Freiheit fuer Mama
gegenüber dem, was wir Mütter alles leisten, schreit wirklich zum Himmel: Wir sind doch diejenigen, die rund um die Uhr im Job sind. Selbst wenn wir mal Kaffee trinken gehen – meistens wird der kalt, weil das Kind gerade schreit, gestillt oder gewickelt werden will. Und dann die ewige Aufräumerei, Wascherei und Putzerei und die fehlende Anerkennung dafür. Ich habe gerade in der Morgenpost gelesen, dass nur 19 Prozent der Frauen finden, ihre Leistungen im Haushalt würden ausreichend gewürdigt. Das heißt doch auch: 81 Prozent bekommen keine Anerkennung. Das kann ich nur unterschreiben.
Ich finde, die Männer haben es gut. Sie können sich morgens gemütlich in die S-Bahn oder ins Auto setzen, einen zweiten Becher Kaffee trinken, die Zeitung lesen und sich dann voller Elan und mit ganzer Power ihrem Beruf widmen. Und vor allem können sie eins: Die Dinge zu Ende führen, die sie angefangen haben, wie zum Beispiel die Seite in der Zeitung von oben nach unten lesen statt nur quer, den Kollegen ungestört zuhören, mittags den Teller leer essen und danach sogar auch noch alleine zur Toilette gehen. Das ist der pure Luxus!
Ich dagegen bin von sechs Uhr morgens bis neun Uhr abends im Dienst. Ich bin Putzfrau, Klofrau, Kinderfrau und Waschfrau. Ich kann nicht alleine aufs Klo gehen, in Ruhe duschen oder ungestört essen, weil Paul mich auf Schritt und Tritt verfolgt. Wenn ich mir gerade ein Käsebrot in den Mund schiebe, weil die Zeit für eine warme Mahlzeit mittags meist nicht reicht, dann macht Paul garantiert in die Windel, und ich muss aufstehen, ihn umziehen. Und dann diese Nachtschichten. Es soll ja Kinder geben, die schlafen schon mit sechs Wochen durch. Paul ist jetzt bald ein Jahr alt und ruft nachts immer noch alle zwei bis drei Stunden nach mir. Darum bin ich mit den Nerven fertig. Jawohl, ich bin von dem »bisschen« Alltag mit Kind geschafft . Ich bin fix und fertig! Alle! Mir reicht’s!
Das, was die Umfrage der Morgenpost ergeben hat, ist wirklich das Schlimmste für uns Mamas: dass wir kaum Anerkennung bekommen für den Dienst am Kind. Vielleicht sagt dir mal jemand: »Toll, wie du das alles schaffst. Dein Kind ist nie vollgekleckert und den Brei kochst du auch noch selbst.« Aber das ist es ja nicht, was wir hören wollen. Du willst echte Anerkennung. So, wie früher im Beruf. Als alle um dich herum standen und dich lobten, weil du einen echten Coup gelandet hast, weil die Bilanz stimmte oder du die Firma richtig vorangebracht hast.
Ein Kind großzuziehen ist ein sehr verantwortungsvoller Job. Er ist schwieriger und aufwendiger, als einen Businessplan zu erstellen – und er erfordert Power ohne Ende. Du brauchst Geduld, Einfühlungsvermögen und Empathie. Und noch 99 andere Fähigkeiten. Aber das sieht ja keiner. Mama zu sein, das ist nichts wert. Das gilt als Freizeitangelegenheit. Als Dauer-Kaffeekränzchen mit Platz an der Sonne im Reigen der anderen Muttis. Wenn ich das höre, dann krieg ich einen Fön.
Während ich hier so in der Wanne liege, erwische ich mich dabei, dass ich an früher denke. Ich erinnere mich daran, wie es war, als ich noch kein Kind hatte. Da habe ich ganze Nachmittage in der Wanne verbracht. Ich habe immer wieder warmes Wasser nachlaufen lassen, so ewig lange habe ich mich im Wannenwasser gerekelt. Abends war ich auf einer Party, und am nächsten Tag konnte ich ausschlafen. Dann lesen, mich zum Kaffeetrinken verabreden. Und wenn ich wollte: wieder baden. Und noch mehr lesen.
Aber da zwickt jetzt was in meinem Bauch. Denn ganz stimmt das wohl nicht, was ich denke. Ich erinnere mich leise daran, dass es auch die ewig langen, langweiligen Wochenenden gab, an denen keine Freundin Zeit hatte und der Freund weit weg war. An denen ich die Bude von oben bis unten geputzt habe, dann in irgendeine Ausstellung ging, damit die Zeit rumgeht, um dann wieder in die öde Wohnung zu kommen. Oder es gab die Samstage, an denen ich rund um die Uhr am PC saß, weil noch etwas fertig gearbeitet werden musste. Oder die Come-together-Seminare mit Kollegen übers Wochenende, aus denen ich total erschöpft in die Arbeitswoche startete. Na, das war alles auch kein Kinderspiel.
Das Badewasser kühlt langsam ab. Ich habe schon dreimal heißes Wasser nachlaufen lassen, die Wanne ist jetzt so voll, dass sie fast überschwappt. Aber ich will auch gar nicht länger baden, ich will hier raus. Ich merke, dass ich ein bisschen rappelig werde. Ich bin das Stillliegen einfach nicht mehr
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