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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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leid. Sie hätte die alte Bekanntschaft so gern erneuert. Ich konnte nur hoffen, daß diese Unstimmigkeit die »Gang« nicht zerstörte. Aber Tony beruhigte mich: »Graham ist so ein prima Kerl. Er stellte die gute Stimmung wieder her und war sehr nett zu Trix. Er ist für unsere Gegend wirklich eine größere Bereicherung als der widerliche David oder der arme Tom.«
    Obwohl es mich ärgerte, daß unsere beiden Anhalter so herabgesetzt wurden, mußte ich doch zugeben, daß Graham bei jeder Komplikation viel Takt und Einsicht zeigte. Nur durch seinen Einsatz war die Begeisterung für das Theaterstück von solcher Dauer; außerdem war er ein ausgezeichneter Schauspieler. Er spielte die Rolle des Ehemannes, und Peter war viel zu verständig, um die Vertraulichkeit übelzunehmen. Ich sprach mit Larry über das alles, und sie meinte: »Komisch, daß sie alle so vernünftig sind.«
    »Vielleicht ist die allzugroße Toleranz, von der wir immer hören, schon wieder abgesetzt«, überlegte ich.
    »Wenn das der Fall ist, habe ich nichts von einem Übergang gemerkt«, meinte Larry. »Wir wollen dem lieben Gott danken, daß unsere neun jungen Leute sich so benehmen wie ihre Großeltern, so vernünftig und ohne sich irgendwelche Freiheiten herauszunehmen.«
    Als ich etwas Ähnliches zu Tony sagte, lachte sie: »Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, finde ich’s auch merkwürdig. Keiner schlüpft mit einer ins Bett; es wird nicht einmal geschmust. Das kommt wahrscheinlich daher, daß Peter und ich ihnen so ein gutes Beispiel geben«, schloß sie höchst selbstgefällig. Da mußte ich nun doch lachen und sagte: »Ja, ja, ein Segen, daß du uns nicht mehr an der Nase herumführst.«
    »Das ist aber eine Beleidigung! Ich habe nie jemanden an der Nase herumgeführt. Vielleicht habe ich gelegentlich eine kleine Dummheit begangen, aber das ist vorüber und vorbei. Und Peter weiß, daß er uns allen vertrauen kann. Er kann nicht an jedem Samstagabend kommen, aber er gönnt’s mir, daß ich mit den jungen Leuten ausgehe.« (Zu dieser Zeit war Tony noch nicht ganz einundzwanzig Jahre.)
    »Und gar erst Miranda«, fuhr sie fort, »die hat für Dummheiten gar nichts übrig. Bei ihr geht’s entweder um Joe oder um Graham. Ich glaube, sie weiß selbst noch nicht, welcher es sein soll. Aber sie kokettiert niemals. Wenn man so aussieht wie sie, hat man das nicht nötig. Die beiden Jungen sind ihr in aller Stille und Treue ergeben.«
    »Und wer wird siegen?«
    »Das weiß der Himmel. Beide haben ihre großen Vorzüge, dabei sind sie doch grundverschieden. Graham ist riesig nett und so lustig; Joe ist eben nur so ein prima Kerl — da fällt die Wahl schwer. Möchtest du dein Leben lieber mit einem gutmütigen, leichtherzigen Gesellen verbringen oder mit einem charakterfesten prima Kerl? Zum Glück ist das Mirandas Problem, nicht meines. Sie spricht nicht darüber, nicht mal zu mir.«
    »Und was ist mit den beiden anderen Mädchen?«
    »Beth ist ein liebes Ding, und David hält sich an sie wegen der Pferde. Im übrigen kann er Mädchen nicht ausstehen, die sich an ihn klammern wollen wie die arme Trix. Beth ist ein prima Kamerad. Ich glaube, sie hat in Wirklichkeit irgendwo einen heimlichen Freund, deshalb ist sie nicht interessiert. Wenn die kleine Trix nur nicht immer von Davids schönem Zuhause reden wollte! Und sie fragt ihn auch noch, ob er es nicht vermißt!«
    Das war also unser Junioren-Klub, eine Gesellschaft von vier Mädchen und einigen Burschen. Mit Joe und Graham konnte man stets rechnen; Peter kam, wenn er die Zeit erübrigen konnte. David kam mit Tom je nach Laune. Das eine Mal erschienen sie überraschend; in der nächsten Woche, wo man fest auf sie gezählt hatte, beschlossen sie, daheim zu bleiben. Es war eine vergnügte kleine Bande, die sich bei uns allen wohl fühlte. Sie nahmen, wie wir selbst in unserer Jugend, alles mit, ließen keine Tanzerei, kein Treffen in Tiri aus; sie fuhren nach Te Rimu ins Kino und zum einen oder anderen Ball. Sie besuchten alle möglichen Liebhaberaufführungen unter dem Vorwand, daß sie ihr eigenes lächerliches Theaterstück sehr ernst nähmen. Das war also trotz Regen und Kälte eine fröhliche Zeit.
    Bis eines Tages das Unheil heraufzog. Ich wollte meinen Geldbeutel eines Morgens holen, den ich auf dem Tisch im Eßzimmer hatte liegenlassen, und stellte fest, daß zwei Zehndollarnoten fehlten. Ich suchte wie wild und redete mir ein, daß ich die Scheine verlegt hätte, im Innersten aber

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