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Freiwild

Freiwild

Titel: Freiwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Belle
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Sportklamotten.
    Ich war sauer. Einerseits konnte ich Baumann mit seiner überheblichen Art nicht leiden, andererseits konnte er so richtig sympathisch sein. Er hatte mir einen Job vermasselt. Konnte er sich nicht mal für eine Seite entscheiden? Was sollte ich von so einem Kerl halten? Ich konnte ihn nicht einschätzen. Mal war er der Retter in der Not, mal hielt er mich für unfähig, in einem Camp zu leben. Und, Herrgott noch mal, warum ging mir der Kerl nicht mehr aus dem Kopf? So laut konnte ich meine Musik gar nicht drehen, um meine eigenen Gedanken zu übertönen.
    Wütend stapfte ich durch den matschigen Pfad. Es regnete und die Rennstrecke war völlig durchweicht. Die Pfützen spritzen mir bis zum Hintern hoch, aber das war egal. Ich musste laufen, sonst würde ich platzen.
    Oberfeldwebel Baumann war schon attraktiv, das musste ich mir selbst eingestehen. Ich freute mich regelrecht, wenn ich die Gelegenheit hatte, in sein Büro zu gehen und bekam Herzklopfen. Aber er machte mir nicht den Eindruck, als ob er der richtige für ein Abenteuer wäre. Das war kein Mann für eine Nacht. Bei dem Gedanken musste ich über mich selbst schmunzeln. Ach, ich verfiel in Klischees. Abgesehen davon war es sicher nicht klug, ausgerechnet ihn anflirten zu wollen, solange er der Herr über meine Arbeit war. Würde ich ihm gefallen, hätte er doch sicher längst etwas gesagt oder mir ein Zeichen gegeben. Ich war nicht sein Typ; ganz einfach. Oder er war treu und hatte eine Frau zu Hause sitzen. Sollte ja vorkommen.
    Mittlerweile war ich eine ganze Zeit lang gelaufen und völlig durchnässt. Ich beachtete es nicht, denn es war mir gerade recht und passte zu meiner Gesamtsituation. Ich war sauer, dann konnte mein Äußeres auch dazu passen. Abgesehen davon gab es Duschen und Waschmaschinen. Kein Grund, gleich auszuflippen.
    Ich beschloss, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Schließlich wollte ich ja selbstständig sein. Es gab vermutlich nirgendwo einen besseren Ort als hier, um alleine zu bleiben. Ich brauchte keine Abende in Kneipen zu verbringen, nur um einen Mann abzuschleppen. Ich konnte alleine für mich und meine Bedürfnisse sorgen und war in dieser Beziehung autark. Mir huschte ein Lächeln durchs Gesicht, als ich an meinen batteriebetriebenen Freund dachte, der bei mir in der Sporttasche auf mich wartete. Ich brauchte tatsächlich keine fremde Hilfe. Schon gar nicht die eines aufgeblasenen Oberfeldwebels.
    Plötzlich stolperte ich und fiel der Länge nach in den Matsch. Autsch! Ein Stechen in meinem Knöchel ließ mich japsen und ich konnte nicht mehr aufstehen. Das war echt eine Glanzleistung von dir, Anne! Mit den Tränen kämpfend saß ich mitten in einer Pfütze und wusste nicht weiter. So ein Mist! Das kam davon. Kaum dachte ich, wie selbstständig ich wäre und schon lag ich im Matsch. Mein inneres Ich murmelte was von „Hochmut…“. Ja ja. Leck mich. Mein Knöchel tat höllisch weh.
    Doch es kam gleich jemand angelaufen. Ein Mann Mitte dreißig, braune, gewellte Haare, ein ausdrucksstarkes Gesicht. Mit sorgenvoller Miene kam zu mir und fragte mit einem französischen Akzent: „Mon Dieu! Was ist passiert? Kann ich Ihnen helfen?“ Er schnaufte etwas, denn er war genauso wie ich im Schlamm gelaufen. Allerdings war seine Uniform noch genauso sauber, wie sie vermutlich aus der Waschmaschine gekommen waren. Ich sah aus wie ein Schwein. Von oben bis unten in Dreck gehüllt, in einer Pfütze sitzend, die Augen randvoll mit Tränen, die ich verzweifelt versuchte zurückzuhalten. Beschämt und immer noch verärgert schob ich mir mit meiner dreckverschmierten Hand eine nasse Strähne aus dem Gesicht. „Oui, s'il vous plaît.“ Trotz meiner Lage versuchte ich ein gequältes Lächeln zustande zu bringen. Aber weiter reichten meine Kenntnisse in Französisch leider nicht. „Ich habe mir den Knöchel verstaucht. Können Sie mich bitte zur Krankenstation bringen?“. Ich sah ihn hoffnungsvoll an. Ein Franzose wäre doch sicherlich Gentleman genug, um seine Laufrunde für mich zu unterbrechen.
    Ehe ich mich versah, hatte er seine Arme unter mich geschoben und hob mich hoch. „Ou, leicht wie eine Feder, die Madame.“ Dankbar um seine Fürsorge, ließ ich mich bereitwillig von ihm tragen. Plötzlich beugte er sich über mich, quetschte mich in seinen Armen ein und drückte mir hart einen Kuss auf den Mund. Überrascht von der Attacke wollte ich schreien, aber es ging nicht. Ein entsetztes Gurgeln kam aus meiner

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