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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Geflügelwurst von deinem Körper geschleckt?« »Er hat so laut gestöhnt, dass die Pfandflaschen von der Spüle gefallen sind?«) Da kommt Ben mit dem Kaffee. Entspannt lehne ich mich zurück und lege los.
    Um 18 Uhr habe ich alles weggewurstelt, was ich mir für heute vorgenommen habe. Gero hat zwischenzeitlich angerufen und gefragt, was ich heute Abend mache. Schlafen, Gero, schlafen. Ich räume meinen Schreibtisch auf und möchte gehen, aber Henning kommt gerade von einem Außentermin und fuchtelt mit den Händen herum. »Was ist heute?«, fragt er beleidigt. »Was soll heute sein? Heute ist Freitag«, sage ich mürrisch.
    Henning verschränkt die Arme. »Du hast mir VERSPROCHEN , dass du heute Abend mit mir zu der Vernissage von Kalodiri Monasidumo Schmidt kommst!«, sagt er herrisch.
    Wer ist Kalodiri Monasidumo Schmidt? Dunkel erinnere ich mich an eine entsetzlich aufgemachte Einladungskarte, auf der keine Buchstaben standen, sondern auf der in Zeichnungen erklärt wurde, welche Ausstellung einen wann und wo erwarten würde. Ich hasse Vernissagen, habe Henning damals aber wirklich versprochen, mit ihm dort hinzugehen. Henning liebt alles, was irgendwie »trash« und »hip« und »in« ist. Er verbringt sein halbes Leben damit, Abende mit arroganten Menschen zuzubringen, die glauben, die Schöpfer des Universums zu sein. Ich hingegen hasse solche Typen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich selber ganz und gar nicht »trash« und »hip« finde. Aber ich kann Menschen nun mal nicht ausstehen, die ihre Sektgläser kaum in der Hand halten können, weil so viele Cartier-Armbänder dranhängen. Wie dem auch sei. Versprochen ist versprochen. Wieder kein ruhiger Abend. Ich habe Hunger. »Da gibt es mit Sicherheit genug zu essen«, beruhigt mich Henning. Das will ich hoffen, mir hängt der Magen in den Kniekehlen.
    Als wir in der Galerie »Geschwader« ankommen, könnte ich kotzen. Eine Million dünne Models in schwarzen hautengen Dolce & Gabbana-Kleidern und – hahaha, hab ich’s nicht gesagt – mit kiloweise Schmuck. Und lauter Kerle mit zurückgekämmten Haaren und Handys, in die sie ununterbrochen reinschreien: »Nein, wir verkaufen erst ab drei Millionen!!!« »Wir versuchen, die Fusion mit Schreier und Partner morgen hinzukriegen!!!« Derweil stehen die Damen gelangweilt herum und starren mit ihren perfekt geschminkten Augen auf ihre perfekt manikürten Fingernägel. Natürlich schauen alle auf uns, als wir zur Tür hereinkommen. Ich fühle mich entsetzlich deplatziert.
    Dieses Gefühl wird noch verstärkt, als drei Magersüchtige mich mit hochgezogenen Augenbrauen von oben bis unten mustern. Ich konnte mich noch nie gut anziehen. Hauptsache bequem – und das sieht man auch heute. Jeans passen immer, denke ich jeden Tag. Außerdem habe ich nicht das Geld für Designerklamotten. Leider habe ich aber auch nicht genug Selbstbewusstsein, um dazu zu stehen! Sofort fühle ich mich unwohl und fange an zu schwitzen. Da fällt mir ein, dass ich heute Morgen noch nicht mal Deo benutzt habe. Und geschminkt bin ich auch nicht. Wo ist eigentlich Henning? Er hat sich natürlich sofort unter die »wichtigen« Leute gemischt und beachtet mich nicht mehr. Dann suche ich eben alleine das Büfett. Ich könnte sterben für kleine Frikadellchen und Nudelsalat. Nachdem ich mich durch die Models gezwängt habe, finde ich es schließlich. Und das soll Essen sein? Verwirrt blicke ich auf mehrere schwarze Röllchen, die mit Bindfäden zusammengehalten werden.
    Dazu gibt es schwarzes Kraut mit schwarzen Bällchen, die beim ersten Hinsehen als verkohlte Fleischklopse durchgehen könnten. Ein überforderter Asiate steht hinter den Tischen und fragt nach meinen Wünschen.
    »Was ist das?«, frage ich auf die Röllchen deutend. »Oooooh. Is Sin-Hei-Song. Ist gekogt Fiss mit Ingwerwurzel und swarz Pfeff. Un hiiiier mir han Wodu-Ka-Mosa, is Niere von Sildkrot mit Safran!«, teilt er mir mit. Stehen Schildkröten nicht unter Naturschutz?
    »Dann bitte einen Teller mit Sin-Hei-nochwas!«
    Auf einen Unterteller bekomme ich ein einziges Röllchen gelegt, makabrerweise wünscht der Asiate mir noch einen guten Appetit. Das Röllchen schmeckt nach nassem Zewa-Wisch-und-Weg und ich bin noch hungriger als vorher. Ich will SOFORT zu McDonald’s! Wo ist nur Henning? Ich brauche jetzt erst mal Sekt. Mit einem Puppenglas in der Hand wühle ich mich wieder durch die Menge zurück. Da sehe ich ihn. Er lehnt lässig an einer Säule und hört zwei

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