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Freiheit für Cyador

Titel: Freiheit für Cyador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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wird, um den Verwunschenen Wald davon abzuhalten, das ganze östliche Cyador zurückzufordern, welches ebenfalls eines Tages fallen wird. Ist deshalb die Pflicht so wichtig?
    Lorn schüttelt den Kopf und lächelt. Manche Menschen streben nach Macht so wie Maran, weil das Leben irgendwann endet. Andere wie sein Vater und Myryan suchen nach einem Sinn. Aber die Welt ist für beide gleich und sie gibt sich keine Mühe, sich dem einen oder anderen anzupassen.
    Seine Augen betrachten den weißen Granit der Sperrenmauer, der sich endlos bis zum Horizont zu erstrecken scheint, ohne Unterbrechung, ohne einen Bach, ohne einen Fluss. Lorn richtet sich auf. Am liebsten würde er sich schütteln – nicht dass diese Beobachtung irgendetwas änderte –, aber er hätte es längst bemerken müssen. Gibt es in ganz Cyador, die Grashügel eingeschlossen, noch eine andere rautenförmige Fläche mit einer Seitenlänge von neunundneunzig Meilen ohne einen Wasserlauf hinein oder hinaus? Eine Fläche mit Bäumen und üppigem Bewuchs? Mit flachem Land unmittelbar darum herum, das sich nach zwei Meilen zu sanften Hügeln aufschwingt und in fruchtbare Ebenen öffnet?
    Nur weil es der Verwunschene Wald ist, haben er und alle anderen diese Tatsache einfach hingenommen. Aber über welche Art von Macht mussten die Erstgeborenen verfügt haben, um solch ein Gefängnis schaffen zu können – eine Macht, die Flüsse und Wasserläufe bewegen kann? Und welche Art von Macht besitzt der Wald, dass er ohne Wasser überleben kann? Kann er hinaufreichen und die Wolken anzapfen? Regnet es deshalb in der unmittelbaren Umgebung des Waldes mehr als anderswo?
    »Ser!«
    Tief in Gedanken versunken, ist Lorn zum ersten Mal nicht derjenige, der den umgestürzten Baum entdeckt – ein weiterer Waldkönig von mittlerer Größe.
    Seine Augen bestätigen die Ankündigung und er wendet sich an Kusyl. »Auf der Perimeterstraße in Fünferreihen aufstellen! Schick einen Boten zu Olisenn. Er soll in einer Meile zu uns stoßen, auf dieser Seite des Baumes.«
    »Ja, Ser.«
    Im Süden über dem Wald bilden sich Wolken und verdunkeln den Himmel. Lorn fragt sich, ob der Regen das Ödland erreichen wird, durch das sie gerade reiten, und ob sie im Unwetter auf die Ingenieure warten und dann auf dem Weg nach Ostend durch tiefen Schlamm waten müssen.
    Die Zweite Einheit bildet eine lockere Formation auf der Straße und Lorn und Kusyl reiten vor der ersten Reihe von fünf Lanzenkämpfern auf der inneren Seite der Straße.
    »Behaupte immer noch, dass auf der nordöstlichen Seite mehr Bäume fallen. Reyt – er ist Ingenieurlanzenkämpfer – er sagt, das kommt daher, weil der Wind stets aus Nordosten bläst.« Kusyl schnaubt. »Aber warum fallen dann die Bäume in den Wind?«
    Lorn lacht leise. »Ingenieure müssen immer alles erklären, ob sie es nun können oder nicht.«
    »Genauso wie wir kämpfen müssen, ob wir es nun wollen oder nicht?«
    »So in etwa.«
    Die zwei verfallen in Schweigen, als sie sich der Stelle auf der Straße nähern, die dem umgestürzten Baum am nächsten ist.
    »Anhalten!«, befiehlt Kusyl. »Rührt euch.«
    Er und Lorn wenden sich der anderen Einheit zu, die sich langsam nähert.
    »Ser.« Olisenn nickt, als die Erste Einheit neben der Zweiten zum Stehen kommt.
    »Versetzte Reihen! Wir rücken vor«, ruft Lorn. »Lanzen bereithalten.«
    »Versetzte Reihen. Lanzen bereithalten. Fertig machen zum Feuern.«
    Mit einem Abstand von hundertfünfzig Ellen rücken die zwei in Fünferreihen formierten Einheiten Richtung Süden vor, jede Einheit flankiert eine Seite der Baumkrone. Die versetzten Reihen erlauben es der zweiten Reihe durch die erste zu feuern oder, wenn notwendig, vorzurücken, wenn die Ladung einer Feuerlanze aus der ersten Reihe erschöpft ist.
    Die Einheiten befinden sich noch zweihundert Ellen entfernt von der Baumkrone, als zwei Riesenkatzen – die grauen Felle schimmern beinahe in der gleichen Farbe wie die Wolken über dem Verwunschenen Wald – auf die Lanzenkämpfer zu springen, genauer gesagt unmittelbar auf die Zweite Einheit zu und geradewegs in Lorns Richtung.
    »Feuer frei! Kurze Entfernung!«
    »Kurze Entfernung! Engelsfeuer! Kurze Entfernung!«, bellt Kusyl.
    Fünf Feuerpfeile durchbohren die Luft und treffen auf die führende Riesenkatze, sie stolpert und überschlägt sich, Staub wirbelt auf. Die zweite Katze hält auf die linke Seite der Zweiten Einheit zu. Lorn ahnt, dass sie entkommen wird, wenn er jetzt nichts unternimmt.

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