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Freiheit für Cyador

Titel: Freiheit für Cyador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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dass Olisenn nicht erfährt, über welches Wissen Lorn verfügt.
    Dann geht er hinaus in die vordere Amtsstube, Olisenn ist bereits davongeeilt.
    Während Lorn langsam in seine Gemächer schlendert, überlegt er sich die nächsten Schritte. Marans Schriftrolle ist ohne Zweifel als Versuch zu deuten, Lorn in eine ausweglose Lage zu bringen. Der Gebrauch von Chaos ist den Lanzenkämpfern strikt verboten, und nun besteht Maran darauf, dass Lorn kein einziges Tier mehr aus dem Wald entkommen lässt. Unter den gegenwärtigen Umständen wird dies Lanzenkämpfer und Pferde zugrunde richten und die Verluste nur noch erhöhen. Mehr Verwundete und Gefallene bedeuten aber auch weniger Ersatzlanzenkämpfer und höchstwahrscheinlich auch mehr Waldtiere, die ihnen entwischen.
    Lorn holt tief Luft, als er seine Unterkunft betritt. Langsam schreitet er auf und ab, dann nimmt er das Buch mit dem Silbereinband aus seinem Versteck und blättert darin. Er fragt sich, ob der ehrwürdige Erstgeborene, der die Zeilen auf diese unvergänglichen Seiten schrieb, es jemals mit einem Major Maran zu tun hatte. Was hätte er – oder sie – unternommen? Welche Vorkehrungen getroffen?
    Lorn blättert weiter durch die Seiten. Plötzlich hält er inne und liest.
     
    Ich habe keine Seele,
    nur einen zerrissenen Kern …
    Gefühle eingetrocknet und weggestellt in die Regale des Selbst,
    in den tiefen Keller,
    wo Vorkehrungen getroffen werden müssen.
     
    Vorkehrungen müssen getroffen werden.
    Ich habe sie getroffen,
    zusammengetragen die wilden Überreste aus fruchtlosen Tagen,
    gehortet das schwer Errungene der kalten Vernunft gegen noch kältere Zeiten.
     
    Vorkehrungen müssen getroffen werden und ich habe sie getroffen.
     
    Er nickt langsam. Das trifft zwar nicht genau Lorns Lage, aber eine grundlegende Wahrheit kann er darin erkennen. Vorkehrungen müssen getroffen werden, Vorkehrungen der kalten Vernunft gegen noch kältere Zeiten. Vielleicht … vielleicht … unterschieden sich die Erstgeborenen doch nicht ganz so stark von ihm.
    Doch zu beruhigen vermag ihn das nicht, und Lorn läuft ein Schauder über den Rücken, als er das Buch schließt.

 
XXVII
     
    V orkehrungen müssen getroffen werden …« Diese Worte spuken in seinem Kopf herum, während der weiße Wallach langsam nach Südosten weitertrabt. Diesmal patrouilliert Lorn mit Kusyl und der Zweiten Einheit auf der Perimeterstraße. Manchmal glaubt er, dass Hals und Rücken doppelt so steif werden, wenn er mit der Ersten Einheit reitet, und es kostet ihn einige Mühe, Olisenn nicht die ganze Zeit über offen anzustarren.
    Bis jetzt hat er jedoch noch nichts gegen den schwergewichtigen Truppenführer in der Hand, das man einen Beweis nennen könnte. Lorn weiß nur, dass der Mann in ständiger Verbindung mit Major Maran steht, dies jedoch abstreitet, und dass der Haupttruppenführer Lorn zunehmend verachtet. Olisenns Verachtung ist jedoch unbegründet, denn all die anderen Offiziere und auch Kusyl haben auf irgendeine Weise bestätigt, dass die Zweite Kompanie es mit weit mehr Mauerbrüchen als bisher üblich zu tun hat und dabei trotz der Gefahren bisher nur wenig Verluste hinnehmen musste.
    Nein … Lorn hat sich am Anfang nicht so angestrengt, wie er eigentlich sollte. Das gesteht er ein, zumindest sich selbst. Aber niemand hat ihm Hilfe angeboten und er musste alle Erfahrungen selbst machen. Er musste auch lernen, dass der Verwunschene Wald die wilden Tiere immer zuerst die Lanzenkämpfer angreifen lässt; erst danach flüchten sie. Oder greifen sie nur an, wenn sie irgendwie wissen, dass die Lanzenkämpfer und Ingenieure den jeweiligen Baum zerstören werden? Was von diesen Möglichkeiten nun zutrifft, weiß Lorn nicht zu sagen, er weiß nur, dass der Wald während seiner bisherigen Dienstzeit in Jakaafra immer nach dem gleichen Muster ausgebrochen ist.
    Der Hauptmann stellt sich für einige Sekunden in die Steigbügel, dann blickt er nach rechts auf die mit großem Abstand reitende Reihe von Lanzenkämpfern. Verlangt man von ihnen, dass sie in den kommenden Jahren den Verwunschenen Wald zurückhalten, ohne wirkliche Hoffnung auf Erfolg? Nur um noch einige Jahre oder Jahreszeiten für Cyador erkaufen zu können?
    Lorn lacht. Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt. Das weiß er längst. Eines Tages wird die Sperrenmauer fallen, selbst wenn das Vorhaben, von dem Ciesrt gesprochen hat, Erfolg haben sollte und ein anderer Weg – ganz gleich welcher dies auch sein mag – gefunden

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