Fremde Schiffe
Betriebsamkeit. Die Frau wurde fortgebracht und sofort herrschte wieder Ruhe. Es schien, als hätte es sie nie gegeben. Ansa nahm auf dem leeren Stuhl Platz, während sich ein Kammerherr zur Königin herabbeugte.
»Lady Penduma hat heute Morgen mit dir gefrühstückt, Majestät«, murmelte er. »Könnte es sein, dass eine Speise wieder vergiftet war?«
Shazad dachte eine Weile nach und schüttelte den Kopf. »Wir aßen aus denselben Schüsseln und tranken vom selben Krug. Es ist bloß eine Krankheit, sonst nichts.« Lächelnd wandte sie sich an Ansa. »Wir haben dich nicht erwartet, Prinz Ansa. Ich hoffe, du bringst uns gute Neuigkeiten über deinen Vater.«
»Ich vermute, deine Kenntnisse sind auf einem neueren Stand als meine, Hoheit. Ich segelte aus dem Südosten hierher.«
»Wie um alles in der Welt hat es dich auf die Rauchinseln verschlagen?«, erkundigte sie sich. Die Königin war so schön, wie er sie in Erinnerung hatte, aber er sah sie jetzt zum ersten Mal im hellen Tageslicht. Die Spuren vergangener Jahre und die Bürde des Amtes waren nicht zu übersehen. Sie standen ihr jedoch besser zu Gesicht als manch anderer Frau mit weniger Ausstrahlung.
»Ich musste unbedingt mit dir reden«, sagte Ansa. »Ich ging davon aus, dass die Reise auf dem Seeweg schneller und sicherer zu bewerkstelligen wäre als zu Lande. Schneller ging es bestimmt, aber ob es sicherer war – das weiß ich nicht. Ich kam aus …«
Sie tätschelte sein Knie. »Wir reden später darüber. Du hast eine weite Reise hinter dir und sollst dich ausruhen und erfrischen. Schau dir die Flotte an. Dann nehmen wir im Palast ein privates Mittagessen zu uns.
Im Anschluss haben wir genug Zeit für lange Unterhaltungen.«
»Wie du wünschst, meine Königin.« Er wusste, warum sie ihn vertröstete. Sie wollte keine ernsten Themen anschneiden, solange sie viele Zuhörer hatten. Die Erwähnung einer Vergiftung hatte ihn entsetzt. Nicht einmal die mächtige Königin Shazad war inmitten ihres Hofstaats in Sicherheit.
Diener bewirteten ihn mit gekühltem Wein und kleinen Köstlichkeiten und die Hofdamen bemühten sich sehr um den fremden Prinzen. Ansa war sich durchaus bewusst, dass sie ihm ohne den freundlichen Empfang ihrer Herrin nicht einen einzigen Blick geschenkt hätten.
Schiff auf Schiff glitt an dem Baldachin vorüber und die Adligen applaudierten begeistert. Flaggen wurden gehisst und die Marinesoldaten präsentierten die funkelnden Waffen. Der Anblick erfreute Ansa. Hier gab es genügend militärische Macht, um Mezpa in seine Schranken zu verweisen. Nach den Katastrophen der Vergangenheit war Neva das einzig wahre Königreich des Westens. Gerne hätte er Shazad nach ihren Plänen gefragt und dem Grund, weshalb die gesamte Flotte aufgeboten wurde, aber er hütete sich, seine Gedanken auszusprechen.
Am Nachmittag kehrten sie zum Palast zurück. Während des Mittagessens plauderten sie angeregt, beließen es aber bei belanglosen Themen.
»Ich muss mich jetzt um meine Flottenkommandeure kümmern«, sagte Shazad. »Ich hoffe, du bist mit deinen Gemächern zufrieden. Wenn du möchtest, kannst du die Stallungen aufsuchen und dir ein paar Cabos auswählen. Ich weiß, wie wohl du dich zu Fuß fühlst.«
»Das ist sehr freundlich von dir«, sagte er aufrichtig erfreut.
»Heute Abend reden wir über ernsthafte Dinge. Es gibt viel Wichtiges zu besprechen.«
»Ich habe dir auch sehr wichtige Dinge mitzuteilen.«
»Dann bis heute Abend.«
Die ihm zugeteilten Gemächer waren unbeschreiblich prunkvoll. Während seines einzigen Besuchs in Neva hatte er mit den anderen Steppenkriegern im Lager geschlafen und nur ein paar Empfangsräume im Palast betreten. Jetzt führte man ihn in ein Schlafzimmer, das größer als das Besprechungszelt seines Vaters war. Daran schlossen sich ein Empfangssalon an sowie ein Raum, in dem sich ein luxuriöses Bad befand. Genüsslich ließ er sich in das duftende Wasser gleiten und suchte anschließend die Ställe auf.
Die vorgewarnten Knechte hatten ein Dutzend prächtige Cabos geputzt und präsentierten sie ihm. Ansa wählte fünf Tiere aus und ritt sie. Für drei der Cabos entschied er sich schließlich. Sie waren hervorragend zugeritten und weniger temperamentvoll als die in der Steppe gezüchteten Tiere. Er vermutete, dass sie es an Ausdauer nicht mit den Steppencabos aufnehmen konnten und war unsicher, ob er sich einem von ihnen bei einer Schlacht anvertrauen würde, aber der Genuss, nach einer langen Seereise
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