Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
gut.«
    »Ich glaube, ich nehme den.« Melrose gab ihm den Stadtführer.
    »Gute Wahl. Vermutlich der idiotischste Stadtführer, der je geschrieben wurde.«
    Da war sich Melrose nicht so sicher. Er hatte das Gefühl, er müsse die Schwestern Bessie verteidigen, nachdem er soviel Zeit mit ihrer kleinen Familie verbracht hatte. Wenn Lizzie und Lucie Bessie nicht gewesen wären, hätte er mit Hughies Version von allem vorlieb nehmen müssen. »Eine
    Freundin von mir hat mir einen gekauft.« Er hielt sein Exemplar hoch.
    Alan Loser lachte. »Sie sind das? Ellen war erst vor ein paar Tagen hier.« Sie waren zur Ladentheke gegangen, und Loser holte Papier und Band. »Woher kennen Sie Ellen?«
    »Ich habe sie vor ein paar Jahren in England kennengelernt. Sie düste auf einer BMW durch die Moore North Yorkshires.«
    »Typisch für sie.«
    Melrose sah zu, wie Loser das Band geschickt um das Päckchen wickelte. »Sie hat für ein Buch recherchiert, aber ich glaube, sie hat es nie geschrieben. Das von damals meine ich. Haben Sie Fenster gelesen?«
    Loser nickte. »Bin aber absolut nicht schlau daraus geworden.« Dann fügte er hinzu: »Ich bin natürlich kein Fachmann.«
    Melrose fand die Nachbemerkung ziemlich dreist.
    »Mit dem neuen scheint sie Probleme zu haben. Sie hat mir auch erzählt, daß eine Studentin von ihr ermordet worden ist. Schrecklich. Vermutlich hat der Mord ihr das Schreiben vergällt.« Das war so weit von der Wahrheit entfernt, daß er beinahe, beinahe errötet wäre.
    »Sie meinen Beverly Brown.« Loser schnitt das Band ab.
    »So hieß sie, glaube ich. Haben Sie sie auch gekannt?«
    »Oh, ja, sie hat an mehreren Nachmittagen in der Woche hier gearbeitet. Schrieb an ihrer Doktorarbeit. Die Bullen haben die Bude hier auf den Kopf gestellt. Nicht nur das, sondern auch zwei Ihrer Landsleute waren hier. Scotland Yard Mordkommission.« Er legte das eingewickelte Päckchen auf die Theke. »Ja, Beverly hat einen ganz schönen
    Wirbel veranstaltet. Angeblich hat sie ein Manuskript von Edgar Allan Poe ausgegraben. Das hat Ellen Ihnen aber wahrscheinlich alles erzählt.«
    »Ja. Erstaunlich. Glauben Sie, es ist echt?«
    Loser zuckte mit den Schultern. »Wie kann jemand etwas so Kompliziertes fälschen? Und da es unvollendet ist, muß es nicht einmal den Ansprüchen an Poes Einfallsreichtum genügen, meinen Sie nicht auch?« Er lachte.
    Melrose war zu dem Eßtisch mit den Gedecken aus dem Helmsley Palace gegangen. Er nahm eine Serviette in die Hand und lächelte. Als sie gestern abend im Horse gesessen hatten, waren sie alle einhellig der Meinung gewesen, daß Ellen recht gehabt hatte; Beverly Brown hatte ihre geistigen Fingerabdrücke auf der Story, die sie fabriziert hatte, hinterlassen.
    »Es ist wie bei der Pralinenschachtel«, hatte Ellen gesagt. »Jedesmal, wenn sie im Nouveau Pauvre war, muß sie diese Gedecke gesehen haben.«
    »Aber warum«, hatte Wiggins gefragt, »hinterläßt sie in der Geschichte Spuren, die beweisen, daß alles fauler Zauber ist?« Wiggins war über die Lösung, zu der sie hinsichtlich der Echtheit der Geschichte gekommen waren, gar nicht glücklich gewesen.
    Alan Losers Stimme unterbrach Melroses Erinnerungen an das Gespräch vom Vorabend. »Ist Ihnen in England Leona Helmsley ein Begriff? Die Queen of Mean?«
    »Helmsley? Ja, davon habe ich gehört.« Melrose wedelte mit der Serviette. »Kann ich eine kaufen?«
    »Ehrlich gesagt, ich verkaufe den Satz lieber komplett.«
    »Gut. Dann nehme ich den ganzen Bettel.«
    »Alle zwölf von den dämlichen Dingern?« Loser stieß ein kurzes Lachen aus. Als Melrose nickte, zuckte er die Achseln und fing an, sie einzusammeln. Sie gingen zurück zur Ladentheke, und er suchte eine Schachtel.
    »Jeder hat seine eigene Theorie. Warum, glauben Sie, ist sie ermordet worden?«
    »Beverly konnte sich im Handumdrehen Feinde machen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Professor Vlasic allzu erfreut über ihren >Fund< war. Er hält sich selbst für einen Poe-Experten und ärgerte sich wahrscheinlich grün und blau, als einer von seinen Studentinnen etwas so Wertvolles wie ein Originalmanuskript in die Hände fiel und sie daran ging, eine Dissertation darüber zu schreiben, mit der sie ihn womöglich in den Schatten stellen konnte. So wie ich Beverly kannte, hätte das sogar ein Grund sein können, ihn als Doktorvater auszuwählen. Ihm ein bißchen Saures geben. Vlasic ist der einzige Professor, der Beverly jemals eine schlechtere Note als A gegeben hat.

Weitere Kostenlose Bücher