani-Klan hat dem neuen Erben Respekt gezollt – mit Goldstücken. Sie haben auch einen edlen hamorischen Wandteppich überreicht. Im Augenblick ist es wieder ruhig.
Das Haus Ryalor hat einige Verluste erlitten, als die Rotwind im Sturm vor dem Golf gesunken ist, aber der Schaden hält sich in Grenzen, wir haben einiges davon mit anderen Handelsgeschäften wiedergutmachen können …
Lorn nickt. Er hat zwar gehofft, dass das Schiff noch einige Reisen durchsteht, aber Ryalth war durch ihn schon vorgewarnt und hat dementsprechend gehandelt. Am liebsten würde er noch warten mit dem Brief für Ryalth, um ihr ausführlich antworten zu können, aber diese Zeit hat er nicht. Bereits morgen beginnt die nächste Patrouille und bis zu seiner Rückkehr vergeht wieder ein Achttag. Er ist froh, dass er nun einen Weg gefunden hat, um richtige Briefe an Ryalth schreiben zu können. So werden seine Briefe ungelesen ankommen, oder zumindest ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gelesen werden, viel geringer, als wenn er sie auf dem normalen Weg mit der Kurierpost verschicken würde.
In weiser Voraussicht hat er mit Dustyn diese Übereinkunft getroffen – in weiser Voraussicht und mit Glück, muss er sich verbessern.
Unter den Kleidungsstücken, eingepackt in schweres, geöltes Leder, findet er noch einige andere Päckchen: etwas Käse, getrocknete Früchte und Nüsse. Der zweite Korb enthält ein Paket mit feinstem Leinenpapier, drei Tintenfässer und eine Cupridiumfeder, die von einem hervorragenden Handwerksmeister stammen muss. Versteckt zwischen dem Papier entdeckt er zehn Goldstücke. Ganz unten in den zweiten Korb hat Ryalth noch einmal getrocknete Früchte und Nüsse gepackt.
Lorn lächelt über diesen schon fast als Nötigung zu bezeichnenden Hinweis. Man erwartet also von ihm, dass er schreibt, und die Goldstücke sollen einzig dafür verwendet werden, dass seine Briefe auch sicher ankommen.
Als er die Körbe geleert und die Sachen verstaut hat, zündet Lorn die Lampe über dem Schreibtisch an und setzt sich nieder zum Schreiben; natürlich verwendet er dazu die neue Feder und die neue Tinte.
Meine liebe Händlerin,
danke für Alafraan und Fhynyco … und für all die anderen feinen Sachen, die du geschickt hast. Du überraschst mich immer wieder … ich habe mit Dustyn, dem Kommis, eine Übereinkunft getroffen, dass er dir eine kleine Kiste mit Melonenbranntwein schickt. Dustyn hat ihn empfohlen und ich habe ihn selbst schon probiert. Der Branntwein hat einen guten und weichen Geschmack, obwohl er sehr stark ist; ich habe so etwas bisher noch nirgends getrunken. Vielleicht kann man dieses Getränk Gewinn bringend an die Austrier oder Hamoraner verkaufen
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