Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
sagte sie und nahm einen Schluck Fortnum & Mason's-Special-Blend-Tee.
    »Wie bitte? Das habe ich nicht mitbekommen.« (Mußte wohl durchs Sieb gefallen sein.)
    »Du solltest deine Bürgerpflichten besser wahrnehmen, habe ich gesagt, du solltest mal mehr von deinen gesellschaftlichen Verpflichtungen erfüllen.« Er starrte sie an. »Hier gibt's keine Gesellschaft,
    der man sich auch nur im geringsten verpflichtet fühlen könnte.« Er ließ das Fenland und nahm Mordsdeal! zur Hand, dieses absolut wundervolle Büchlein, obwohl (oder vielleicht weil?) die Nuttings nicht eben begnadete Schreiber waren. Was kaum ins Gewicht fiel, weil die Landauktionen in der amerikanischen Provinz, die sie schilderten, selbst unterhaltsam genug waren. Er las den Abschnitt über Tricks auf dem Antiquitätenmarkt - zumindest auf dem amerikanischen Provinzantiquitätenmarkt. Besonders amüsant war der Bericht über die Cousinen Pointer, die auf einem Dachboden ein Vermögen in Erstausgaben entdeckt hatten. Allerdings nicht auf ihrem eigenen. Um sich in den Besitz der großen Bücherkiste zu bringen, hatten sie sich erboten, den Dachboden der Nachbarin auszuräumen. »Auszuräumen« in jeder Hinsicht. Der Bücherschatz gehörte einer mittellosen alten Dame, die gerade an der Armutsgrenze lebte. Die launigen Nuttings (er Auktionator, sie Händlerin) konnten den Hals gar nicht voll genug von diesen geschmacklosen Geschichten kriegen. Melrose auch nicht. Seine besondere Liebe galt Peregrine »Piggy« Arbuckle, zu dessen Betrügertrupp ein kleiner Junge und ein sogenannter Doktor gehörten. Wie delikat, Piggy war ein Brite, der nun in den Staaten lebte (und dort sein Unwesen trieb).
    Agatha griff ein Streitgespräch auf, von dem Melrose gar nicht ahnte, daß er hineinverwickelt war. »Du weißt ganz genau, daß man Ada Crisp verbieten sollte, den Laden weiterhin zu betreiben, und daß der Bürgersteig davor eine Todesfälle ist. Da liegt der allerletzte Ramsch herum! Ganz zu schweigen von dem fiesen kleinen Köter - was machst du denn da? Kannst du nicht einen Moment das Buch beiseite legen?«
    Melrose stöhnte. »Piggy Arbuckle, der hatte es drauf.«

»Was?« Ihre Stirn furchte sich so ordentlich wie der schwarze Erdboden der Fens in dem Fotoband. Sie schloß die Augen, als leide sie an Migräne. »Kannst du nicht einmal vernünftig sein, Melrose?«
    Er öffnete das Buch auf einer Seite mit dem Foto eines Tulpenfeldes, das Wordsworth sicher inspiriert hätte, eine weitere Folge von »Wie einsam mal wieder über Berg und Tal / Die Wolke mal wieder in der Höhe streicht ...« zu verfassen.
    »Versuch nicht, das Thema zu wechseln.«
    Thema? Was für ein Thema?
    »Wir haben gerade darüber geredet, daß du Zeuge bist.«
    »Zeuge?« Als wüßte er das nicht. »Das meinst du doch sicher nicht ernst?« Todernst! Sie redete ja über nichts anderes mehr.
    Vor Ärger kniff sie die Augen fest zu, als leuchte Melrose zu hell und blende sie. Dann sagte sie: »Versuch gar nicht erst, den Unfall oder den Angriff dieses widerlichen kleinen Kläffers zu verniedlichen. Du kamst ja aus dem Pub und warst direkt auf der anderen Straßenseite.«
    »Betrunken wie eine Strandhaubitze.« Dann korrigierte er sich. »Sinnlos betrunken, meine ich. Wie kommst du auf die Idee, daß ich mich erinnern kann, was ich gesehen habe?«
    »Melrose! Du wirst zwangsvorgeführt, wenn du nicht kooperierst.«
    »Dann wirst du dein blaues Wunder erleben.« Er lächelte.
    »Nichts da!« Wie üblich zutiefst überzeugt, daß Gott und Gesetz auf ihrer Seite waren, fügte sie hinzu: »Du wirst vereidigt. Trueblood auch. Ihr beide habt vor dem Jack and Hammer gestanden und zugeschaut und garantiert blöde Bemerkungen gemacht.«
    »Trueblood? Du planst auch ihn als Zeugen ein?« Melrose war erstaunt. Sie würde doch Marshall Trueblood nicht um Hilfe bitten, selbst wenn sie in solch einem Sumpf versank, wie er in seinem Fen-buch abgebildet war. »Dann mach dich auf eine Enttäuschung gefaßt. Trueblood hat nichts gesehen. Er stand mit dem Rücken zu dir.« Sie tat Melrose fast leid. Der Gedanke, daß ihre Beweisführung von ihnen abhängig war, brachte ihn zum Lachen. Eine veritable folie a deux. »John Grisham würde es wunderbar finden.«
    »John wer?« Sie hielt einen Keks hoch. Er sah aus wie ein verbeultes Miniweltraumschiff.
    »Du weißt doch, dieser Rechtsanwalt in den Staaten, der Anwaltskrimis schreibt.«
    »Ach, der!« Agatha tat den Rechtsverdreher mit einer Handbewegung

Weitere Kostenlose Bücher