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Fremde Schiffe

Fremde Schiffe

Titel: Fremde Schiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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grassiert, hat sie uns sicher schon befallen.«
    »Es besteht noch eine geringe Möglichkeit«, beharrte er. »Dein Vater …«
    »Mein Vater war ein harter Mann, aber kein Narr! Da auch ich keine Närrin bin, setzen wir uns jetzt hin und reden wie vernünftige Leute!«
    Sie kehrten in Shazads Salon zurück und sie verlangte nach Wein. Dann befahl sie dem Kammerherrn, über sämtliche Krankheiten im Palast Bericht zu erstatten. Verblüfft entfernte er sich, um Erkundigungen einzuholen.
    »Jetzt erzähle mir, wie das geschehen konnte.«
    »Der Ursprung einer Seuche ist immer mysteriös, Majestät«, antwortete der Arzt. »Ich glaube aber nicht, dass die Ankunft der Fremden und der Ausbruch der Krankheit ein Zufall sind.«
    Sie warf ihm einen bösen Blick zu. »Man hat mir versichert, dass keine Seuche an Bord herrscht.«
    »Das stimmt auch. Die Fremden erfreuen sich bester Gesundheit und haben sich gut erholt.«
    »Wie kann das sein?«
    »Majestät«, begann er mit der Miene eines Mannes, der jede Hoffnung aufgegeben hat, »wir wissen nur wenig über Seuchen. Ich gehöre zu den Ärzten, die der Meinung sind, dass weder Geister noch Dämonen der Ursprung für Krankheiten sind, auch wenn sie unter Umständen das Gemüt befallen. Manche glauben, die winzigen Tierchen, die wir unter dem Mikroskop sehen, wären die Übeltäter.«
    »Davon habe ich gelesen. Stimmt das?«
    »Seit langem ist bekannt, dass Menschen eine Krankheit übertragen können, ohne selbst daran zu leiden. Wenn Leute aus einem fernen Land kommen, mit dem niemand von uns je in Berührung kam …« Er spreizte die Finger in hilfloser Geste. »Wer weiß? Es gibt eine Krankheit, die nur einen einzigen Stamm in Chiwa befällt. Zu Lebzeiten deines Urgroßvaters gab es in Neva eine Seuche, die nur Menschen mit roten Haaren und braunen Augen heimsuchte. Eine Krankheit, die Kindern eines Volkes nicht weiter schadet, tötet Erwachsene eines anderen Volkes. Vielleicht tragen die Fremden die Erreger der Seuche in sich und wissen es gar nicht. Hätten wir sie doch nur sofort umgebracht und ihre Schiffe auf hoher See verbrannt.«
    »Dazu ist es jetzt zu spät«, meinte Shazad und nippte an ihrem Wein. »Es hätte zu keinem schlimmeren Zeitpunkt geschehen können! Meine ganze Flotte liegt im Hafen und die Armee lagert vor den Mauern der Stadt.«
    »Du hast Recht, es könnte gar nicht schlimmer sein«, stimmte er bedrückt zu.
    »Wir müssen sofort etwas unternehmen.« Shazad klatschte in die Hände und ließ das gesamte Kurierkorps antreten. »Vielleicht ist es schon zu spät, aber wir müssen irgendetwas tun! Quarantäne ausrufen, die einzelnen Lager in größerem Abstand voneinander errichten und Segelschiffe am Auslaufen hindern … Medikus, du stellst eine Liste der unbedingt erforderlichen Maßnahmen auf!«
    »Jawohl, Majestät. Aber bitte bedenke: Sobald sich die Nachricht über die Seuche verbreitet, werden die Gesunden aus der Stadt fliehen und die Krankheit im ganzen Land verbreiten!«
    Stöhnend sank sie in sich zusammen. »Jetzt hoffe ich von ganzem Herzen, dass es die übrigen Schiffe an die Sturminseln verschlagen hat!«
     
    Seltsame Laute und Gerüche weckten Ansa und eine düstere Vorahnung überkam ihn. Er verließ das ungewohnt weiche Bett und trat auf den Balkon seines Salons. Von hier aus hatte er einen schönen Blick über die Stadt. Wohin er auch sah, überall erhoben sich Rauchwolken gen Himmel. Einige stammten von den Morgenopfern in den Tempeln, aber nicht nur der Geruch von Weihrauch lag in der Luft. Die verschiedensten Kräuter und ein paar unangenehm riechende Dinge wurden verbrannt.
    Er vernahm Glockengeläut und das Dröhnen eines Gongs, Hörnerklang und Trommeln, aber es klang nicht besonders fröhlich. Die gestern noch freudig erregte, betriebsame Stadt hatte sich in ein Tollhaus verwandelt.
    Ein Diener trat ein und verneigte sich. »Prinz Ansa, die Königin bittet dich, den Palast heute nicht zu verlassen und mit niemandem außer der Dienerschaft zu sprechen, aber auch das nur aus sicherer Entfernung. Man wird dir alles bringen, was du dir wünschst.«
    »Was?«, fragte er empört. »Bin ich ein Gefangener?«
    »Nein, selbstverständlich nicht. Aber die ganze Stadt steht unter Quarantäne. Es wütet eine Seuche.«
    »O nein!«, stieß Ansa hervor und dachte an die Frau, die ihm heute Morgen ihren Platz überlassen hatte. »Diese Dame … Penduma?«
    »Sie ist tot, Herr. Sie war die erste Bewohnerin des Palasts, die der Krankheit erlag.

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