Freiheit für gequälte Tiere!
Kordel drumgebunden als Schlaufe zum
Durchgreifen. Das ganze Ding sieht aus wie ein Totschläger. Kapiert ihr?“
„Ich nicht“, sagte Klößchen.
„Es ist ein Indiz, Willi, ein
Hinweis. Mit dem Rohr kann Bodo zuschlagen. Auf schöne, neue Autos. Sargnägel,
Zigaretten und Coke braucht er als Doping, damit er nicht einschläft, wenn er
nachts arbeitet — als Demolierer.“
Klößchen schnalzte.
Gaby zog fröstelnd die
Schultern hoch.
Karl sagte: „Soviel Proviant —
das könnte bedeuten: Er will heute nacht wieder los.“
Tim nickte. „Garantiert. Mein
Instinkt sagt das auch.“
„Und die Schokolade?“ fragte
Klößchen entsetzt. „Ich dachte immer, Verbrecher mögen keine. Ist es etwa
Sauerlich-Schokolade aus unserer Firma?“
„Beruhige dich. Es ist ganz
gewöhnliche Schweizer Schokolade.“
„Na, Gott sei Dank! Dem Kerl
würde ich’s verbieten, unsere Erzeugnisse zu essen. Überhaupt: wozu braucht der
Schokolade, wenn er Autos kaputthaut?“
„Nachtarbeit macht Hunger“,
erklärte Gaby. „Die einen nehmen sich Butterbrote mit, die anderen Süßigkeiten.
Das müßtest du doch am besten wissen.“
„Nachts arbeite ich nicht“,
knurrte Klößchen. „Nachts liege ich in der Falle.“
„Heute nacht nicht“, sagte Tim.
„Heute nacht sind wir hier und lauern ihm auf. Sowie er loslegt, machen wir ihn
nieder. Dann quetschen wir das Unfall-Geständnis samt Fahrerflucht aus ihm raus
und verständigen Gabys Vater.“
Gaby seufzte und pustete gegen
ihren Goldpony. „Also wieder eine nächtliche Aktion, bei der ich nicht
mitmachen kann.“
„Ist auch richtig so“, meinte
Klößchen. „Kleine Mädchen gehören ins Bett.“
Gaby, die Klößchen
zweifingerbreit überragt, reckte sich auf die Zehenspitzen.
„Kleine Pfannkuchen auch.“
„Streitet nicht!“ gebot Tim.
„Deine Eltern, Gaby, würden es nie erlauben. Außerdem ist so was hier
Männersache. Beim Nachtfrost könntest du dich erkälten, und wenn Möngheym mit
uns schlägert, wird’s sowieso ein harter Kampf. Schlapp sieht der Typ nicht
aus. Und er hat das Eisenrohr.“
Gaby fröstelte weiter. Dann
mußte sie niesen, wobei sie das Gesicht in die Jacke steckte.
„Gesundheit!“ sagten die Jungs
im Chor.
7. Todeswagen rollen durch
Europa
Die Frau hatte eine angenehme
Stimme. Und die verriet ihr Wesen, ihren Charakter.
Ulrich Panke wußte nicht, wie
Christa Löhberger aussah. Aber er machte sich ein Bild von dieser Frau, die ihr
Leben dem Tierschutz verschrieben hatte.
Eine sanfte Stimme. Doch Ulrich
spürte den festen Willen dahinter, den Kampf gegen die Quälerei, gegen die
Bestialität — gegen die Gemeinheit gewisser Menschen.
Ulrich hatte sie angerufen,
auch gleich erreicht und erklärt, ihm — dem Arbeitslosen — sei da ein Job
angeboten worden als Fahrer von Schlachtvieh-Transporten: von hier nach
Italien. Pferde, vor allem. Er sei nicht abgeneigt, habe aber einiges gehört —
Unerfreuliches. Ob das zuträfe, ob sie was wisse.
„Ich weiß zuviel“, antwortete
Christa Löhberger. „Und je mehr ich weiß darüber, um so schlechter schlafe ich.
Diese Transporte sind das Schlimmste, was man Tieren — Schlachttieren — antun
kann. Anfangs konnte ich die Informationen nicht glauben. Also habe ich mich
vor Ort überzeugt. Die Tatsachen sind furchtbar. Ich erzähle Ihnen gern, was
Sie erwartet, Herr Panke.“
„Ja, bitte.“
„Schlachtvieh-Transporte sind
die Hölle. Tausende gehen täglich von Osteuropa nach Italien, von Polen nach
Frankreich, von Holland und Dänemark in den Süden. Die meisten durchqueren
Deutschland. Aber wir sehen weg, wenn diese Todeswagen — dreistöckig zum Teil —
vorbeirollen. Hinter den Luftschlitzen geht es zu wie im schlimmsten
Horrorfilm. Tiere trampeln sich gegenseitig tot. Tiere werden zerquetscht, weil
man sie zusammenpfercht, daß sie sich nicht rühren können. Sie werden nicht
getränkt, nicht gefüttert. Im Sommer ersticken sie bei der Hitze. Bei
Bremsmanövern brechen Beine und andere Knochen. Viele Tiere werden von den
Fahrern mißhandelt, mit Eisenstangen geschlagen oder mit Elektrostäben
getrieben — beim Einladen, beim Ausladen. Alles muß ja schnell gehen. Denn Zeit
ist Geld. Die Tiere sind schmerzgepeinigt. Sie sterben auf diesen Todesreisen.
Ich spreche von Pferden, Schafen, Schweinen, Rindern. An den Grenzstationen —
zum Beispiel in Prosecco an der italienisch-jugoslawischen Grenze — werden in
jedem Jahr die Tierleichen, die Kadaver, zu Tausenden aus
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