Fremd flirten Roman
diesem Fall nur darauf warten, dass sich ein Paar trennte oder ein Mann Witwer wurde, was man natürlich niemandem wünschte.
Es war ein bisschen wie früher bei Michael Schanzes »Eins, zwei oder drei, du musst dich entscheiden, drei Felder sind frei«. Wenn man zu spät oder auf die falsche Zahl getippt hatte, stand man blöd und allein im Dunkeln auf seiner Zahl herum und bekam keinen Ball.
Hinzu kam, dass ich einfach zum Flirten und Rummachen nicht geschaffen war. So fröhlich und selbstbewusst ich ansonsten im Leben war, so sehr wurde ich von Karnickelstarre, Blackouts und Stotteranfällen überfallen, wenn ich verliebt war. Da brauchte es einen Mann, der in der Lage war, hinter diesem verschreckten Wesen die normale Stella zu erkennen. Na ja, zumGlück stellte sich die Problematik erst mal nicht: Ich hatte vorerst von Männern genug, der ganzen Spezies abgeschworen und hegte nicht die Absicht, jemanden auch nur in die Nähe meines Herzens zu lassen.
Ein Hund war auch was Schönes, und die waren nun ja mal bekanntlich wirklich treu. Bei nächster Gelegenheit wollte ich mir einen zulegen.
Svenja, die Obstgeplagte, riss mich aus meinen Gedanken: »Glauben Sie denn, das funktioniert so schnell? Der Dreh ist immerhin in zwei Wochen!«
Versprechen wollte ich nichts, aber wenn sie intensiv ihre Übungen absolvierte und eine Kollegin einige Stunden mit ihr weiterarbeitete und sie auf das bevorstehende Fruchtmassaker vorbereitete, sollte sie in der Lage sein, die Situation zu meistern. »Sehen Sie es positiv: Es ist nur ein einmaliges Ereignis. Stellen Sie sich vor, Sie hätten früher für Tutti Frutti arbeiten müssen!«, versuchte ich, die Stimmung mit einem, wie ich fand, super Witz aufzulockern. Leider war Svenja zu jung, um Tutti Frutti zu kennen, und sah mich nur verständnislos an. Schnell setzte ich mein seriöses »Alles wird gut«-Gesicht auf.
»Ich denke, Sie bekommen das in den Griff. Die Heilungschancen für Phobien sind sehr gut.«
Erleichtert stand Svenja auf, verabschiedete sich mit großen Gesten und wünschte mir viel Glück für die nächste Zeit. Sie fragte, ob sie nach der Praxiseröffnung wieder zu mir kommen dürfe.
Ich war beinahe gerührt, was für meinen angeschlagenen, leicht labilen Zustand sprach, aber Glück konnte ich wirklich gut brauchen!
Als ich hinter Svenja die Tür schloss, wurde mir bewusst, dass sie die vorerst letzte Patientin gewesen war.
Eine Mischung aus Panik und Erleichterung stieg in mir hoch, was an meinem Plan für die nächste Zeit lag. Meine beste Freundin Anne Bischoff hatte mich überredet, ihr als Kindermädchen und Schwangeren-Unterstützung in Frankfurt zur Hand zu gehen. Dazu muss man wissen, dass Anne ihre Jugendliebe Axel geheiratet hatte, der als kluger Kopf und Investmentbanker ein Vermögen erarbeitet hatte. Bei Anne war alles etwas großzügiger – inklusive Personal –, was bedeutete, dass ich mich nur mit den beiden Kindern beschäftigen und Anne Gesellschaft leisten würde während ihrer Schwangerschaft, die leider nicht reibungslos verlief und sie dazu verdammte, sich zu schonen. Natürlich hätte ich mir auch eine Gemeinschaftspraxis suchen und meine Patienten dort übergangsweise weiterbehandeln können. Aber irgendwie hatte ich diese Renovierung als Zeichen des Schicksals gedeutet und war dankbar für die auferlegte Pause und den Abstand, den ich nach dem Desaster mit Konrad gerade bitternötig hatte, um mich neu zu sortieren. Zwar liebte ich meinen Beruf – keine Frage –, doch in letzter Zeit hatte ich mich hin und wieder dabei ertappt, wie ich unkonzentriert den Problemschilderungen zugehört hatte. Immer öfter hatte ich dabei bemerkt, dass ich Probleme nicht mehr ernst nehmen konnte und einigen Patienten, vor allem Frauen, im Stillen unterstellte, zu mir zu kommen, weil ihr Freundeskreis einfach genervt war und keine Lust mehr hatte, den ständigen Klagen über ihre Alltagsproblemchen zuzuhören. Die schweren Fälle hingegen nahm ich mir so zu Herzen, dass mir die gesunde Distanz abhandenkam und ich die Probleme mit nach Hause und manchmal sogar in den Schlaf nahm.
An diesen Punkt hatte ich nie kommen wollen, zumal ich eine wirklich gute Therapeutin war und bislang immer die Balance zwischen Distanz und Menschlichkeit gehalten hatte.
Als mich dann Konrad verließ, war mein Selbstbewusstsein am Boden.
In solchen Momenten kommt ja immer eins zum anderen, und so flatterte mir vor einigen Wochen ein Schreiben meiner Hausverwaltung in
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