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Freiwild

Freiwild

Titel: Freiwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Belle
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ganze Zeit auf mich gewartet hatte, versuchte mich zurück zu halten. Aber diesmal hatte er keine Chance. Ich riss mich los und spurtete quer über den Hof. „Oberst! Warten Sie bitte!“. Micha erschrak, wie ich mit dem Befehlshaber umging, aber das war mir in diesem Augenblick egal. Der Oberst blieb stehen und wartete, bis ich außer Puste bei ihm angelangt war. Er hob die Augenbrauen skeptisch: „Ja?“.
    Schüchtern blickte ich hoch: „Es ist meine Schuld! Oberfeldwebel Baumann hat mich nur verteidigt! Er ist unschuldig inhaftiert.“ Ich schnaufte und versuchte zu Atem zu kommen. Der Oberst musterte mich skeptisch: „So?“. Ich ließ mich nicht beirren. Es ging hier um meinen Ralf! „Ja. Und ist die Ehrenrettung einer Frau nicht militärische Pflicht?“, ich wusste es nicht, hoffte es aber. Irgendwo hatte ich das schon mal gelesen, glaubte ich. Doch ich ließ mir die Unsicherheit nicht anmerken. Der Oberst lächelte unmerklich, doch er blieb reserviert. „So, na wenn Sie das sagen. Aber er sitzt nicht wegen der Prügelei. Sie haben also völlig umsonst über militärische Höflichkeiten recherchiert.“ Nun verbreiterte er kurz das Lächeln, um schnell wieder ein ernstes Gesicht aufzusetzen. „Er hat meinen Befehl aufzuhören missachtet. Das kann ich nicht dulden. Frauen retten darf er so viele wie er will. Aber keine Sorge, wenn er sich beruhigt hat, bekommen sie ihn wieder.“ Mit diesen Worten drehte er sich um, um seinen Weg wieder aufzunehmen. Ich biss mir auf die Lippen. So hatte ich das nicht gesehen.
    Ich würde warten müssen, bis Ralf wieder freikam, bevor ich mit ihm reden konnte. Im Augenblick blieb mir nicht viel übrig, als in mein Zimmer zu gehen und ein bisschen Schlaf nachzuholen. Ralf hatte in letzter Zeit oft bei mir übernachtet und zum Schlafen waren wir nicht viel gekommen. Vor morgen früh könnte man sowieso nichts unternehmen. Einsam und in Gedanken verloren trottete ich zu meinem Zimmer. Unsicher schlang ich meine Arme fest um mich und konnte nur hoffen, nicht überall als Beute zu gelten.
    Mir hatte es in meinem Leben noch nie viel ausgemacht, alleine zu sein. Es hatte selten Augenblicke gegeben, in denen ich mich nach Gesellschaft gesehnt hätte. Meine Entscheidungen traf ich schon immer alleine und Probleme machte ich am liebsten mit mir selbst aus. Nach dem Tod meiner Eltern war ich auf mich gestellt gewesen und das hatte mich geprägt. Aber jetzt hatte ich das Gefühl, ohne Ralf nur ein halber Mensch zu sein. Obwohl er keine fünfhundert Meter von mir entfernt war und ich ihn morgen wohl wieder sehen konnte, fühlte ich mich sehr einsam und verletzlich. Ich sehnte mich sehr nach ihm, seiner Wärme und Geborgenheit. Zudem hatten mich seine Aussage und der Schlag auf meinen Hintern wachgerüttelt. Ich war das Wild, was hier auf dem Camp zwischen all den Wölfen frei herumlief. Es wäre wohl am Besten, ich bliebe für heute in meinem Zimmer, bis ich Neuigkeiten von Ralf hatte. Einerseits wäre ich gerne von dieser Gefahr weggelaufen und zurück nach Deutschland geflogen. Aber andererseits konnte mir dort dasselbe passieren und Ralf wäre hier. Weit, weit weg von mir. Ich schüttelte innerlich den Kopf. Flüchten war keine Lösung; das hatte ich schon hinter mir. Ich würde mich dieser Gefahr stellen und einfach besser aufpassen müssen.
    An meinem Zimmer angekommen, schloss ich die Tür auf. Dabei fiel ein kleiner, gefalteter Zettel herunter. Ich faltete ihn auf und erbleichte. „Ich kriege dich noch. Patrick.“
    Was machte er hier? Warum verfolgte er mich noch immer? Er hatte doch gesehen, dass ich mit Ralf zusammen war und an ihm einfach kein Interesse mehr hatte. Ich fröstelte. Das wurde mir allmählich zu gruselig und ich schloss schnell meine Zimmertür hinter mir ab. Dann rief ich Micha in seinem Zimmer an, hatte aber erst mal seinen Zimmergenossen in der Leitung. „Kann ich bitte Micha sprechen?“ Meine Stimme überschlug sich, ich war ängstlich und nervös und brauchte dringend Unterstützung. Ich hoffte nur, Micha würde mir helfen! Sein Zimmerkamerad, ein durchgeknallter, aber sehr liebenswürdiger Belgier, antwortete mir vergnügt: „Ah, das Fräuleinchen! Klar, warte, ich gebe ihn dir“. Dann konnte ich wildes Gerede am anderen Ende hören. Schließlich raschelte es, dann hatte ich endlich Micha am Hörer: „Na, hast du Sehnsucht nach mir? Wir haben uns doch eben gerade erst gesehen! Was gibt es denn so dringendes?“. „Micha, kommst du bitte mal zu

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