Freiheit für Cyador
sich der Kaiser und seine Gemahlin nach einer Audienz in den Salon der Kaiserin zurückziehen, wo sie sich Seite an Seite auf dem weißen Diwan niederlassen.
Toziel betrachtet seine Gemahlin. »Jetzt haben wir wirklich häufig genug über die Sperren für den Verwunschenen Wald gesprochen. Chyenfel müsste sie nun ohne Störungen bauen können.«
»Du hättest ihm schon vor einem Jahr befehlen können, damit anzufangen«, meint Ryenyel, »wären da nicht noch die anderen Erwägungen gewesen.«
»Das Volk – und dazu gehören auch hochrangige Berater – muss immerzu reden und sich selbst wiederholen, so lange, bis alle mit einer neuen Sache zufrieden sind, denn wenn sie es nicht sind …«
»Dauert es noch länger«, vervollständigt Ryenyel den Satz.
»Und ich stehe da, als wäre ich beschränkt, als müsste man mich förmlich zwingen, dem Plan zuzustimmen.« Toziel schüttelt den Kopf.
Beide lächeln.
»Und all die Magi’i mussten erfahren, dass die Türme irgendwann versagen werden.«
»Du meinst Kharl und Liataphi … vielleicht noch Kien«, meint Ryalth.
»Kien weiß es. Er hat es immer gewusst. Er berät lieber und bleibt im Hintergrund. Deshalb wird er auch niemals Erster Magier werden wollen. Nicht einmal Dritter.«
»Viele wären dagegen.«
Toziel grinst sie an. »Aber du würdest zustimmen und ich vertraue deiner Urteilsfähigkeit.« Das Grinsen verschwindet und Toziel schreitet zum Fenster. Dort betrachtet er eine Weile den heftigen Herbstregen draußen, bevor er sich wieder umdreht. »Mit jedem weiteren Achttag riskieren wir das Versagen eines weiteren Turmes und einen Vorstoß des Verwunschenen Waldes, den wir vielleicht nicht mehr zurückdrängen können.«
Nach kurzem Schweigen meldet sich die Kaisergemahlin zu Wort: »Rynst weiß nun, dass Bluoyal mithilfe der Türme und Lanzenkämpfer allein die Händlerschiffe unterstützen möchte. Er kann Chyenfel zwar nicht leiden, aber er hat jetzt immerhin erkannt, dass er dem Ersten Magier mehr trauen kann als dem Zweiten und Dritten.«
»Erst jetzt?«, schnaubt Toziel. »Oder fürchtet er Bluoyal mehr als die Magi’i?«
»Bluoyal wandelt auf einem schmalen und gefährlichen Pfad und versucht sein Bestes, damit die Lanzenkämpfer und Magi’i nicht bemerken, dass deren Interessen besser zusammenpassen als seine mit ihren.« Ryenyel greift nach dem Kelchglas mit Quellwasser auf dem Tisch und leert es in einem Zug.
»Sie haben es schon bemerkt. Schon längst.« Das Lächeln des Kaisers wirkt kalt. »Aber keiner kann es sich leisten, den anderen mit Bluoyal verbündet zu sehen. Sie wissen aber auch, dass es außerhalb der drei Städte nur wenige Magi’i und Lanzenkämpfer gibt. Sie verhalten sich wie zwei Riesenkatzen gegenüber einem Rudel Nachtleoparden. Sehr vorsichtig nämlich.«
»Und wenn die Türme versagen?«, fragt Ryenyel.
»Es wird die Türme noch geben, auch wenn wir schon längst nicht mehr sind«, antwortet Toziel.
»Aber nicht mehr viele und dann nicht mehr für lange. Warum zögerst du mit der Antwort?«
»Das weißt du genauso gut wie ich, meine Liebe. Man wird mehr Lanzenkämpfer zur Verfügung haben, die gegen die Barbaren kämpfen, aber die Magi’i, die Chaos aus ihrer Umgebung schöpfen, werden weniger zahlreich sein.« Er zuckt die Schultern. »Dadurch wird der Einzelne mächtiger, die Familien hingegen werden an Macht verlieren. Bluoyals Nachfolger werden irgendwann feststellen, dass sie die Lanzenkämpfer immer noch brauchen, aber nicht bevor etliche von ihnen umgekommen und viele Schiffe verloren sind.«
»Es wird sich also nur wenig ändern«, prophezeit Ryenyel.
»Die Äußerlichkeiten nicht, aber die zukünftigen Kaiser müssen entweder mächtige Magi’i sein oder sich der Loyalität der Spiegellanzenkämpfer sicher sein, denn Lanzenkämpfer und Magi’i können einen Kaiser vernichten. Dazu brauchen sie die Unterstützung der Händler, denn ohne diese wird das nötige Gold nicht vorhanden sein, um die Spiegellanzenkämpfer zu finanzieren.«
»Bluoyal glaubt langsam, dass er entscheiden kann, wer dein Nachfolger wird. Ich frage mich, ob er wohl derjenige ist, der den brystanischen Säbel versteckt … oder den Mann, der ihn besitzt.«
»Dieser Teil des Rätsels ist noch nicht gelöst.« Toziel sinkt auf den Diwan nieder und atmet schwer.
»Nein«, antwortet sie, »aber bald. Bluoyal glaubt, dass die Händler in wenigen Jahren den Palast des Lichts kaufen können.«
»Für eine Jahreszeit vielleicht, in
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