Freiheit für gequälte Tiere!
mit dem brutalen
Unfallflüchtling, der Sabine Kolwig zusammengefahren hat.“ Sengblai verzog das
Gesicht. „Eigentlich müßte ich dir das verbieten.“
„Ja, eigentlich.“
„Das Internat trägt auch nachts
die Verantwortung für seine Heimschüler.“
„Ich weiß. Und das ist es ja
gerade: Klößchen und ich handeln überaus verantwortungsbewußt — in einem
höheren Sinn verstoßen wir dabei gegen die Hausordnung. Karl haut auch ab von
zu Hause.“
„Und Gaby?“
„Gaby nicht. Meine Freundin
halte ich da raus. Mädchen brauchen ihren Schlaf für die frische Gesichtsfarbe.
Nicht daß wir Gaby ausschließen. Niemals! Sie darf alles mitmachen, aber sie
muß es nicht tun. Nicht solch gefährliche Nacht-Aktionen.“
„Ich bin ja noch nicht so lange
hier. Trotzdem habe ich schon vom Direktor gehört, wie umtriebig du bist. Läßt
nichts aus, was nach Abenteuer schmeckt.“
„Das ergibt sich so.
Hauptsächlich geht’s uns, der TKKG-Bande, um Gerechtigkeit. Wo wir auf eine
faule Sache stoßen, forschen wir nach.“
„Und wie kommt ihr beide hier raus?
Die Türen sind doch alle dicht.“
Tim grinste noch mehr. „Wir
haben eine Strickleiter. Aber wenn Sie das weitererzählen, reiße ich Ihnen
zwei, drei Gliedmaßen ab.“
Sengblai, der einen
Stachelbeer-Bart trug im markanten Gesicht, hob abwehrend die Hand.
„Du verpfeifst mich nicht, ich
verzinke dich nicht. Und die Umständlichkeit mit der Strickleiter könnt ihr
euch sparen. Hier!“
Er zog einen Schlüssel aus der
Tasche und ließ ihn in Tims Hand gleiten.
„Kücheneingang?“ fragte der
TKKG-Häuptling.
„Klar. Aber laßt euch nicht
erwischen. Und morgen kriege ich ihn wieder.“ Er meinte den Schlüssel.
Jetzt, auf dem Bett liegend,
dachte Tim: Pauker sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Besonders die
jungen Typen sind aufgeschlossen wie Komplizen.
„Willi!“ sagte er in die
Dunkelheit.
„Ja?“
„Bist du fertig mit deiner
Schokolade?“
„Leider schon viel zu lange.
Stärken mußte ich mich ja schließlich.“
Sie waren angezogen, schlüpften
jetzt nur in die Windjacken. Klößchen steckte rasch noch Wegzehrung ein,
natürlich wieder Schokolade.
Leise verließen sie ihre Bude,
das ADLERNEST.
Leise über den Flur. Aber in
der Bude MARDERFALLE dudelte ein Radio.
Tim öffnete die Tür.
„Stülp dir Kopfhörer über die
Ohren, Sebastian! Oder mach die Dröhnkiste aus. Andere wollen schlafen.“
„Jaja, schon gut!“ maulte
Sebastian Strickleder, der heute nacht allein in der MARDERFALLE schlief. Paul
und Hendrik, seine Budenkameraden, hatten Frühjahrsgrippe und lagen auf der
Krankenstation.
Tim und Klößchen liefen die
Treppe hinunter. Leise, leise. Zum Speisesaal. Zu den Küchenräumen. Hinter dem
Wirtschaftsraum war die Tür verschlossen, die ins Freie führte. Aber der
Schlüssel paßte.
Wenig später saßen beide auf
den Tretmühlen, radelten durchs Tor — das Tag und Nacht offensteht — und über
die lange Zubringerstraße, die Chaussee, in Richtung Großstadt, wo die Lichter
himmelwärts strahlten und eine gelbdunstige Glocke sich bildete über Dächern
und Türmen.
Nach 20 Minuten die ersten
Häuser. Hinter dem Schlachthof stießen sie auf Karl. Er hatte eine Taschenlampe
mitgebracht und fror im Nachtwind.
Während sie weiterradelten,
erzählte Tim, wie Sengblai sich mit ihnen verbündete.
„Vielleicht will er Mitglied
bei uns werden“, lachte Karl.
„Kommt nicht in Frage!“ sagte
Klößchen. „TKKG bleibt ein Viererclub. Für immer und ewig.“
„König Lear wird heute abend
nicht gespielt“, sagte Karl. „Fällt aus, weil drei Schauspieler erkrankt sind.
Grippe. Das stand heute morgen in der Zeitung. Ich wette, Sengblai hat es
gelesen.“
„Aber weshalb fährt er dann zur
Stadt?“ fragte Klößchen.
„Willi!“ Tim schüttelte den
Kopf. „Natürlich wegen seiner Süßen. Sie ist wirklich süß. Neulich habe ich sie
gesehen. Hat langes schwarzes Haar und Augen wie eine Zigeunerin. Sengblai ist
so verknallt, daß er sich neuerdings die Schuhe putzt. Demnächst — da wette ich
— kauft er sich eine neue Krawatte.“
„Die braucht er dringend“,
meinte Klößchen. „Ich glaube, er hat nur eine: die blau-rote. Und beim
Frühstück kleckert er immer. Wahrscheinlich stammt das rote Muster von unserer
Himbeermarmelade. Mein Gott! Wie lange essen wir die schon? Seit Anfang
Oktober. Die Wirtschaftsleiterin muß nicht ganz bei sich gewesen sein, als sie
diesen Vorrat einkaufte.
Weitere Kostenlose Bücher