Fremd flirten Roman
den Briefkasten, die mir mitteilte, dass das gesamte Haus und damit auch meine Praxis grundsaniert werde und für diese Sanierung ein halbes Jahr angesetzt sei.
Ein richterlicher Beschluss mit Genehmigung lag dem Schreiben bei. Einwand zwecklos.
Die Gegend, in der meine Praxis lag, war nach dem Mauerfall beim gut verdienenden Berliner Ökoschick-Publikum immer beliebter geworden, was zu einem Mietniveau geführt hatte, das man sonst in München vorfand. Nur unser Haus war bislang eines der wenigen gewesen, das der Luxussanierung getrotzt hatte. Es war zwar nicht geleckt, aber strahlte einen gewissen Charme aus. In meine Praxis hatte ich mithilfe vieler Freunde eine Menge Arbeit gesteckt: die schönen alten, breiten Dielenböden abgeschliffen, die Wände hellgelb gestrichen, die alten Holztüren neu lackiert, den Stuck aufgearbeitet und eine eigene kleine Küchenzeile eingebaut. Außerdem hatte ich helle Vorhänge genäht, Teppiche ausgelegt und schöne, handverlesene Möbelstücke ausgewählt, Orchideen in den Räumen verteilt und für eine angenehme Beleuchtung gesorgt – kurzum, wir hatten aus einer ziemlich heruntergekommenen Wohnung ein Schmuckstück geschaffen, in dem meine Patienten und ich uns pudelwohl fühlten.
Erst hatte ich überlegt, neue Praxisräume zu suchen, aber dann hatte Anne mir ihr verlockendes Angebot unterbreitet, als Kinder- und Gesellschaftsdame für ein halbes Jahr auszusteigen. Ich machte dabei finanziell nicht mal einen Verlust, denn zum einen sparte ich in dieser Zeit die Miete für die Praxis, zum anderen bekam ich mehr Geld für meine untervermietete Wohnung, als ichdafür bezahlte. Kost und Logis waren bei Anne eh umsonst, und außerdem wollte sie mir ein kleines Gehalt zahlen. Dies hatte ich erst abgelehnt, dann aber doch angenommen, nachdem Anne energisch erklärt hatte: »Dieses Geld wird hart verdient sein, glaub mir! Nimm es bitte an, sonst habe ich ein schlechtes Gewissen.«
Tja, und nächste Woche fing es schon an, mein neues Leben. Meine schweren Fälle hatte ich bis auf Weiteres bei einer kompetenten Kollegin untergebracht und den leichteren eine Liste mit Kollegen ausgehändigt, die noch Kapazitäten frei hatten. Mein Untermieter, ein italienischer Austauschstudent, hatte schon den Zweitschlüssel und würde nächste Woche einziehen, meine Koffer waren fast fertig gepackt. Es fehlte eigentlich nur noch ein Gang, vor dem ich mich drückte: Das war der Gang zu Konrad, um ihm seine Sachen inklusive Schlüssel zurückzugeben.
Seit Schluss war, hatten wir uns nur ein Mal zufällig gesehen, als wir beide bei unserem Lieblingsthailänder Curry zum Mitnehmen bestellt hatten. Konrad war im Gegensatz zu mir hocherfreut über das zufällige Zusammentreffen gewesen und hatte mit mir wie in alten Tagen geplaudert, so als wäre nichts gewesen. Zumindest war er so überzeugend, dass der nette Kellner, der uns seit Jahren als Paar kannte, annahm, wir wären noch zusammen, und uns eine Flasche Wein dazugab, die wir später aufs Haus trinken sollten.
Das entsprach nicht wirklich meiner Vorstellung von Abstand, und genau das war der Grund, weshalb ich Berlin und unseren Kiez verlassen musste, um eben nicht an jeder Ecke und in jedem Gemüseladen auf Konrad und meinen jüngeren Klon zu treffen und am Ende gefragt zu werden, ob ich eigentlich eine kleine Schwester oder, noch schlimmer, eine Tochter hätte, mit der Konrad nun des Öfteren unterwegs sei. Auf solche Situationenkonnte ich nur zu gern verzichten, zumal Konrad von solchen Begegnungen nicht genug bekommen konnte. Wenn’s nach ihm ginge, würden wir drei auch mal gemeinsam essen gehen, um uns kennenzulernen. »Du und Franka, ihr würdet euch super verstehen! Ihr schwimmt auf einer Wellenlänge!« O-Ton Konrad.
Die beiden konnten gern alleine schwimmen gehen und von mir aus auch gleich dabei ertrinken!
Während meine finsteren Gedanken und Rachegelüste prächtig gediehen, packte ich den Karton mit Konrads Siebensachen. Clever, wie ich war, hatte ich mir überlegt, Konrad seine Sachen auf neutralem Boden – in der Uni – zu übergeben, wo er nicht zu privat werden und mich nicht lange festnageln konnte. Zuerst hatte ich in Betracht gezogen, ihm alles zu schicken oder vor die Tür zu stellen. Da ich das aber als schlechten Stil empfand und wenigstens von meiner Seite mit Anstand aus unserer Beziehung gehen wollte, hatte ich mich eben für die Uni-Variante entschieden.
Als ich Konrads Habseligkeiten gepackt hatte, musste ich
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