Fremde Schiffe
Veranda des Hauses saß. Er hatte sie nie gesehen, aber viel von ihr gehört. Als er die Veranda erreichte, warf er sich auf die Knie.
»Du bist ziemlich verwegen«, meinte sie. »Einfach mit einem einzelnen Kriegsschiff nevanischer Bauart hier aufzukreuzen. Gibt es einen Grund, warum ich dich am Leben lassen sollte?«
Selbst von ihr klang das äußerst Unheil verkündend. »In Zeiten wie diesen ist es sicherer, mit einem Kriegsschiff und nicht mit einem Frachter zu reisen, Majestät. Es soll zeigen, dass man nicht so einfach zu besiegen ist. Was die Herkunft angeht: Auch die Offiziere in einer nevanischen Werft haben nichts gegen einen Nebenverdienst einzuwenden. Ich hatte die Möglichkeit, ein gutes Schiff zu erwerben und nutzte sie.«
»Das Schiff sieht wirklich gut aus«, sagte Larissa, die ein hauchdünnes Gewand trug und aus einem goldenen Becher trank. Ilas fand, dass sie eher wie eine teure Hure und nicht wie eine Königin aussah. »Es scheint mir aber wenig Laderaum zu haben.«
»Ich habe schon immer eine kostbare Fracht vorgezogen, die nicht viel Platz beansprucht«, antwortete Ilas, dessen Knie schmerzten. Er versuchte aber nicht, sich zu erheben, da drei Speere auf ihn gerichtet waren.
»Ein Schiff wie deines ist wie geschaffen dafür, eine Ladung an Bord zu nehmen, ohne andere Waren zum Tausch anbieten zu müssen, nicht wahr?«
»Wenn Majestät seltsame Gerüchte über mich hörte …«
»Ich habe keine Ahnung, wer du bist!«, fauchte sie. »Es ist mir auch gleichgültig. Aber du musst dich nicht zieren. Ich habe nie verstanden, warum man für etwas bezahlen soll, das man sich auch so nehmen kann. Du bist ein Pirat, stimmt’s? Was hast du anzubieten?«
»Ich habe eine Ladung erstklassiger Sklaven an Bord, Majestät.«
Sie fächelte sich Luft zu und vertrieb die winzigen Insekten, die in der Trockenzeit ihr Unwesen an den Küsten trieben. »Was sollen wir mit Sklaven anfangen?«
»Jeder braucht Sklaven, Majestät, besonders ein aus Kriegern bestehendes Volk. Es gibt viele Arbeiten, die eines Kriegers unwürdig sind. Junge Männer geraten dauernd in Schwierigkeiten, wenn sie den Töchtern der Ältesten nachstellen. Wenn ihnen hübsche Sklavinnen zur Verfügung stehen, gibt es weniger Ärger.«
Sie lächelte. »Wie schön, dass du mich meiner häuslichen Sorgen entheben willst. Steh endlich auf. Du darfst am Leben bleiben, um mich ein wenig zu amüsieren. Zeige mir deine Ware.«
Er stand auf und entspannte sich ein wenig. »Soll ich sie herbringen lassen?«
»Nein. Ich brauche Bewegung und will mir dein Schiff ansehen. Folge mir.« Sie schritt die Verandastufen hinab und er schloss sich ihr an, von ihren geschmeidigen Schritten beeindruckt. Sie war so schön, wie man erzählte, aber Ilas hatte sich schon vor langer Zeit abgewöhnt, dem Zauber schöner Menschen zu erliegen und stattdessen nur an seinen eigenen Vorteil zu denken. Sie schlenderten den Abhang hinunter, gefolgt von der Leibgarde der Königin.
Auf dem Schiff ließ er die Gefangenen in einer Reihe aufstellen. Larissa beachtete die Kinder nicht und schenkte nur den schönsten Frauen ein wenig Aufmerksamkeit. Sie war mit ihren Gedanken woanders. Auch Ilas dachte immer wieder an die fremden Schiffe, an deren Decks nur wenig Geschäftigkeit herrschte. Ein paar Männer gingen lustlos den Arbeiten nach, die zum Alltag der im Hafen liegenden Schiffe gehörte.
»Sie sehen ganz nett aus«, sagte Larissa nach einer Weile. »Ich kaufe sie, wenn dein Preis nicht zu unverschämt ist. Vielleicht können wir eine regelmäßige Handelsbeziehung aufbauen.«
Ilas unterdrückte ein Lächeln. Er hatte richtig vermutet. Seit vielen Jahren hatten sich die unbeschreiblich zahlreichen Krieger der Inseln von Festlandsklaven bedienen lassen. Jetzt brauchte die Königin neue Diener. Und was war mit dem König?
»Ich habe nur ein einziges Schiff. Du aber bist die mächtige Königin der Inseln. Wenn du mir bemannte Schiffe zur Verfügung stellst, segele ich an Orte, an denen ich ausgezeichnete Sklaven erbeuten kann.«
»Davon reden wir später.« Sie sah, dass er zu den fremden Schiffen hinüberstarrte. »Interessant, nicht wahr? Hast du solche Schiffe schon einmal gesehen?«
»Nur eines.«
Erstaunt fuhr sie herum. »Wo?«
»Im großen Hafen von Kasin, Majestät. Kurz vor unserer Abreise schleppte die Küstenwache ein solches Boot herein. Es war stark beschädigt.«
»Shazad hat eines davon?« Ihr Gesicht lief dunkelrot an und ihre Stimme klang heiser.
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