Fremd fischen
absuchen müssen. Ich bohre meine Nägel in seinen Rücken und ziehe ihn noch fester an mich.
Danach bestellen wir etwas aus dem Take-away und essen Hamburger bei Kerzenlicht. Wir steigen wieder ins Bett und reden und hören Musik, und wir kämpfen uns durch Wellen der Müdigkeit, denn wir wollen die Zeit miteinander genießen und sie nicht mit Schlafen vergeuden.
Die einzige Unterbrechung geschieht gegen Mitternacht, als Dex sagt, wahrscheinlich sollte er Darcy anrufen. Ich sage, dass es eine gute Idee sei, und überlege, ob ich ihn allein lassen oder bei ihm im Bett bleiben soll. Ich entscheide mich dafür, ins Bad zu gehen und ihn seinen Kram machen zu lassen. Ich lasse das Wasser laufen, damit ich nichts von ihrer Unterhaltung mitbekomme. Einen Augenblick später ruft er meinen Namen.
Ich öffne die Tür einen Spaltbreit.«Bist du fertig?»
« Ja. Komm her. Du hättest nicht rausgehen müssen. »
Ich komme zu ihm ins Bett und suche seine Hand.« Entschuldige», sagt er.
« Kein Problem. Ich versteh’s.»
« Nur’ne Vorsichtsmaßnahme … Ich denke mir, jetzt wird sie nicht mehr anrufen. Ich hab ihr gesagt, ich bin auf dem Heimweg und geh ins Bett.»
« Was macht sie gerade?»
« Sie sind alle im ‹Talkhouse›. Betrunken und glücklich. »
Aber wir sind nüchtern und noch glücklicher, ganz in meine Bettlaken verheddert, und unsere Köpfe liegen auf einem einzigen Kissen. Als Dex sich aufrichtet, um die Kerze auf meinem Fensterbrett auszublasen, sehe ich, dass kurze Übrigbleibsel seines Haarschnittes sich von seinem Kopf auf den weißen Kissenbezug übertragen haben. Irgendetwas an diesen winzigen schwarzen Härchen macht mich so glücklich, dass ich weinen möchte.
Ich schließe die Augen, damit ich nicht weine.
Irgendwann schlafen wir ein.
Und dann kommt der Morgen.
Ich wache auf und erinnere mich an den ersten Morgen, an dem wir zusammen aufgewacht sind, an die Panik, die mein Herz an jenem Sonntag erfasste, als ich dreißig wurde. Das Gefühl, das ich jetzt habe, ist völlig anders. Ruhige Freude.
« Hi, Rachel.»
« Hi, Dex.»
Wir grinsen beide.
« Einen fröhlichen vierten Juli», sagt er und legt mir die Hand auf die Innenseite meines Schenkels.
« Danke gleichfalls.»
« Es ist nicht der übliche vierte Juli. Kein Feuerwerk geplant, kein Picknick, kein Strand. Ist dir das recht?», fragt er.
« Ja, das ist mir recht», sage ich.
Wir schlafen miteinander, und dann duschen wir zusammen. Anfangs bin ich befangen, aber nach einer Weile entspanne ich mich und lasse mir von ihm den Rücken waschen. Wir bleiben unter dem heißen Wasser stehen, als wir schon längst runzlige Finger haben (er duscht gern genauso heiß wie ich). Dann gehen wir in die Welt hinaus und spazieren die Third Avenue hinauf zu Starbucks. Es ist schwül und grau, und wahrscheinlich gibt es Regen. Aber wir brauchen kein schönes Wetter. In mir sprudelt das Glück.
Wir stehen allein an der Kaffeetheke. Die Musikanlage spielt Marvin Gaye. Ich bestelle«Latte Tall»mit fettarmer Milch, und Dex sagt:«Geben Sie mir das Gleiche in der Maxi-Größe mit … äh, normaler Milch.»
Es gefällt mir, dass er sich nicht an die Starbucks-Terminologie hält und das Wort«Grande»weglässt. Er bestellt seinen Kaffee, wie es sich für einen Kerl gehört.
Das muntere Mädchen hinter der Kasse schreit ihrer Kollegin unsere Bestellung zu, und die markiert prompt unsere Becher mit einem schwarzen Marker. Starbucks-Angestellte sind von unverdrossener, gespenstischer Fröhlichkeit – sogar morgens früh in der schlimmsten Rushhour, wenn sie es mit Horden von Verrückten zu tun haben, die ungeduldig auf ihren Koffeinschuss warten.
« Moment.»Das Mädchen strahlt.«Einzeln – oder gehören die zusammen?»
Dex antwortet sofort.«Wir – die gehören zusammen. »
Ich muss über seinen Versprecher lächeln. Wir gehören zusammen.
« Haben Sie noch einen Wunsch?»
« Hm. Ja. Ich nehme noch einen Blueberry-Muffin.»Dex sieht mich an.«Rachel?»
« Ja. Ich auch», sage ich und widerstehe dem Drang, einen Diät-Muffin zu bestellen. Ich will in keiner Hinsicht sein wie Darcy.
« Also zwei Blueberry-Muffins.»Dex bezahlt und wirft das Wechselgeld in den Trinkgeldbecher vor der Kasse. Das Mädel lächelt mich an, als wolle es sagen:« Dein Typ ist nicht nur heiß, sondern auch noch großzügig.»
Dex und ich schütten beide ein Päckchen braunen Zucker in unseren Kaffee, rühren um und setzen uns an die Theke mit Blick auf die
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