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Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer

Titel: Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Grüter
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bestehen und im orthodoxen Russland überlebte er sogar bis zu seiner Wiederbegründung im Jahre 1814 . Friedrich II . von Preußen und Zarin Katharina II . weigerten sich, das Auflösungsbreve zu verkünden. Es gehörte zu den Merkwürdigkeiten der damaligen Machtverteilung, dass eine päpstliche Anordnung nur dort wirksam werden durfte, wo der jeweilige Landesherr sie verkünden ließ. Das galt selbst dann, wenn es sich wie hier um eine innerkirchliche Angelegenheit handelte.
     
    Der nunmehr unübersehbare Machtverlust des Papstes führte zu weiteren Turbulenzen. Im Zuge der Französischen Revolution beschloss die Nationalversammlung 1790 die Beschlagnahmung des Kirchenbesitzes und die Nationalisierung der Kirche. Als Napoleon 1798 den Kirchenstaat aufhob, Papst Pius VI . gefangen nahm und die römische Republik ausrief, schien die zentrale Organisation der katholischen Kirche am Ende zu sein. Im Zuge der Restauration entstand jedoch der Kirchenstaat 1815 neu, und mit ihm, bereits ein Jahr früher, der Jesuitenorden.
    In den folgenden Jahren entwickelte sich der Orden zum wortgewaltigsten Unterstützer der reaktionären Politik der Kirche. Allerdings stießen die Jesuiten besonders in Spanien, Frankreich und Italien bei ihren Gegnern nicht nur auf Ablehnung, sondern auf regelrechten Hass. Sie galten als Speerspitze der reaktionären und antirevolutionären Kräfte. Am 17 .Juli 1834 stürmte eine fanatische Menge das Ordenshaus in Madrid und ermordete 15 Jesuiten.
Im Revolutionsjahr 1848 musste der Ordensgeneral aus Rom fliehen und kehrte erst zwei Jahre später zurück. Die Schweiz wies nach dem Sonderbundkrieg im Jahre 1848 alle Jesuiten aus und erlaubte erst 1973 wieder die Tätigkeit des Ordens.
    Mit der Gründung einer auf den Prinzipien der Aufklärung beruhenden säkularen Republik im Jahre 1776 hatten die USA bewiesen, dass ein solcher Staat möglich war und stabil sein konnte. Bis dahin hatten die Vertreter des Absolutismus dies immer bezweifelt. Die Französische Revolution hatte die Brüchigkeit der alten Einheit von Thron und Altar auch in Europa nachgewiesen. Die Monarchie von Gottes Gnaden war keine Selbstverständlichkeit mehr. Aber die Kräfte, die zu den alten Zuständen zurückkehren wollten, blieben stark und begannen, ihre Ansichten aggressiv zu vertreten. Dazu gehörte auch die Verleumdung der Gegner – eine Disziplin, in der ihnen Liberale und Antiklerikale auf der anderen Seite in nichts nachstanden. Nach dem Wiener Kongress schienen die Konservativen die Oberhand zu gewinnen, aber ihr Sieg bröckelte zunehmend.
     
    Der Jesuitenorden wuchs von 150 Mitgliedern bei seiner Wiederbegründung 1814 binnen 35  Jahren auf 6000 Mitglieder an. Man darf vermuten, dass er diesen Erfolg gerade der aggressiven Verteidigung alter Werte verdankte. Bereits Mitte des neunzehnten Jahrhunderts waren die Jesuiten wieder eine wichtige Stütze des Papstes geworden. Bei der Formulierung der bereits erwähnten Enzyklika
Quanta Cura
mit der Aufzählung von achtzig Irrtümern der Moderne haben Jesuiten aktiv mitgewirkt. Sie vertraten auch eine starke Stellung des Papsttums innerhalb der katholischen Kirche, den so genannten Ultramontanismus. Als internationaler Orden mussten sie schon im eigenen Interesse darauf hinwirken, dass die nationalen Kirchen nicht zu stark wurden.
    Eine so entschieden vorgehende Organisation wie der Jesuitenorden war natürlich auch weiterhin ständigen Anfeindungen ausgesetzt. Der Jesuit Bernhard Duhr hat 1902 in seinem Buch
100 Jesuitenfabeln
falsche Anschuldigungen aus mehreren Jahrhunderten zusammengetragen. In dieser Sammlung lassen sich mehrere Typen von Legenden unterscheiden: Eine richtet sich gegen vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten eines Ordensmitglieds, um dann daraus auf die moralische Verkommenheit des ganzen Ordens zu schließen.
    Ein weiterer Typ übertreibt angebliche Ordensregeln, um sie als Beweis für jesuitische Spitzfindigkeit oder Verlogenheit heranzuziehen. So schließen die Jesuiten einen Tyrannenmord nicht unter allen Umständen aus. Also streuten ihre Gegner das Gerücht aus, dass protestantische Fürsten um ihr Leben fürchten müssten, weil die Jesuiten sie als illegitime Herrscher, mithin als Tyrannen, einstufen könnten. Das ist jedoch schlichter Unsinn. Ein anderes Beispiel ist die angebliche jesuitische Verhaltensregel, dass der gute Zweck jedes Mittel heilige. Auch das ist nicht richtig: Im Jesuitenorden sind keine Verbrechen oder unmoralische

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