Freiheit für Cyador
Kusyl gleichzeitig das verräterische Zittern der Zweige und hören das Rascheln der Blätter, das einem Angriff der schwarzen Nachtleoparden stets vorausgeht.
»Fertig machen zum Schießen! Kurze Entfernung!« Und kaum sind die Befehle ausgerufen, fügt Lorn noch schnell hinzu: »Feuer frei!«
Fast zwanzig von den Nachtleoparden springen aus dem Blattwerk und geradewegs auf die Zweite Einheit zu.
Zischend fliegen die Feuerblitze durch die Luft und rotgoldenes Chaos verbrennt glänzendes, schwarzes Fell.
Drei Leoparden haben es auf Lorn abgesehen, zwei von ihnen trifft er tödlich, aber der dritte duckt sich und setzt zum Sprung auf den Wallach an.
Lorn zückt den Säbel und holt aus, er verstärkt die Waffe mit seinen eigenen, blitzschnell gesammelten Chaos-Kräften, und der Nachtleopard fällt zu Boden, nur ein kleiner Kratzer bleibt auf der Schulter des Wallachs zurück.
Dunkle Körper liegen verstreut auf dem Ödland.
»Ser! Da läuft er!«
Lorns Augen verfolgen den einzigen überlebenden Leoparden. Er ist erst zurückgelaufen zur Sperrenmauer, dann nach Osten abgebogen und schließlich zur äußeren Straße gerannt, so weit weg, dass die Feuerlanzen gegen die geschmeidige, dunkle Katze nichts mehr ausrichten können.
»Ser! Den können wir nicht mehr erreichen!«
»Bleibt, wo ihr seid!«, befiehlt Lorn und bemerkt das grimmige, beinahe erfreute Lächeln auf Olisenns aufgedunsenem Gesicht. Er holt tief Luft und denkt über diesen weiteren geflüchteten Leoparden nach, der zweifelsohne wieder auf irgendeine Weise auf ihn zurückfallen wird. Niemanden wird es interessieren, dass die Zweite Kompanie von fast zwanzig Nachtleoparden alle bis auf einen einzigen getötet hat.
»Stehen bleiben!« Kusyl und Olisenn wiederholen den Befehl.
Lorn wischt sich mit dem Ärmel den Schweiß aus den Augen. Wieder wendet er den Blick nicht von der Krone und fragt sich, ob auch noch eine Riesenkatze auf sie lauert oder eine Schlange, oder noch Schlimmeres.
Er kommandiert die Zweite Kompanie nun schon seit fast drei Jahreszeiten … und hat es fast auf jeder zweiten oder dritten Patrouille mit einem umgestürzten Baum zu tun. Wird der Wald die nordöstliche Sperrenmauer auch weiterhin in diesem Ausmaß prüfen? Selbst wenn es so ist, was kann er dagegen tun? Außer seine Lanzenkämpfer richtig postieren und jede Bewegung von Olisenn genau beobachten?
»Stehen bleiben«, befiehlt Lorn müde. »Wir müssen einen Kurier nach Ostend schicken.«
Wieder einmal.
XXVI
L orn starrt auf die Schriftrolle, die auf seinem Schreibtisch im hinteren Arbeitszimmer liegt, und dann aus dem Fenster. Draußen fällt ein warmer Nieselregen nieder und dampfender Nebel steigt von den Granitsteinen des Hofes auf. Der Nachmittag seines freien Tages ist fast verstrichen und er hat noch immer nicht alle der angefallenen Berichte geschrieben. Er kann sich nicht erinnern, wann er in der letzten Zeit einmal die Muße gehabt hat, Ryalth oder seiner Familie zu schreiben; und dann muss er Kommandant Meylyd noch ersuchen, den Hufschmied für das Beschlagen von zehn Pferden zu bezahlen.
Schließlich nimmt der Lanzenkämpferhauptmann die Schriftrolle von Major Maran ein zweites Mal in die Hand und liest sie langsam durch.
… es ist wohl richtig, dass die Zweite Kompanie einer bislang einzigartigen Anzahl von Ausbrüchen des Verwunschenen Waldes gegenübersteht, aber das entbindet Euch nicht von Eurer Verantwortung für die Sicherheit des Volkes von Cyador.
Lorn schnaubt. Es ist ja schließlich nicht so, dass ihn noch niemand auf diese Verantwortung aufmerksam gemacht hätte – das Patrouillenhandbuch zuallererst. Seine Augen wandern zurück auf die Schriftrolle.
Kommandant Meylyd erhielt mehr als ein Dutzend Schriftrollen, in denen größere Anstrengungen bei der Bekämpfung der Raubtiere aus dem Verwunschenen Wald erbeten wurden, und ich übermittle Euch hiermit dieses Anliegen. Alle Spiegellanzenkämpfer wissen um die Schwierigkeiten, die in der Erfüllung der uns auferlegten Pflichten liegen – welchen wir oft ohne ausreichenden Nachschub und Unterstützung nachkommen müssen. Das erfordert lange Achttage und einzigartigen Krafteinsatz. Dies ist das Leben, aber auch der Ruhm eines Offiziers der Spiegellanzenkämpfer. Wie von allen anderen Offizieren der Spiegellanzenkämpfer verlangt man auch von Euch, dass Ihr Eure Pflicht erfüllt, und zwar mit allen Mitteln, die Euch zur Verfügung stehen. Ausreden und Entschuldigungen
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