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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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jede Absicht, unser Leben zu beeinflussen, ohne auch nur Anteil daran zu nehmen, hatte die Anwesenheit dieses seltsamen Jungen doch bei manchen von uns einen tiefen Eindruck hinterlassen. Es war merkwürdig, überlegte ich zum wiederholten Male, daß Tony und er so wenig Notiz voneinander genommen hatten. In gewisser Hinsicht waren sie von der gleichen Art. Als Zuschauer hätte man zumindest einen kleinen Flirt oder eine bleibende Freundschaft erwartet. Aber Tony interessierte David einfach nicht, und sie ihrerseits hegte für ihn keinerlei freundschaftliche Gefühle. Das brachte ich jetzt zur Sprache.
    »Tony? Sie ist ein netter Kindskopf und wird sich noch gut entwickeln. Eines Tages wird sie Larry gleichen, wie sie ihre Tiere vergöttert, wird ihrem Mann in Liebe ergeben und überzeugt sein, daß sie das allerbeste Leben hat. Aber mit Susan wird sie auch etwas gemeinsam haben: nämlich mit Geduld etwas durchzusetzen. Wie einfach ist doch das Leben für solch einen Menschen!«
    »Wie Sie sie da schildern, gefällt mir. Ich möchte wohl wissen, was sie von Ihnen sagt.«
    »Ach, sie kennt mich ganz gut, aber ich interessiere sie nicht so, daß sie darüber redet — über den jungen Mann, der nur nach seinem eigenen Kopf handelt und es nicht verträgt, wenn jemand seinen Senf dazu gibt. Gräßlich selbstsüchtig und siebengescheit, aber mit der Zeit wird er vielleicht auch noch vernünftig. Ganz im Anfang sagte sie, solche Burschen wie mich hätte sie in Massen kennengelernt, die hätten sie immer gelangweilt. Da sei ihr Peter doch ein anderer Kerl.«
    Ich lachte. Von dieser Unterhaltung hatte ich nichts erfahren. Kein Wunder, daß da keine Freundschaft entstanden war. Tony konnte also doch so grausam sein, wie die Jugend es eben ist. Aber ich war es nicht mehr. Ich hatte David liebgewonnen. Es tat mir leid, daß er uns verlassen würde, und den anderen ging es auch so.
    »Na ja, das hätten wir gehabt«, sagte Larry. »Wir wußten ja, daß es nicht lange dauern würde. Zum Glück treibt es Tom noch nicht fort. Auf alle Fälle ist Rufus ein Klotz an seinem Bein. Ich hörte neulich, wie David zu ihm sagte, sobald er selbst seinen Dreh gefunden habe, erwarte er Tom samt seinem Hund. Es sollte mich nicht wundern, wenn sie bis zum Ende ihrer Tage beisammen blieben. Es ist eine merkwürdige Freundschaft zwischen diesen beiden so grundverschiedenen Menschen.«
    »Aber im Augenblick ist Tom hier doch ganz zufrieden?«
    »Gott sei Dank, ja. Wir haben ihn ins Herz geschlossen und seinen Rufus dazu. Mein Findling ist entschieden ausdauernder als deiner, Susan.«
    »Aber auch nicht so interessant. Und meiner hat sich nun doch für einen stetigen Lebenswandel entschlossen. Er behauptet, das verdanke er seinem Aufenthalt in Tiri.«
    Wir alle wollten für David eine Abschiedsfeier in der Stadthalle veranstalten. Auf dem Lande hat man eine Vorliebe für Empfangs- und Abschiedsfeiern. Paul, der solche Veranstaltungen angeblich nicht mag, meinte allerdings, man müsse gleich nach einer Sammlung für eine Einstandsfeier schon wieder für eine Abschiedsfeier sammeln.
    David wollte von nichts dergleichen hören und war entsetzt, als man es ihm vorschlug. Nur mit dem üblichen Treffen unseres Kreises im Hause des Colonels war er einverstanden, und zwar unter der Bedingung, daß auch seine Arbeitskameraden aus der Baracke eingeladen würden. Es wurde ein vergnügter Abend; zum Schluß sprach der Colonel noch einige passende Worte: daß wir uns gefreut hätten, David bei uns zu haben, und daß wir seinen Weggang bedauerten. Ich war etwas besorgt; eigentlich mußte David doch darauf antworten, aber das würde er natürlich nicht wollen. Für konventionelle Bräuche hatte er nichts übrig.
    Doch wie so oft in seinem Fall hatte ich mich geirrt. Statt nur zu grinsen und ein »Dankeschön« zu murmeln, hielt David eine nette kleine Rede. Sie umfaßte nur etwa sechs Sätze, enthielt aber alles von dem bekannten Anfang bis zu seiner Abreise.
    »Ich weiß, daß ich hier ein paar gute Kumpels gefunden habe, die ich nun verlassen muß.«
    Alle klatschten begeistert Beifall. Er sorgte doch immer wieder für neue Überraschungen — so dachte ich; und richtig folgte gleich eine weitere: Er sagte jedem einzelnen mehr oder minder feierlich Lebewohl, obgleich er erst am nächsten Nachmittag mit dem Postauto abfahren sollte.
    Aber daraus wurde nichts, denn am nächsten Morgen war Davids Zimmer leer und sein Koffer verschwunden. Für den Colonel lag ein

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