Fremd fischen
hab dich nicht abblitzen lassen!»
« Du warst total geschäftsmäßig.»
« War ich nicht. Ich dachte bloß damals nicht …»Ich lasse den Satz in der Schwebe.
« Ja, und dann hast du mich mit Darcy bekannt gemacht. Da wusste ich, dass du null Interesse hast.»
« Ich dachte nur nicht … Ich wusste nicht, dass du mich so siehst.»
« Ich war unheimlich gern mit dir zusammen», sagt Dex.«Ich bin’s immer noch.»
Er schaut mich an, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ich sage ihm, dass er seltener mit der Wimper zuckt als irgendjemand sonst, den ich kenne. Er lächelt und sagt, dass er noch nie ein Wettstarren verloren hat. Ich fordere ihn heraus und mache genauso große Augen wie er. Ich sehe, dass er einen dunklen Punkt in der linken Iris hat – wie eine Sommersprosse im Auge.
Sekunden später zucke ich mit der Wimper. Er lächelt kurz und triumphierend, und dann küsst er mich wieder. Er verändert Intensität und Druck und Zungeneinsatz – all die Kussideale, die nur allzu oft aufgegeben werden, sobald man in einer langen Beziehung lebt. Dex zu küssen, würde niemals fad werden. Er würde nie aufhören, mich so zu küssen.
« Erzähl mir von Suzanne», sage ich, als wir uns schließlich voneinander lösen.«Und von deiner High-School-Freundin.»
« Von Alice?»Er lacht und streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr.«Was ist mit ihr? Das ist uralte Geschichte.»
Jeder weiß, dass man in einer aufkeimenden Beziehung nicht über Exe redet. Auch wenn man vom ersten Augenblick an danach lechzt, alle diese Details zu erfahren, fängt man davon erst sehr viel später an. Um dieses Konzept zu verinnerlichen, braucht man keine Regelfanatikerin wie Claire zu sein. Wenn man gerade erst mit jemandem geht, ist das ein Neuanfang für beide. Vergangene – und per definitionem gescheiterte – Beziehungen durchzukauen, dabei kann nichts Gutes herauskommen. Aber diese Regel scheint jetzt nicht zu gelten. Verglichen mit der Tatsache, dass er verlobt ist, sind Exfreundinnen ein ganz unschuldiges Thema. Es gibt keinen Grund, hier in der Sicherheit meines Apartments strategisch zu denken. Die Regeln gelten hier
nicht. Das ist vielleicht der einzige Vorteil in unserer Situation.
« Hast du sie geliebt?»Aus irgendeinem Grund muss ich das wissen.
Er dreht sich auf den Rücken, starrt an die Decke und konzentriert sich. Es gefällt mir, dass er über meine Fragen nachdenkt, als wäre er im Juraexamen. Ich weiß noch, wie er in Prüfungen die ersten fünfundvierzig Minuten nur in die Luft starrte. Er hat kein einziges Wort in sein Heft geschrieben, bis er sich die vollständige Antwort überlegt hatte.
Er räuspert sich.«Alice nicht. Aber Suzanne – ja.»
Kein Wunder, dass Darcy immer solche Probleme mit Suzanne hat. Sie will die Einzige sein, die er je geliebt hat. Ich erinnere mich, wie sie Blaine auf der High School immer bearbeitet hat.« Du hast Cassandra doch nicht geliebt, oder? Oder? »Bis er schließlich einfach Nein sagte. Nur dich, Darcy.
« Warum nicht Alice?», frage ich. Lieber möchte ich zuerst von derjenigen hören, die er nicht geliebt hat.
« Ich weiß es nicht. Sie war süß. Wirklich süß. Ich weiß nicht, warum ich sie nicht geliebt habe. So etwas hat man nicht wirklich in der Hand.»
Dex hat Recht. Es hat nichts zu tun mit den inneren Werten des anderen, mit der Summe seiner guten Eigenschaften. Solche Gefühle kann man nicht willentlich herbeiführen. Oder abschaffen. Auch wenn ich das im Laufe der Jahre ziemlich gut hingekriegt habe. Man braucht nur an Joey zu denken. Mit ihm bin ich zwei Jahre gegangen, ohne auch nur einen Bruchteil dessen zu fühlen, was ich jetzt empfinde.
« Und natürlich war das in der High School», sagt er.«Wie ernsthaft kann man in dem Alter wirklich sein?»
Ich nicke und denke an den süßen kleinen Brandon. Dann frage ich Dex nach Suzanne.«Und sie hast du geliebt?»
« Ja. Aber langfristig konnte daraus nichts werden. Sie ist Jüdin, und sie hatte weit gesteckte Erwartungen an mich. Sie wollte, dass ich konvertiere und dass unsere Kinder jüdisch erzogen werden. Das volle Programm. Und vielleicht wäre ich sogar einverstanden gewesen … Ich bin nicht sehr religiös … Aber nicht einverstanden war ich mit dem Umstand, dass sie daraus eine unumstößliche Bedingung gemacht hat. Ich konnte absehen, dass sie mich ein Leben lang tyrannisieren würde. Wie ihre Mutter es mit ihrem Vater tut … Außerdem waren wir noch zu jung, um uns zu binden.»
« Ist sie
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