Freiheit statt Kapitalismus
darf es nicht. Ebenso wenig wie irgendein anderer Staat der Eurozone.
Die Inflationslüge
Um zu verhindern, dass die Europäische Zentralbank nicht nur die Banken, sondern auch die Staaten direkt finanziert, wurde in den Europäischen Vertrag von Lissabon sogar extra ein Verbotsartikel aufgenommen, der Artikel 123. Als Grund für diesen Widersinn wird in der Regel angeführt, dass die Finanzierung öffentlicher Defizite über die Notenbank Inflation erzeugen würde.
Tatsächlich sind historische Beispiele, die das belegen, rar. Die japanische Notenbank hat in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten japanische Staatsschulden von vielen Billionen Yen aufgekauft und finanziert– dennoch hatte Japan nicht mit Inflation, sondern mit einer hartnäckigen Deflation zu kämpfen. Die amerikanische Notenbank Fed hat seit Beginn der Finanzkrise 2008 US-Staatspapiere im Wert von etwa 1,6 Billionen Dollar erworben. Und auch in den USA gibt es keine Anzeichen einer inflationären Preisentwicklung. Für die deutsche Hyperinflation der zwanziger Jahre, die immer wieder als Beispiel angeführt wird, waren im Gegensatz dazu nicht die Druckerpresse, sondern der verlorene Krieg und die Reparationen verantwortlich, die Zahlungsansprüche begründet hatten, die die deutsche Wirtschaftsleistung weit überstiegen.
Wenn die Nachfrage schneller wächst als das Güterangebot, entsteht in der Regel Inflation. Da Geld in einem Papiergeldsystem, wie wir es heute haben, prinzipiell unbegrenzt vermehrbar ist, sind solche Systeme immer inflationsanfällig. Entscheidend ist allerdings nicht, wie viel Geld im Umlauf ist, sondern wie viel Geld tatsächlich Nachfrage nach realen Gütern und Leistungen schafft. Wäre es anders, würde angesichts der gewaltigen Geldmengen, die die Europäische Zentralbank augenblicklich in den Markt pumpt, im Euroraum längst Hyperinflation grassieren. Wahr ist allerdings: Wenn die Staaten auf ähnlich unlimitierte Weise von der EZB mit Geld vollgepumpt würden wie heute die Banken, dann bestünde reale Inflationsgefahr.
Ein vernünftiges Defizitkriterium
Das heißt jedoch nicht, dass Inflation die zwangsläufige Folge ist, wenn öffentliche Defizite über die Notenbank finanziert werden. Natürlich müssen sich Notenbankkredite an Staaten in eng umrissenen Grenzen bewegen. Als ihr sinnvollster Gegenstand bieten sich wachstumsfördernde, Wohlstand vermehrende Investitionen an. Sie würden unmittelbar dazu führen, dass nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Wirtschaftsleistung wächst. Ein vertraglich fixiertes, die Konjunktur berücksichtigendes Defizitkriterium, das den nicht zu überschreitenden Prozentsatz in Bezug auf das Bruttoinlandsprodukt festlegt, wäre bei direkter Notenbankfinanzierung auf jeden Fall notwendig.
In einer Krise allerdings ist die private Nachfrage in der Regel zu niedrig, um die Wirtschaft auch nur annähernd auszulasten. Untersolchen Bedingungen sind öffentliche Defizite unerlässlich, um eine Abwärtsspirale und den mindestens ebenso gefährlichen Gegensatz von Inflation zu vermeiden: Deflation. Wenn die Staaten ihre Defizite über die Notenbank finanzieren könnten, entstünden daraus nahezu keine Zinsansprüche, die das staatliche Budget in der Zukunft belasten würden. Damit sinkt der künftige Verschuldungsbedarf beziehungsweise verschwindet ganz.
Wer also Sorge hat, dass ein vertraglich fixiertes Defizitkriterium wieder nicht eingehalten würde, sollte bedenken: Die Gefahr einer uferlosen Notenpresse ist in dem heutigen System ungleich größer als nach den hier vorgeschlagenen Veränderungen. Gerade, weil die Staaten dann weit weniger Kredit brauchen würden und die Zentralbank diese Kreditbedürfnisse direkt bedienen könnte.
Heute tut sie es indirekt und muss deshalb ungleich mehr Geld zur Verfügung stellen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die aktuellen gewaltigen Geldemissionen nicht zuletzt den Zweck verfolgen, die Refinanzierungsbedingungen der Staaten zu verbessern und so ihre Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Das Kalkül ist, dass von dem vielen Geld, mit dem man die Banken überschwemmt, ein gewisser Teil zusätzlich in Staatsanleihen investiert wird. Dass das Kalkül aufgeht, zeigt die Entwicklung der langfristigen Zinsen etwa auf italienische Staatsanleihen, die von 7 Prozent im letzten Herbst auf gut 5 Prozent gesunken sind. Auch die Finanzierungssituation Spaniens hat sich etwas entspannt.
Das Problem ist eben nur, dass die Banken darüber entscheiden,
Weitere Kostenlose Bücher