Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
irgendeiner Stadt, war es auch Jacke wie Hose, ob das Ganze in Marokko oder nirgendwo endete. Melrose aß eine Brezel und schaute glücklich zum Kamin, vor dem Mrs. Withersby schwatzte und sich selbst die Zeit und Sorgen vertrieb. Meine Güte, Schreiben hieß Freiheit! Er schaute wieder zur Decke und hatte das Gefühl, als schwebe er dort hinauf. Ihm war bisher gar nicht klar gewesen, wie befreiend es war, einen Krimi zu schreiben, und er wunderte sich, daß Polly Praed in einem fort über die Anforderungen und Einschränkungen meckerte und darüber, daß man zum Beispiel dauernd Fakten überprüfen müsse und so weiter und so fort - »Arbeitet dieser Smithson bei Scotland Yard?« fragte Jury.
    Au, verflucht, dachte Melrose, verließ die Zimmerdecke und landete unsanft auf dem Boden. Er seufzte. Jetzt kam die Moralpredigt.
    »Ich habe mich nur gewundert, daß seine Frau die ganze Zeit dabei ist. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, sehr authentisch klingt das nicht.«
    Vor diesem Eindringen der sogenannten Realität verschloß Melrose fest die Augen.
    »Besonders«, predigte Jury weiter, »mit dieser Katze. Chloe?«
    Da wurde Melrose aber hellwach. Jetzt hatte er Jury am Wickel. »Was ist denn mit dem Kater im Büro Ihres Chief Superintendent?«
    »Ja, gut. Aber ich fahre ihn ja nun nicht mit im Dienst-wagen durch die Gegend, oder? Cyril würde eh nicht mitkommen.«
    Diane klopfte mit ihren blutroten Fingernägeln an ihr Glas und sagte: »Ach, sind Sie da nicht ein bißchen sehr pingelig, Superintendent? Mir gefällt Norma richtig gut. Wenn sie sich nur einen Hauch schicker kleiden würde.«
    Dick Scroggs rief den Superintendent ans Telefon, und Jury begab sich zum Tresen.
    »Ein Macalvie«, sagte Scroggs.
    »Macalvie«, korrigierte Jury ihn und nahm den Hörer.
    »Ich versuche seit einer Woche, Sie zu erreichen, Jury«, sagte Macalvie ohne weitere Vorrede.
    »Ich war nicht in England. Was wollen Sie?«
    »Hm, es geht darum, was Sie wollen. Sie wollen einen Job. Also kommen Sie nach Exeter und helfen Sie uns aus.«
    »Der Witz ist, Macalvie, ich bin kein freischaffender Cop.«
    »Verdammt noch mal, Sie sind in Urlaub. Das haben Sie selbst gesagt.«
    »Genau. Und was will ich mit einem dämlichen Fall in Exeter, wenn ich Urlaub habe?«
    »Gut, ich bin ja auch der Meinung, daß niemand einen dämlichen Fall in Exeter will. Ich ja auch nicht. Aber ich könnte Hilfe gebrauchen.«
    Jury ließ beinahe den Hörer fallen. Macalvie bat um Hilfe?
    »- und weil ich sonst niemanden finde, frage ich Sie. Moment -«
    Er drehte sich vom Telefon weg, um mit dem einen oder anderen seiner Untergebenen zu streiten, und in der Pause hatte Jury Zeit, einen Absatz in der Gartenkolumne des Bald
    Eagle zu lesen und sich zu überlegen, daß Macalvie Norma in einem sehr ähnlich war: auch der Davisional Commander hielt die Arbeit der Kripo für bestenfalls inexakte Wissenschaft. Macalvie glaubte nicht, daß das Sammeln einzelner Fakten notwendigerweise zu irgend etwas führte. Er versuchte stets, das Problem in seiner Gesamtheit zu begreifen, und wenn er dann seine überaus langen Schweigepausen an den Schauplätzen der Verbrechen einlegte, glaubten manche Leute, er sei im Stehen eingeschlafen.
    »Es geht um die Tapissière.« Papiere raschelten; von weiter entfernt kam das gedämpfte Klappern einer Schreibmaschine.
    Jury riß seine Gedanken von dem Petunienbeet los und fragte: »Die was?«
    »Die Tapissière. Eine Dame, die Tapisserien macht.« Der ungeduldige Tonfall implizierte, daß das doch völlig klar sein müsse. »Sie ist zusammengebrochen, genau vor den liturgischen Kissen.«
    »Liturgischen Kissen?«
    »Bestickte Kissen. Paramentenstickerei. Künstlerisch wertvoll, historisch. Der Knüller in der Kathedrale.«
    »Was war es denn - ihr Herz?«
    »Kann sein. Der Gerichtsmediziner weiß nicht genau, was die Ursache ist.«
    Jury runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit sagen, sie ist ohne ersichtlichen Grund tot umgefallen?«
    »Das sagt der Arzt. Er schleppt natürlich nur Schraubenschlüssel und Kneifzange in seinem Arztkoffer mit, vergessen Sie das nicht. Ich gebe Ihnen die Details, wenn Sie hier sind.«
    Jury schüttelte den Kopf und richtete den Blick wieder auf das Blumenbeet. »Macalvie, tut mir leid, aber ich komme nicht mit. Ein Unfall in der Kathedrale und Sie rufen -«
    »Warum nennen Sie es Unfall?«
    »Warum ich es -? Macalvie, ich war nicht dabei, vergessen Sie das nicht.«
    »Genau das ist das Problem.« Von

Weitere Kostenlose Bücher