Freiwild
voneinander und rutschten auseinander. Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss und drehte mein Gesicht zum Fenster. Verstohlen stopfte ich mein Shirt wieder in die Hose.
Später sahen wir uns an. Wir hatten beide gewusst, dass jetzt weder die richtige Zeit noch der richtige Ort gewesen war, um die Sache zu vertiefen. Aber es war ein Nervenkitzel und ein netter Zeitvertreib gewesen. Wir grinsten im gemeinsamen Einverständnis und wussten, dass es vielleicht ein anderes Mal eine bessere Gelegenheit gäbe.
Kapitel 6
„Baumann!“ Ich stürmte in sein Büro, ohne auf sein „Herein“ zu warten. Ich war stinksauer. Eben gerade hatte ich seine Mail bekommen, in der er mir zu verstehen gab, dass kein einziges Bild der Patrouille das Camp verlassen durfte. Meine Mission war also völlig umsonst gewesen. Es lag nur an ihm, ob ich mir grundlos die Nacht um die Ohren geschlagen hatte und wollte mir das von ihm nicht vorschreiben lassen. Wütend knallte ich ihm meinen USB-Stick auf den Schreibtisch. „Was soll das? Wieso verbieten Sie mir diese Bilder? Das sind nur Fotos von einem Dorf!“. Ich schnaubte und stützte mich auf seinen Schreibtisch, wohl wissend, dass ich ihm viel zu nahe stand. Ich unterschritt seine persönliche Grenze, so dass er ein stückweit zurückfuhr. Er hob beschwichtigend seine Hände. „Guten Morgen erst mal!“. Ernst starrte er mich an. Es passte ihm nicht, dass er in seiner Arbeit kritisiert wurde und fühlte sich von meinem Auftritt angegriffen, aber das war mir egal. Es ging um meinen Job. Das war mir wichtiger als mich bei ihm einzuschleimen. „Sie wussten aber schon, dass das ein Geheimauftrag war? Was hatten Sie dort zu suchen? Eigentlich müsste ich mit Ihnen sauer sein, dass sie sich überhaupt in die Mission eingeschmuggelt haben. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie haben hier nichts verloren!“. Grimmig starrte er mich an: „Herrgott noch mal! Wissen Sie eigentlich, was Ihnen alles hätte passieren können?“. Er stand auf um sich Luft zu verschaffen. Offensichtlich konnte man im Stehen besser schimpfen. Um zwei Köpfe größer als ich, musste ich nun nach oben schauen und musste schlucken. So eine Körperhöhe war schon beeindruckend, aber ich ließ mir nichts anmerken. Unsere Blicke kreuzten sich wütend. Nun war es an meiner Reihe, einen Schritt zurück zu machen, damit ich meinen Kopf nicht so weit in den Nacken legen musste. Patzig konterte ich: „Das kann Ihnen doch egal sein. Ich kann schon selber auf mich aufpassen!“. Ich schob mein Kinn vor und verschränkte die Arme. „Kleines Fräulein! Nein, es kann mir nicht egal sein. Ich bin für Ihre Sicherheit verantwortlich. Sie bleiben vorerst im Camp, Ausflüge sind gestrichen!“ Hausarrest? Wie fies war das denn! Und ich war zwar ziemlich klein, das gab ich zu, aber 'kleines Fräulein' ging gar nicht. „Nur weil Sie größer sind als ich, heißt das noch lange nicht, dass Sie mich so nennen dürfen!“, antwortete ich giftig und blickte ihm geladen in die Augen. Es war offensichtlich, dass er nicht ein Stück weit nachgeben würde. Also änderte ich meine Taktik und versuchte es mit einem, wie ich meinte, sehr weiblichen Augenaufschlag. „Und wenn Sie ein Auge zudrücken würden? Die Bilder sind so wichtig für meine Karriere, und mehr als ein paar Häuser sind doch sowieso nicht zu sehen. Bitte.“ Ich klimperte zur Unterstützung noch ein wenig mit meinen Wimpern, aber Baumann war nicht zu erweichen: „Ich drücke nur dann ein Auge zu, wenn ich ziele!“. Damit war die Sache für ihn erledigt. Ich würde meine Bilder nicht weitergeben können. Die Mission war für die Katz. Wütend drehte ich mich auf dem Absatz um und knallte die Tür hinter mir zu. Verdammt!
Es ging mir nicht aus dem Sinn, dass Baumann für meine Sicherheit verantwortlich sein sollte. Kein Wunder, dass er mich so großzügig aus der misslichen Lage mit Patrick befreit hatte. Es war also keine freundschaftliche Geste gewesen, sondern sein Job. Vermutlich ging es ihm ziemlich auf die Nerven, auf eine Frau aufpassen zu müssen. Waren wir hier denn im Kindergarten? Ich konnte auf mich selbst achten. Ich brauchte keine Bevormundung. Der Alphawolf hatte nur Angst, ich könne ihm sein Rudel durcheinanderbringen, das war alles. Leider blieb mir nichts anderes übrig, als seine Entscheidung zu akzeptieren; ob sie mir nun passte oder nicht.
Am Ende der Woche hatte ich dringend Lust darauf, eine Runde laufen zu gehen und schmiss mich in meine
Weitere Kostenlose Bücher