Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
sein. Sie hat eine klangvolle Stimme, ein Erbteil von ihrer Mutter. Ihr Vater ist gestorben, er war ein ziemlicher Taugenichts, hatte aber einen typisch englischen Klang in der Stimme. Miranda ist ein sehr apartes Mädchen.«
    »Kann es nicht Ihre Nichte Tony gewesen sein? Sie sagten doch, daß sie bei Miß Adams arbeitet.«
    »Das stimmt; sie ist aber mehr im Supermarkt beschäftigt, nicht soviel im Postamt oder im Laden. Außerdem hätte Ihnen Tonys Stimme nicht solchen Eindruck gemacht. Sie klingt auch angenehm, aber nicht so weich und singend wie die von Miranda. So ein kleiner Schuß Maoriblut kann sehr zur Schönheit einer Stimme beitragen, und der fehlt bei Tony.«
    Während wir von ihr sprachen, erschien meine Nichte. Sie kam zu Pferd, und Peter Anstruther begleitete sie. Er ist der Bruder von Justins Frau und der Freund, dem sich Tonys Wohlwollen schließlich zugewandt hatte — das hoffte ich wenigstens. Sie hatten das junge Fohlen besichtigt, das während Tonys Reise nach Japan zur Welt gekommen war. Eine weitere Zuchtstute hatte Peter vor kurzem gekauft, vielleicht weil Tony sich so für Pferde begeisterte. Sie sah besonders hübsch aus mit ihrem rotgoldenen, ein wenig zerzausten Haar, den glühenden Wangen und den munteren braunen Augen. Sie sprang vom Pferd und kam die Auffahrt heraufgelaufen; dabei redete sie ununterbrochen.
    »Susan, das Fohlen ist einfach wonnig! Es ist ganz schwarz und hat einen wunderschönen Kopf. Die Stute gefällt mir auch; sie wird ein fabelhaftes Pferd zur Welt bringen... Ach, ist das dein Findling David Hepburn? So heißen Sie doch?«
    David hatte sich erhoben; er betrachtete Tony mit Interesse, aber nicht so bewundernd, wie ich erwartet hatte. In dem gleichen heiteren Ton wie sie gab er zur Antwort; »Ja, ich bin David. Aber für Susan ist es peinlich, wenn Sie mich als ihren Findling bezeichnen. Ich habe mich nun hier etabliert. David der Landarbeiter, nicht David der Anhalter.«
    »Und die wunderschönen Haare, die Susan so täuschten, sind abgeschnitten. Schändlich! Aber das macht nichts. Ehe Sie von hier weggehen, sind sie schon längst nachgewachsen! — Das ist Peter Anstruther, dem hier eine gutgehende Farm gehört, und der einen Job für Sie hätte, wenn Sie bei dem Colonel fertig sind. Meinst du nicht auch, Peter? Denk doch, dieser junge Mann ist einer von den interessanten Leuten, die von alledem wegkommen möchten. Solche gibt’s in Massen, und ich hoffe nur, daß nicht allzu viele hierherkommen.«
    Jetzt schien David ärgerlich zu werden, aber Peter rettete die Situation. »Gerade jetzt wäre ich froh um eine Hilfe«, sagte er. »Mein Tierpfleger will nach Schottland reisen; seit zwanzig Jahren träumt er schon davon. Und ich habe hier einige Stuten, die versorgt werden müssen. Aber vielleicht verstehen Sie nicht viel von Pferden, David?«
    Über Davids hübsches Gesicht lief ein leichtes Zucken, doch er antwortete nur: »Mit Zuchtstuten habe ich allerdings wenig Erfahrung, aber ich würde das gern lernen.« Das klang aus seinem Munde ungewöhnlich bescheiden.
    »Sie wollen erst was von der Welt sehen, nicht wahr, David?« mischte sich Tony wieder ins Gespräch. »Sie müssen aber wohl älter sein, als Sie aussehen. Sie haben doch schon einen akademischen Grad erreicht, und der wird wohl kaum an Kinder vergeben, oder doch?«
    Ich mußte lachen. Jetzt bekam David seinerseits eine gewisse Herablassung zu spüren. Das paßte ihm sicher nicht.
    Merkwürdig: Er machte auf Tony nicht mehr Eindruck als sie auf ihn... Beide hatten eben schon so viele junge, nette Leute kennengelernt, daß deren Charme sie eher langweilte.
    Um fünf Uhr kam Larry vorgefahren, und es überraschte mich nicht, daß sie Tom mitbrachte. Paul war auf der Farm unterwegs. Mich interessierte, wie die drei jungen Männer wohl aufeinander reagieren würden. Der beinahe dreißigjährige Peter schien schon fast einer anderen Generation anzugehören, und David rechnete ihn, ohne unhöflich zu sein, sichtlich schon zu den »Alten«. Das war zu erwarten. Ich war gespannt, wie unser hochgebildeter Jüngling sich zu Tom stellen würde. Sein Benehmen Larry gegenüber war höflich, aber kühl. Zu ihrem Schützling verhielt er sich einwandfrei. Ich bemerkte, daß Tom auf seiner Hut war. Da war einer, den man als »Fatzke« bezeichnen konnte, und Tom war schon seiner Herablassung gewärtig. Aber David zerstreute diese Bedenken im Nu. Er schien Toms Schüchternheit nicht zu bemerken und verstrickte ihn

Weitere Kostenlose Bücher