Fremde Schiffe
Verneigungen zurück.
Aufgeregt und irritiert zugleich schritt Ilas zum Schiff zurück. Einen großen Teil seines Auftrags hatte er bereits mit Leichtigkeit erledigt, wenngleich die Gefahr nicht unbeträchtlich war. Aber diese Frau hatte ihn zutiefst verwirrt. Wenn er neben ihr stand, kam es ihm so vor, als stünde er neben einer riesigen Flamme, deren Hitze Gefahr barg, die aber durch ihre Schönheit betörte. Einige ihrer Bemerkungen ließen ihm vor Angst das Blut in den Adern gefrieren, aber ihre Wärme war etwas, wofür mancher Mann töten und sterben würde.
Er hatte immer über die Behauptung gelacht, hochgeborene Menschen seien von göttlichem Geist berührt. Er war selbst von vornehmer Herkunft und wusste, dass auch Monarchen so dumm, verräterisch und böse wie jeder gewöhnliche Mensch sein konnten. Er wusste, dass Königin Shazad eine kluge Frau war – aber dennoch nur eine Frau.
Larissa war ganz anders. Konnte es stimmen, dass diese Insulaner – Gasam, Larissa und Hael – keine gewöhnlichen Menschen waren? Sie hatte ihn so erschüttert wie niemand je zuvor. Und er wollte sie unbedingt wieder sehen.
Bei seinem Anblick grinste Tagas zufrieden. »Ich wusste, dass dir nichts passiert, Kapitän. Diese Burschen hier fürchteten, man würde dich hinrichten, als die Königin und ihre Krieger dich mitnahmen.« Die Matrosen nickten mit besorgten Mienen.
»Sie wollte sich mit mir unterhalten«, antwortete Ilas. »Wir bleiben eine Weile hier. Ihr steht unter dem Schutz der Königin und dürft an Land gehen. Benehmt euch aber anständig! Tagas, suche ein Haus aus, das groß genug ist, um unsere Sachen zu verstauen und um als Unterkunft zu dienen.«
»Kapitän!«, rief einer der Männer. »Wir haben unsere Waren bereits verkauft! Warum reisen wir dann nicht weiter?«
»Die Königin und ich haben noch einiges zu besprechen. Es wird für uns von großem Vorteil sein und wir werden nicht mehr lange bleiben.«
»Gut zu wissen«, murmelte ein anderer Seemann. »Lieber würde ich in einem Teich voller Meerechsen schwimmen, als lange inmitten dieser blutrünstigen Barbaren zu leben.«
»Aye, aye!«, stimmten etliche Matrosen zu. Wie bezeichnend, dachte Ilas. Sie waren immer bereit, hilflose Menschen zu ermorden, fürchteten sich aber vor richtigen Kriegern. Er verspürte ein wenig Eifersucht. Wie mochte es sein, dachte er, wie Gasam und Larissa von diesen unvergleichlichen Shasinn als Gott verehrt zu werden?
Die Nacht verbrachte Ilas an Bord. Morgens schlenderte er zu dem Lagerhaus hinüber, das seine Männer für ihre Zwecke ausgewählt hatten. Sie lagen noch schlafend und teilweise betrunken auf dem Boden. Einige hatten es sich auf zusammengefalteten Segeln bequem gemacht, andere lagen auf den Fußbodenbrettern. Um ihr Schnarchen und ihren Gestank nicht ertragen zu müssen, hatte Ilas an Bord geschlafen.
Am vergangenen Abend hatte er versucht, etwas über die fremden Schiffe und die geheimnisvolle Abwesenheit der Kriegskanus zu erfahren. Seine Bemühungen waren erfolglos geblieben. Die Krieger sprachen nicht mit Fremden und die Sklaven hatten Angst, etwas zu sagen. Sie versuchten nicht, etwas zu verbergen, sondern waren zurückhaltend, um zu überleben.
Im Halbdunkel der Hütte vernahm Ilas ein Stöhnen. Es klang nicht wie das Stöhnen nach einer durchzechten Nacht, sondern ein wenig beunruhigend. Er schritt zwischen den Schlafenden umher, um der Sache auf den Grund zu gehen. Der stöhnende Mann lag zu einer Kugel zusammengerollt, die Arme um den Leib geschlungen. Ilas packte ihn an der Schulter und drehte ihn auf den Rücken. Mit einem Keuchen sprang Ilas zurück und wischte sich die Hand an der Hose ab.
Das Gesicht des Matrosen war geschwollen und von dunkelroten Flecken übersät. Sein Atem stank faulig. In einer Ecke der Hütte stöhnte ein zweiter Matrose auf. Namenloses Entsetzen überfiel den Kapitän.
KAPITEL FÜNF
D ie Zerschmetterer segelte um die Felsklippen herum, auf denen der große Leuchtturm von Perwin stand, und erreichte den Hafen von Kasin. Überall lagen Schiffe vertäut, Frachter und Barkassen jeder Art, die für die Schiffahrtszeit überholt wurden. Es roch nach frischer Farbe und Tauen. In dem Bereich, der für die Kriegsmarine abgeteilt worden war, drillten Offiziere ihre Untergebenen ohne Unterlass, um sie nach langen faulen Monaten an Land wieder in Form zu bringen. Die auf Hochglanz polierten Ruder der Galeeren glänzten im Sonnenlicht und hoben und senkten sich mit
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