Freiwild
Erst mal duschen. Dann wollte ich nach meinen Dateien forschen.
Aber auch nach dem Abendessen war noch keine Mail angekommen. Missmutig schnappte ich mir meine Handtasche und machte mich auf den Weg in die Offiziersmesse. Offensichtlich war das das Einzige hier, was man abends so unternehmen konnte.
Dort angekommen setzte ich mich auf einen Hocker direkt an der Bar, mit dem Rücken zu den ganzen Gästen. Wenn ich nur die Ordonanz vor der Nase hatte, war ich nicht so abgelenkt. In mich versunken nippte ich an meinem Bier und schaute der Bedienung zu, wie sie Gläser spülte, Bier zapfte und Aschenbecher ausleerte.
Gerade als ich zahlen und zurück auf mein Zimmer gehen wollte, tippte mir jemand von hinten auf die Schulter. „Patrick!“, rief ich aus, mit dem schlechten Gewissen im Hinterkopf, mich nach seinem Zettel gar nicht gemeldet zu haben. „Wo warst du nur den ganzen Tag?“. Das klang nach Vorwurf. Ich fragte doch auch nicht danach, wo er den ganzen Tag gewesen war, oder? „Ich habe meinen Job gemacht, genau wie du“, antwortete ich, ein wenig schnippisch. Ich wollte von ihm nicht mit Vorwürfen überschüttet werden. Das stand ihm nicht zu, sich in mein Leben einzumischen.
„ Oh...“, er schaute irritiert aus der Wäsche: „Alles in Ordnung?“. Ich sagte zwar kurz angebunden „Ja“, meinte aber eigentlich das Gegenteil. Nein, nichts war in Ordnung. Lass mich mit Deinem Schoßhündchenblick in Ruhe. Ich will nicht verfolgt oder mit kleinen Botschaften überhäuft werden. Ich wollte dich ficken und das habe ich getan. Das ist doch nicht gleich ein Versprechen für die Ewigkeit!
„ Habe ich was falsch gemacht?“ Er ließ einfach nicht locker. Also gut, eine Erklärung. Langsam, damit er es auch verstand. Seufzend drehte ich mich zu ihm um und holte tief Luft: „Pass auf. Du hast eine Freundin zu Hause. Der Sex gestern mit dir war nett, aber das war es dann auch. Wir hatten zusammen unseren Spaß; das war doch das, was wir beide wollten. Mehr ist da nicht und wird es auch nicht werden.“ Getroffen von meinen Worten schaute Patrick mich fassungslos an: „Das ist nicht dein Ernst, oder? Nach der Nacht gestern....“. „Doch, ist es“, Ich schnitt ihm das Wort im Mund ab. Hatte er den Sex tatsächlich als so gut empfunden? Meine Entscheidung stand fest und ich wollte nicht auch noch angebettelt werden. Grausam riss ich ihm das Herz bei lebendigem Leib aus dem Körper. Ich sah, wie weh ihm meine Worte taten, aber ich hatte kein Mitleid mit ihm. Er hatte genauso gewissenlos fremdgefickt wie Peter. Er hatte es nicht besser verdient, als von mir schamlos benutzt zu werden. Im Gegensatz zu ihm hatte Patrick zu Hause noch eine Chance, das Geschehene zu verschweigen und weiter heile Welt zu spielen. Vielleicht war es besser so, als wenn sein Herz komplett an mir hängen würde und seine Freundin via Telefon von den Zuständen hier erfuhr.
Ihm stiegen die Tränen in die Augen. „Aber das kannst du mir nicht antun...“, heulte er auf. Himmel! Ich sah mich hilfesuchend um, denn eine Szene konnte nicht mehr weit sein.
„Darf ich die Dame auf ihr Zimmer geleiten?“. Eine vibrierende, dunkle, wohlbekannte Stimme in meinem Nacken ließ mich aufhorchen und ich bekam Gänsehaut. Wieder war es Oberfeldwebel Baumann, der mich rettete. Mit einem dankbaren Blick sah ich ihn an: „Sehr gerne“. Ich hängte mich in seinen angebotenen Ellbogen und er führte mich zur Tür, während Patrick dasaß und mit den Tränen kämpfte.
„ Armer Kerl. Was haben Sie nur mit ihm gemacht?“. Belustigt sah Baumann mich an. „Nichts weiter“, ich wollte ihm bestimmt nicht mein verkorkstes Liebesleben darlegen und über Patrick reden. Baumann glaubte mir zwar nicht, ließ es aber darauf bewenden. Der Herr Pressesprecher! Ein Gentleman! Innerlich schüttelte ich den Kopf und war erstaunt.
An meiner Zimmertür angekommen sahen wir uns an. Im Halbdunkel des Flurs sah ich seine dunklen Augen glitzern. Ich stockte kurz, dann gab ich ihm die Hand und bedankte mich artig dafür, dass er mich nach Hause gebracht hatte. „Immer wieder gerne“, meinte Baumann, bevor er mit einem Schmunzeln im Gesicht wegging. Ich stand noch einen kurzen Moment alleine vor der Zimmertür und wunderte mich.
Kapitel 5
Am nächsten Morgen hatte ich eine Mail von Baumann im Posteingang. Ich grinste, hatte aber auch Herzklopfen. Was er wohl wollte?
Jedenfalls waren schon mal die Bilder von meiner Arbeit im Anhang, dazu eine kleine Notiz: „Wenn
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