Fremde Schiffe
vor, das Cabo bei der geringsten Gefahr herumzureißen und zu fliehen.
Die Stadt war um einiges größer als diejenige, die er durch das Fernrohr betrachtet hatte. Sie war von einem Erdwall und einer Holzpalisade umgeben und besaß ein massives Stadttor. Ansa ritt hindurch und nannte dem Wächter am Tor seinen Namen. Der Mann erzählte ihm, dass die Hafenstadt Flachhausen hieß.
»Liegen mezpanische Schiffe im Hafen?«, erkundigte sich Ansa. »Nein. Aber wir haben gehört, dass sie sich nördlich von hier herumtreiben«, antwortete der Wächter und kratzte sich unter seinem Brustpanzer aus Bambusstreben. »Bestimmt schicken sie bald jemanden her, der unsere Unterwerfung verlangt.« Bedauernd sah er zu der schäbigen, vernachlässigten Palisade hinüber. »Zweifellos werden wir ihnen keinen Widerstand leisten.«
Ansa ritt in die Stadt, die recht wohlhabend war, denn hier mündete ein Fluss mittlerer Größe und bis auf kleine Dörfer auf der Hochebene im Osten gab es keinen weiteren Zugang zum Meer. Barkassen, Frachtschiffe und Flöße glitten flussabwärts und beförderten Güter zum Hafen, wo der Fluss ins Meer mündete. Eine Kaimauer, die aus uralter Zeit stammen musste, diente als Wellenbrecher und bot dem Hafen ein wenig Schutz vor den großen Stürmen.
Im Mittelpunkt der Stadt erhob sich ein riesiger, verlassener Tempel. Es schien, als hätten die Städter ihn seit Jahrhunderten benutzt, um mit seinen Steinen neue Häuser zu bauen, aber die Grundmauern standen noch. Ansa vermutete, dass Flachhausen auf den Ruinen einer sehr alten Stadt errichtet worden war. Die Bewohner jener Stadt hatten mit Sicherheit auch den Wellenbrecher gebaut.
Die Menschen in den Straßen sahen ihm neugierig nach. Er wusste nicht, ob sich während des großen Feldzugs jemals ein Steppenkrieger hierher verirrt hatte oder ob Gasams Krieger mit den schwarzen Schilden hier gewesen waren. Nirgendwo waren offensichtliche Zeichen von Zerstörung oder Gemetzel zu sehen und so ging er davon aus, dass Gasam diesen Ort übersehen hatte.
Am Ufer entdeckte er etliche Schiffe, die bereit zum Ablegen waren. Er band das Cabo am Kai fest, wo ein großer Frachter vertäut lag, der gerade mit Korn beladen wurde. Ansa ging auf das Schiff zu.
»Wo ist der Kapitän?«, fragte er einen Seemann, der Sklaven befehligte, die schwere Kornsäcke schleppten.
Der schwitzende Mann deutete auf eine rundliche Person, die im Heck des Schiffes stand und mit einem tintenbefleckten Beamten etliche Dokumente durchsah. Ansa ging an Bord und gesellte sich zu den beiden.
»Kapitän, ich möchte nach Neva reisen. Segelst du dorthin?«
Der Mann riss die Augen auf. »Neva! Du wirst kein Schiff finden, das eine so weite Reise unternimmt. Die Seeschlange segelt nach Südwesten bis zum Kap der Flut.«
»Reist denn keines der anderen Schiffe noch weiter?«, wollte Ansa wissen.
»Nein, sie legen viel früher an.« Stolz fügte der Kapitän hinzu: »Die Seeschlange ist das Schiff, das die weiteste Reise hinter sich bringt.«
»Dann nehmt mich mit, wenn ihr nichts dagegen habt, Passagiere zu befördern.«
»Gerne, wenn du bezahlen kannst. Aber dein Cabo kann ich nicht mitnehmen. Hier gibt es keine Schiffe, die ein solches Tier befördern können.«
Traurig sah Ansa zu seinem anmutigen Cabo hinüber.
»Ich werde es verkaufen. Wann geht die Reise los?«
»Wir sind beinahe fertig. Im Morgengrauen stechen wir in See.«
Sie verhandelten noch eine Weile über den Fahrpreis. Ansa feilschte nur der Form halber und weil es dem Kapitän augenscheinlich Spaß machte. Er hatte auf dem Feldzug reiche Beute gemacht und lebte seit beinahe einem Jahr von den Früchten des Landes. Er ließ sein Bündel an Bord des Schiffes und nahm nur die Waffen mit. Dann führte er sein Cabo in die Stadt und machte sich auf die Suche nach einem Viehmarkt.
Es war noch dunkel, als sie am nächsten Morgen ablegten. Das Narbengesicht des Mondes hing tief über den Hügelketten im Westen, als die Seeschlange den Hafen verließ. Ansa war noch nie über das Meer gesegelt und er betrachtete neugierig seine Umgebung. Die Seeleute ergriffen lange Stangen, aber sie wurden nur benutzt, um nicht mit anderen vor Anker liegenden Booten in Berührung zu kommen oder gegen den Wellenbrecher zu stoßen. Die Flut trug sie davon.
Als sie die Kaimauer weit hinter sich gelassen hatten, brüllte der Kapitän, der auf den Namen Tallis hörte, die verschiedensten Befehle und singend hängten sich die Matrosen an die Taue. Das
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