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Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Titel: Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Grüter
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»der Jude« als individuell hinterhältig, verschlagen und geldgierig. Die meisten Antisemiten geben großzügig zu, dass es auch gute Juden gibt, aber der durchschnittliche Jude hat für sie negative Eigenschaften. Auch dem einzelnen Juden trauen viele Menschen die Verbrechen zu, die den Juden insgesamt zugeschrieben wurden. So gab es noch im späten neunzehnten Jahrhundert in Deutschland Prozesse gegen Juden wegen falscher Ritualmordvorwürfe, so 1873 in Enniger und 1891 in Xanten. Beide Fälle endeten mit Freisprüchen wegen erwiesener Unschuld. Die Staatsanwaltschaft
glaubte aber tatsächlich, dass die angeklagten Juden aus rituellen Gründen Christen umgebracht hatten. Die jahrhundertelange, von der Kirche erzwungene Trennung der Juden von den Christen und die Pflicht, bestimmte Kennzeichen zu tragen, nahm den Juden in den Augen der Christen ihre Individualität. Dadurch wurden sie zu gesichtslosen Vertretern des Kollektivs degradiert – und jedem Einzelnen wurden die negativen Eigenschaften der Gruppe zugewiesen.
    Mit der Öffnung der Ghettos im neunzehnten Jahrhundert hätte diese Stigmatisierung langsam verschwinden können. Der scharfe Antisemitismus konservativer Kreise und besonders der katholischen Kirche aber hielt die Vorurteile aufrecht und verstärkte sie erneut. In den USA , wo die Juden niemals in Ghettos gezwungen wurden, ist dieser individuelle Antisemitismus deutlich schwächer ausgeprägt. Er richtet sich vorwiegend gegen die Juden als anonyme Manipulateure des Finanzmarktes und der öffentlichen Meinung. Die europäische, auch im nahen Osten verbreitete Variante antisemitischer Verschwörungstheorien hingegen sieht schon den einzelnen Juden als Gegner. Solche Theorien bedrohen Juden schon unmittelbar als Person. Die europäischen Staaten sind deshalb gut beraten, an der scharfen Bekämpfung des Antisemitismus festzuhalten.

11 : Verschwörer und Dämonen der
modernen Welt
    Verschwörungen und Verschwörungstheorien der Gegenwart
    Die englische Sprache zeichnet sich durch eine im Deutschen unbekannte Flexibilität aus. Durch das Anhängen der Endung -ism (im Deutschen -ismus) entstehen im Handumdrehen neue Weltanschauungen. Der
Newsweek
-Redakteur Jonathan Alter sieht die Gegenwart als Zeitalter des »
conspiracism
« – ein unübersetzbares Wort, das die Neigung umschreibt, Politik und Katastrophen grundsätzlich als Ergebnis einer Verschwörung zu betrachten. Der amerikanische Historiker Richard Hofstadter schreibt eine solche Neigung dem »paranoiden Stil« bestimmter Gruppen und Individuen an den Rändern des politischen Spektrums zu, während er die Bereitschaft zum Konsens als Kennzeichen der politischen Mitte betrachtet. Diese Ansicht, die er im Jahre 1964 in
Harper’s Magazine
veröffentlichte, wurde zum Angelpunkt der Verschwörungsdiskussion unter amerikanischen Historikern. Daniel Pipes sieht die Neigung zum Verschwörungsglauben ebenfalls als individuelles, von der Norm abweichendes Denkschema.
    Der amerikanische Jurist und Buchautor Mark Fenster hingegen kritisiert, dass Hofstadters These eine Entschuldigung liefert, um politischen Protest jeder Art als Ausdruck einer krankhaften Geisteshaltung zu brandmarken. Auch der amerikanische Historiker Robert Alan Goldberg bezweifelt Hofstadters Analyse. Er geht davon aus, dass Verschwörungstheorien auch in den Hauptströmungen amerikanischer Politik eine große Rolle spielen. In der Tat zeigt die Sozialpsychologie, dass die Bereitschaft zum Verschwörungsglauben als eine Grundkonstante menschlichen Denkens gelten
muss. Lediglich die Themen wechseln und spiegeln die Ängste und Befürchtungen der Menschen in ihrem jeweiligen Zeitalter wider. Sehen wir uns einige Beispiele an:

Ruanda
    Am 6 .April 1994 starb der ruandische Staatschef Habyarimana, als seine Maschine in der Nähe des Flughafens der Hauptstadt Kigali abgeschossen wurde. Eine Gruppe von Offizieren aus der Volksgruppe der Hutu riss daraufhin die Macht an sich und begann einen Massenmord an der verfeindeten Volksgruppe der Tutsi. Bei dieser Gelegenheit ließen sie auch jeden Hutu ermorden, der ihnen politisch verdächtig erschien. Die Putschisten hatten vorsorglich eine große Anzahl von Macheten importiert, und so erschlugen Milizen und aufgehetzte Zivilisten in den nächsten drei Monaten fast eine Million Menschen mit Haumessern, Hämmern und Äxten. Das Massaker war sorgfältig geplant. Teilweise gingen die Milizen nach vorher erstellten Mordlisten vor. Nach drei Monaten

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