Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
betroffen. Ein Unterton in seiner Stimme verriet, daß das ein schrecklicher Schlag für ihn gewesen war. So beiläufig wie möglich fragte ich: »Und was wurde aus dem Pony?«
    »Das weiß der Himmel. Ich konnte es nicht feststellen. Ich nehme an, daß ein anderer Junge damit beglückt wurde. Sie sagten, es hätte einen guten Platz gefunden.«
    »Und das neue Pferd, haben Sie das auch liebgewonnen?« fragte ich schüchtern.
    »Ich habe es nie geritten«, sagte er kurz und brachte dann das Gespräch auf meinen Sohn Christopher. Solch einem Thema kann keine Mutter widerstehen, und vom Reiten war nicht mehr die Rede. Es war Sonntag nachmittag; unaufgefordert war er bei uns erschienen, saß mit mir auf der Veranda und plauderte, heute weniger steif und zurückhaltend als sonst. Larrys Kinder verbrachten den Tag bei uns; sie und meine Kinder beehrten unsere Häuser abwechselnd mit ihrer Gegenwart. Jetzt waren alle zu Pferd unterwegs. Mein Christopher und Larrys Christina (eine alberne Verbindung christlicher Vornamen, an der Larry schuld ist, denn ihr Kind ist neun Monate jünger als meines!) kamen immer zum Wochenende aus Te Rimu nach Hause. Auf diese Weise hatte Tante Kate eine Verschnaufpause. Sie schien das zwar nicht nötig zu haben; diese unglaubliche Person behauptete, sich am Samstag und Sonntag zu langweilen. Sie war eine Tante von Sam, eine alte Jungfer, aber altjüngferlich an ihr waren nur ihre Kleidung und ihr Umgangston. Sie war in unsere Gegend gezogen und ein heißgeliebtes Mitglied unserer Familie geworden. Sie hatte in Te Rimu in der Nähe der Grundschule ein Haus gekauft. Mit rührendem Opfermut erbot sie sich, unsere Kinder von Montag bis Freitag bei sich aufzunehmen. So ersparte sie uns die Suche nach einem Internat, das wir uns auch kaum hätten leisten können. Wenn wir zu sagen wagten, daß sie da ein Opfer bringe, wurden wir energisch abgefertigt. »Das wahre Opfer bringen die Eltern, die sich von ihren Kindern trennen und mir so eine — nein, zwei neue Lebensaufgaben verschaffen.«
    So schien es wirklich. Sie beklagte sich niemals über die Arbeit, die ihr die Kinder machten, noch je über Müdigkeit. Sie schien immer Herr der Situation zu sein. Dennoch fand Christopher, sie sei kein Schulmeister, im Gegensatz zu seinen Eltern, leider! Es war die glücklichste Lösung für alle Beteiligten; Tante Kates Haus war für uns ein zweites Zuhause in Te Rimu.
    Aber heute waren die Kinder bei uns und nun mit ihren Ponys unterwegs. Von David hatten sie beiläufig Notiz genommen, und er hatte das genauso beiläufig hingenommen. Ich glaube, gerade das gefiel den Kindern an ihm. Er machte kein Aufhebens von ihnen und schien sie als Gleichberechtigte zu betrachten.
    Sein Bericht von seinen Erlebnissen im Pony-Klub hatte mich interessiert. Zum erstenmal hatte er von seiner Kindheit erzählt; das gab mir Gelegenheit, ihn zu fragen: »Wissen Ihre Eltern eigentlich, wo Sie jetzt sind, David?«
    »Ich glaube kaum«, erwiderte er leichthin. »Wenn sie nicht Tiri auf der Landkarte gesucht haben, wo es aber wohl nicht angegeben ist. Ich habe ihnen gestern ein Telegramm geschickt, denn ich dachte mir schon, daß Sie mich heute ins Kreuzverhör nehmen würden.«
    Niemand mag sich vorwerfen lassen, einen anderen ins Kreuzverhör zu nehmen. Ich war beleidigt. »Vermutlich haben Sie ihnen nur mitgeteilt, daß es Ihnen hier gutgeht?«
    »Wenn Sie’s ganz genau wissen wollen«, entgegnete er bissig, »ich telegrafierte: >Alles in Ordnung. Habe einen Job. Grüße.< Na, sind Sie jetzt zufrieden?«
    »Seien Sie doch nicht so eklig! Ich bin nicht neugierig, aber eine Mutter möchte doch gern wissen, wo sich ihr Nachwuchs befindet.«
    »Richtig. Und Sie sind eine Mutter, nicht wahr, Susan? Oh, Verzeihung, das rutschte mir so raus! Mrs. Russell klingt so fad; Larry ist doch auch nicht so formell. Können wir das >Mrs.< nicht weglassen, da ich doch für ein paar Monate hier installiert bin?«
    Ich war natürlich einverstanden. Ich bin nicht auf Formalitäten versessen, hatte aber erst abwarten wollen, ob er länger dablieb.
    »Schon gut«, sagte ich. »Aber erzählen Sie doch: Haben Sie unsere Posthalterin kennengelernt, als Sie das Telegramm auf gaben?
    Tantchen war für Sie doch gewiß eine Überraschung?«
    »Ich habe das Telegramm telefonisch aufgegeben, ich habe sie also nicht gesehen. Ich glaube nicht, daß es Ihr Tantchen war, die es aufnahm. Es war eine jugendliche, sehr angenehme Stimme.«
    »Das müßte Miranda gewesen

Weitere Kostenlose Bücher